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Mehr Humanität und Realismus im Umgang mit Geflüchteten nötig

Henriette Quade, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, betont in der Debatte um Geflüchtete im Landtag:

„Was die extrem rechte AfD will, hat nicht nur mittlerweile auch der Verfassungsschutz verstanden, es liegt auch auf der Hand: Die Spaltung der Gesellschaft, die rechtliche und gesellschaftliche Einteilung in ein völkisches „Die“ und „Wir“ und die Entrechtung von Geflüchteten und Asylsuchenden. Das wäre für sich genommen problematisch genug, weil rassistische Worte rassistische Taten befeuern, weil Menschenrechte teilbar gemacht werden sollen, weil es himmelschreiend ungerecht ist und zugleich kein einziges real existierendes gesellschaftliches Problem löst.

Ich hätte nicht erwartet, dass in einer Regierung, in der SPD und Grüne Verantwortung tragen, realisiert wird, was Seehofer nicht durchsetzen konnte. Was der zurückliegende Geflüchteten-Gipfel hätte tun müssen, wurde nicht geleistet: Eine stetige und verlässliche Übernahme der Kosten die in den Kommunen für Unterbringung und Integration entstehen durch den Bund, ein Plan zur Überwindung des vielfachen Stillstands und des Chaos bei den Ausländerbehörden,      rechtssichere Entscheidungen des Bamf statt einer Fehlerquote von um die 30 Prozent und 17 bis 25 Millionen Steuergeld jährlich für verlorene Gerichtsprozesse, einen Plan für soziales Wohnen und öffentlich geförderten und geschützten Wohnraum, realistische und praktikable Strukturen für die Erstaufnahme von Menschen und belastbare Vorgaben und Unterstützung für Reserveplanungen, Vorschläge für die Verbesserung des Schutzes Asylsuchender und Geflüchteter und eine solidarische und menschenrechtswahrende Verteilung in Europa und endlich Perspektiven für die Menschen, die mit unterschiedlichen Aufenthaltsstatus im Land sind, nicht arbeiten dürfen und sich nicht integrieren sollen und es oft längst sind. Der allergrößte Teil der Geflüchteten ist schutzberechtigt und auch diejenigen, die keinen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, können nicht einfach abgeschoben werden.

Was dringend nötig gewesen wäre, wären mehr Ministerpräsident:innen, die wie Bodo Ramelow, Humanität und Realismus miteinander verbinden und Menschen, die seit Jahren hier leben, die echte Chance zu einem Spurwechsel geben wollen. Was dringend nötig gewesen wäre, wäre eine Bundesregierung, die ihr Versprechen für einen progressiven Paradigmenwechsel in der Asyl- und Migrationspolitik zu sorgen, auch hält.

Was die Bundesregierung als Lösung für die hausgemachten Probleme bei Unterbringung, Behördenüberlastung und Finanzierungslücken verkauft, ist selbst Ausdruck des Rechtsrucks und befeuert ihn zugleich weiter. Die Pläne bedeuten Abschottung und Abwehr, die Exterritorialisierung des Flüchtlingsschutzes und die massive Einschränkung des individuellen Rechtes auf Asyl durch Grenzverfahren, die mit Internierungs- und Haflagern einhergehen werden und durch die „Fiktion der Nichteinreise“, die pauschale Einstufung von weiteren Ländern als sogenannte sichere Herkunftsländer, wie z. B. Moldau und Georgien, wo Folter und Diskriminierung umfassend dokumentiert sind,       innereuropäische Grenzkontrollen als Grundlage für Pushbacks – ohne Gerichtsentscheidung, ohne Beratung für die Betroffenen im Ermessen der Bundespolizei und Migrationspartnerschaften mit despotischen Regimen, damit man Menschen dorthin einfacher zurückschicken kann.

Restriktionen und Abschreckungen sorgen dafür, dass es Menschen schlechter geht. Sie sorgen nicht dafür, dass Menschen nicht fliehen. Wer will, dass weniger Menschen fliehen müssen, muss Fluchtursachen, wie z. B. den Klimawandel bekämpfen. Wer weniger Flucht will, muss dafür sorgen, dass Kriege wie der Putins gegen die Ukraine beendet werden. Wer weniger „irreguläre Migration“ und bessere Planbarkeit will, muss sichere Fluchtwege schaffen und Asylersuchen regulär möglich machen.

Der sogenannte Flüchtlingsgipfel hilft weder Kommunen, noch Betroffenen. Rassistischen Forderungen wird nicht der Wind aus den Segeln genommen, sie werden befeuert. Die Aushöhlung und Einschränkung des Grundrechtes auf Asyl vor 30 Jahren hat rassistische Mobilisierungen und Hetze nicht bekämpft, sondern verstärkt. 30 Jahre Asylkompromiss sind deshalb auch 30 Jahre Solingen, wo Neonazis das Haus der Familie Genc anzündeten, fünf Menschen ermordet wurden und 14 Personen schwer verletzt überlebten.“

 

Magdeburg, 1. Juni 2023