Neonazistische, extrem rechte und verfassungsfeindliche Inhalte in der Polizei sind strukturelle Probleme
In der heutigen Debatte im Landtag über die Fehlerkultur in der Polizei Sachsen-Anhalts betont Henriette Quade, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE:
„Erneut müssen wir uns mit extrem rechten, neonazistischen, frauenfeindlichen und gewaltverherrlichenden Nachrichten in Chats von Polizeikräften – genauer Anwärter:innen – auseinandersetzen. Erneut wurden diese Chats nicht bekannt, weil Polizeikräfte ihre Vorgesetzten informiert haben. Sie haben mitgemacht oder geschwiegen. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir es mit einem strukturellen Problem zu tun haben und nicht mit Einzelfällen. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass Korpsgeist auch hier stärker war als die Verpflichtung der Beteiligten auf die Verfassung. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir uns als Landtag damit auseinandersetzen müssen, was in der Polizei los ist.
Wir können als Parlament nicht dabei stehen bleiben, immer wieder erneut entsetzt zu sein und der Ministerin dafür zu danken, dass sie die unausweichlichen Schritte unternommen hat. Das Parlament hat nicht die Aufgabe der freundlichen Kommentierung des Handelns der Landesregierung, sondern es hat eine eigene Zuständigkeit und Verantwortung.
Extrem rechte, neonazistische, frauenfeindliche und gewaltverherrlichende Einstellungen zeigen sich nicht nur in einem Chat. Wer solche Inhalte teilt, der handelt auch möglicherweise so. Deswegen müssen wir auch das dienstliche Verhalten der betreffenden Anwärter:innen in den Blick nehmen, genauso wie die Frage, warum Vorgesetzte hier versagt haben. Wir müssen die Frage in den Blick nehmen, was den Staatsdienst attraktiv macht für Personen mit extrem rechten, demokratiefeindlichen, antisemitischen, rassistischen und frauenfeindlichen Einstellungen und wie wir den Zugang dieser Personen zum Staatsdienst und insbesondere zur Polizei verhindern können. Wir müssen die Kontrolle der Polizei effektiver gestalten. Dazu braucht es einen unabhängigen Beauftragten samt Beschwerdestelle. Die aktuellen Fälle zeigen, dass wir Hinweisgeber:innen schützen müssen. Bizarr muten die Ausführungen von Herrn Schulenburg an. Absichtsvoll den Schutz von Hinweisgeber:innen auf infantile Art dadurch lächerlich zu machen, dass man diese Whistleblower als „Flötenbläser“ übersetzt, zeigt nicht nur einen Mangel an Englischkenntnissen, sondern vor allem einen Mangel an Ernsthaftigkeit in der parlamentarischen Debatte.
Zur Verantwortung dieses Parlaments zählt auch, die Kontrolle der Regierung und Verwaltung seriös zu betreiben, diese Aufgabe weist die Verfassung dem Parlament zu, dafür sind wir als Abgeordnete gewählt. Meine Fraktion steht dem Vorschlag, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu prüfen, offen gegenüber. Neonazistische, extrem rechte und verfassungsfeindliche Inhalte in der Polizei sind eine Kampfansage an den demokratisch verfassten Rechtsstaat. Als Parlament müssen wir hier Verantwortung übernehmen statt sie nur der Landesregierung zuzuweisen. Die Menschen in Sachsen-Anhalt müssen sich darauf verlassen können, dass sie bei der Polizei nicht auf Rechtsextreme treffen.“
Magdeburg, 23. Februar 2023