Numerus Clausus vertreibt Lehramtsstudierende in vielen Unterrichtsfächern
In der Lehrkräfteausbildung in Sachsen-Anhalt besteht weiterhin ein riesiges Defizit zwischen den Immatrikulationen und dem längerfristigen Einstellungsbedarf, der von einer Expertengruppe ermittelt wurde. Vor allem im Lehramt an Sekundarschulen wird in den meisten Fächern nur etwa ein Drittel des künftig benötigten Nachwuchses ausgebildet. Auch im Lehramt an Gymnasien werden in den meisten Fächern nur zwei Drittel bis drei Viertel des notwendigen Ausbildungsniveaus erreicht. Trotzdem wird der Zugang zum Lehramtsstudium an der MLU in Halle weiterhin in sehr vielen Fächern durch einen Numerus Clausus (NC) reglementiert. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE hervor. Dazu erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher, Thomas Lippmann:
„Angesichts der dramatisch Situation für den Lehrkräftenachwuchs vor allem im Lehramt an Sekundarschulen ist es völlig unverständlich und inakzeptabel, dass es an der MLU in Halle immer noch Zulassungsbeschränkungen (NC) für dieses Lehramt gibt. Solche künstlichen Hürden schrecken potenzielle Studierende ab, die das Land dringend braucht. Man muss nicht darüber lamentieren, dass Studienplätze nicht besetzt werden, wenn man gleichzeitig die Tür geschlossen hält.
Das betrifft auch das Lehramt an Gymnasien, wo sich ebenfalls zum kommenden Wintersemester bei den Zulassungsbeschränkungen sehr viel ändern muss. Es kann nicht mehr hingenommen werden, dass in Kernfächern und Naturwissenschaften Bewerber*innen abgewiesen werden, während in anderen Fächern unbegrenzt Zulassungen möglich sind und völlig am Bedarf vorbei ausgebildet wird.
Wenn Bildungs- und Wissenschaftsministerium diese Misere weiter achselzuckend hinnehmen und nicht endlich entschlossen andere Wege gehen, dann werden allein an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen bis 2030 mehr als 1.000 der ausscheidenden Lehrkräfte nicht ersetzt werden können und immer mehr Fächer ganz ausfallen. Das ist der Ausverkauf für diese Schulen, die von der Hälfte der Schülerschaft besucht werden.
Mit einer besseren Ausrichtung der Kapazitäten im Lehramtsstudium allein wird dem teilweise gravierenden Mangel an Bewerber*innen nicht zu begegnen sein. Hier sind die Umstellung der Ausbildung auf nur noch ein gemeinsames Lehramt für Gymnasien und die weiteren Schulen der Sekundarstufe I, die Ausweitung des Studienangebotes an der Otto-von-Guericke-Universität sowie eine massive Werbekampagne an den Gymnasien des Landes vor allem für die Mangelfächer erforderlich.
Das sind jetzt die wichtigsten Aufgaben für des Bildungsministeriums, das Wissenschaftsministerium und die beiden Universitäten. Dies darf nicht mehr länger an ideologischen Scheuklappen von CDU und SPD und auch nicht am Gerangel zwischen der Landesregierung und den Universitäten um die Finanzierung zusätzlicher Studienplätze scheitern. Wenn die Lehrkräfteversorgung in den kommenden Jahren nicht völlig zusammenbrechen soll, dann muss jetzt schnell und entschieden gehandelt werden!“
Magdeburg, 07.01.2022