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Mehrkindregelung im Kinderfördergesetz verstetigen – Übergang zur beitragsfreien Kita vorbereiten

Nicole Anger, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, betont in der Landtagsdebatte um die beitragsfreie Kita:

„Die Finanzen werden knapp, die angemeldeten Zahlen der Ressorts steigen und den Kolleg:innen von der CDU fällt als allererstes ein: Wir müssen bei den Jüngsten im Land sparen. Denn die sind Ihnen ja augenscheinlich viel zu teuer. Oder anders gesagt: Die CDU sieht sie als einen Kostenfaktor. Kinder sind die Zukunft, ist Ihrerseits schnell gesagt. Meinen tun sie etwas anderes!

Ich beschreibe Ihnen mal kurz die Realität, die Sie augenscheinlich nicht wahrhaben wollen, oder auch verdrängen: Die Armutsquote bei Kindern und ihren Familien in unserem Bundesland ist dramatisch. Hier in Sachsen-Anhalt wächst jedes vierte Kind in Armut auf. Wer in Armut aufwächst, hat weniger Geld für Bildung, Freizeit und Erholung. Das wirkt sich unmittelbar auf die kindliche Entwicklung auf. Es sorgt dafür, dass Kinder gesellschaftlich abgehängt werden. Dass ihnen schlichtweg Teilhabe nicht ermöglicht wird.

Kinder, die in Armut aufwachsen, gehen so nicht zu anderen Kindergeburtstagen, sie laden auch selten jemanden zu sich ein. Kinder, die in Armut aufwachsen, fahren nicht in den Urlaub. In Sachsen-Anhalt sind das 82.000 Kinder! Jedes vierte Kind! Und dem Fraktionsvorsitzenden der CDU fällt da nur ein, die Kinder in der Kita nach erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Eltern zu unterscheiden. Die Zwei-Klassen-Kita wieder einzuführen. Sie treten Kinderrechte mit Füßen, sie sprechen Kindern schon in jungen Jahren das Recht auf Bildung und Teilhabe ab! Das ist absolut unsozial und schadet der Zukunft dieses Landes.

Statt in die Jüngsten der Gesellschaft zu investieren, damit alle Kinder gute Startbedingungen haben und frühkindliche Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt, wollen Sie nun die Familien deutlich mehr belasten. Und das, indem Sie die Geschwisterermäßigung umdrehen. Die Eltern sollen dann mal eben für den teuersten Betreuungsplatz zahlen, statt für den günstigeren im Hort. Hieße so bspw. dann in Wallhausen im Landkreis Mansfeld-Südharz für die Eltern, dass sie den dann deutlichen teureren Krippenplatz für das jüngere Kind statt des Hortplatzes für das große Geschwisterkind zahlen. Das sind dann mal eben 200 Euro mehr im Monat, 2.400 Euro mehr im Jahr!

Wer Kürzungen bei Kindern, bei ihren Familien vorschlägt, vertieft die Krise und treibt die gesellschaftliche Spaltung voran. Investitionen in die Jüngsten sind Investitionen in die Zukunft. Denn jeder Euro, den sie frühzeitig für Kinder ausgeben, sparen Sie in Zukunft dreifach ein! Denn die beste Investition ist eine Investition in Prävention, eben frühzeitig in die Kinder unseres Bundeslandes!

In das Finanzierungssystem gehört endlich mehr Transparenz. Wir wollen Transparenz sowie Bürokratieabbau bei allen Beteiligten herstellen. Die finanzielle Beteiligung des Landes nicht mehr als Kindpauschale, sondern als fester Anteil an den tatsächlichen Personalkosten des pädagogischen Personals ermittelt. Und damit künftig auch automatisch dynamisiert. Die Gesamtverantwortung liegt bei den Landkreisen und Kreisfreien Städten. Die Gemeinden müssen das gemeindliche Defizit aus der Gesamtfinanzierung für ihre Kindertagesstätten nicht mehr selbst tragen. Sie bleiben aber über die Kreisumlage an der Finanzierung der Kinderförderung beteiligt. Die Umstellung des Finanzierungssystems ist eine entscheidende Voraussetzung, damit Umfang und Qualität der Kinderförderung nicht mehr von der finanziellen Leistungsfähigkeit der einzelnen Gemeinden und von den verschiedenen Trägern der Kindertagesstätten abhängen.

Mit dieser Umstellung machen wir uns auf den Weg der beitragsfreien Kita. Durch mehr Transparenz im System als auch durch die Finanzierung der tatsächlichen Personalkosten werden Mittel frei. Wir sparen uns auch die unsägliche Debatte über eine Umkehr der Mehrkindregelung. Denn dieser Vorschlag der CDU trägt nur zu Verunsicherung und Unzufriedenheit der Menschen im Land bei. Und steht ganz im Gegensatz zu ihren Aussagen auf der Fraktionswebseite der CDU, dass die Familie besonders zu fördern sei. Im Zweifel müssen Sie mal Ihre Texte Ihrer Realität anpassen!

Mit Blick auf Generationengerechtigkeit müssen Sie endlich den Fuß von der Schuldenbremse nehmen und alles dafür tun, dass Kinder in Sachsen-Anhalt gut aufwachsen können, dass kein Kind hier in Armut oder in armutsgefährdeten Lebenslagen leben muss, dass jede Kommune im Land gleiche Lebensbedingungen ermöglicht und attraktiv für Familien ist. Suchen Sie meinetwegen andere Sparposten in den Ressorts, ich bin mir sicher, da findet sich ausreichend jenseits des Sozialen.

Es ist kein Luxus, wenn eine Gesellschaft ihren jungen Menschen die Voraussetzungen für eine gute Kindheit erfüllt. Es ist kein Überfluss, den Kindern Zeiten, Räume und qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen, um ihnen Erfahrungen, Erlebnisse, Spiel und auch Werte zu vermitteln. Es ist im Übrigen kein Rechenfehler, wenn diese Wirkung aller Anstrengungen nicht in Zahlen allein zu fassen ist. Im Gegenteil: Genau das alles dient der Zukunftsentwicklung unseres Landes!“

 

Magdeburg, 23. August 2024