Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Monika Hohmann zu TOP 17: Betreuungsgeld verhindern - § 16 Abs. 4 SGB VIII streichen

Das Thema, dem sich unser Antrag widmet, wird derzeit zumindest auf Bundesebene heftig diskutiert. Es geht um die ab 2013 geplante Einführung eines Betreuungsgeldes für Eltern, die ihre Kinder nicht in einer Kita betreuen lassen wollen. So jedenfalls steht es im § 16 Abs. 4 SGB VIII.

Und, was konnte man bisher da alles in der Presse lesen:

  • „Die CDU-Frauen sind empört über den Vorstoß der CSU-Schwestern“ titelt Spiegel-Online am 14. November
  • „Riesenkrach in Merkels Führungszirkel“ Spiegel-Online ebenfalls vom 14. November
  • „Am Betreuungsgeld scheiden sich die Geister“ stellt die Volksstimme am 09. November fest


Diese Liste ließe sich fortsetzen. Für besonders viel Aufregung in den Reihen der CDU sorgten die Äußerungen von Bayerns Sozialministerin Frau Haderthauer. Sie will das Betreuungsgeld auch an vollzeitbeschäftigte Eltern auszahlen und entblößt das Betreuungsgeld damit ganz klar als ein Anti-Kita-Programm. Auch die Bundesfamilienministerin Frau Schröder denkt laut darüber nach, Eltern, die ihre Kinder bis zu fünf Stunden in die Kita bringen, das Betreuungsgeld zahlen zu wollen. Das wiederum verärgert die CSU.

Was wir also auf Bundesebene erleben ist ein riesen Hin und Her. Oder, um mit der Welt vom 23. November zu sprechen: „Jeder gegen jeden beim Betreuungsgeld.“
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Es existiert eine ganze Reihe von Studien, die die Folgewirkungen von Betreuungsgeldsystemen untersucht haben. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hat 2009 im Auftrag des Bundesfinanzministeriums hochgerechnet, dass die Einführung eines Betreuungsgeldes in Deutschland dazu führen würde, dass sich jede zweite teilzeitbeschäftigte Mutter vom Arbeitsmarkt gänzlich zurückziehen würde. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, verschärft die Einkommens- und später die Altersarmut von Frauen.

Ein Blick nach Skandinavien zeigt, dass die dort existierenden Betreuungsgeldsysteme eine traditionelle Rollenverteilung fördern und Hemmnisse für die Gleichberechtigung der Geschlechter sind (Quelle Hans-Böckler-Stiftung 2007). Der 2009 erschienene Thüringer Kindersozialbericht verdeutlicht, dass es mit der Einführung des Thüringer Landeserziehungsgeldes 2006 zu einem zum Teil erheblichen Rückgang der Betreuungsquoten in den Kindertageseinrichtungen kam. Das Thüringer Landeserziehungsgeld setze falsche finanzielle Anreize, die insgesamt dazu führten, die Bildungsbeteiligung der betroffenen Kinder zu verringern anstatt zu erhöhen. Außerdem, so der Bericht, herrscht eine signifikante Korrelation zwischen Familien in Armutslebenslagen und der Inanspruchnahme des Erziehungsgeldes.

Das heißt übersetzt nichts anderes, als dass diejenigen Kinder, die frühkindliche Bildung und Betreuung am dringlichsten bräuchten, davon eben ausgeschlossen werden. Und zwar, weil sich ihre Eltern – rein monetär betrachtet – völlig rational verhalten. Hier, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, bleibt mir nur der Verweis auf ein Zitat: „Das Betreuungsgeld sei „finanzpolitisch, familienpolitisch, integrationspolitisch, frauenpolitisch und wirtschaftspolitisch Unsinn“ - so Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender ihrer Bundestagsfraktion, in der FAZ vom 10. November.

Dazu kann ich nur sagen: Recht hat er! Und da Unsinn möglichst vermieden werden sollte, stellen wir heute diesen Antrag. Mit diesem Antrag stehen wir ja nicht allein. Einige Fraktionen im Deutschen Bundestag sind mit mehreren Initiativen gegen das geplante Betreuungsgeld aktiv geworden. Bündnis 90 / DIE GRÜNEN bereits im Oktober 2007, die SPD-Bundestagsfraktion mehrfach – zuletzt im Juni diesen Jahres und natürlich die Linksfraktion im Bundestag, zuletzt im September diesen Jahres. Allen diesen Anträgen ist die Forderung gemein, dass auf ein Betreuungsgeld verzichtet werden soll und die freiwerdenden Mittel stattdessen besser in den Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur zu investieren sind.

Auch hier im Landtag hat uns das Thema bereits beschäftigt. Im Februar 2010 hatte die Fraktion der FDP einen fast gleichlautenden Antrag eingebracht. Mit ihrer Erlaubnis Frau Reinecke, möchte ich Sie aus der Plenardebatte vom 19. Februar 2010 zitieren. Sie sagten: „Sie alle hier im Raum kennen das ungeliebte Wort der Herdprämie. Daran ist in der Tat etwas Wahres. […] Vielmehr meinen wir, dass ein solches Betreuungsgeld falsche Anreize setzen würde.“ Zitat Ende.
In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unseren Antrag.