Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Henriette Quade zu TOP 5: Für ein willkommensfreundliches Sachsen-Anhalt

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

meine Fraktion geht das Thema Zuwanderung und Migration etwas anders an, als es der Tenor dieses Antrages ist. Wir schauen nicht zuerst auf die im Antrag angeführten Nützlichkeitsüberlegungen, sondern folgen grundsätzlich der Idee, die u.a. der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando mit der Charta von Palermo vertritt. Migration und Freizügigkeit sollten endlich als Menschenrechte begriffen werden, statt als abzuwehrendes Problem, das man möglichst verhindern will.

 

Wir alle wissen, wie weit wir davon gegenwärtig entfernt sind – in Europa, in Deutschland, in Sachsen-Anhalt. Und auch wenn man wie die meisten in diesem Hause, die Überzeugung, dass jeder Mensch das Recht haben sollte dort zu leben, wo er es will, nicht teilt, liegt doch der politische Handlungsbedarf auf der Hand – Studien, demoskopische Prognosen, die Einschätzungen der Handelskammern zeigen das.

 

Insofern ist es völlig richtig, sich in kleinen Schritten und von unterschiedlichen Seiten der Frage zu näheren, warum Menschen nicht in Sachsen-Anhalt bleiben wollen. Und ja, auch wenn die Nützlichkeitsüberlegung nicht meine ist, so ist doch offensichtlich, dass es dem Land schadet, wenn es nicht genug Fachkräfte gibt. Dass es völlig absurd ist, einerseits zu wenig Lehrer:innen zu haben, andererseits bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen nur im Schneckentempo voran zu kommen, immer noch kaum Wege gefunden zu haben, Qualifikationen in Teilen anzuerkennen und zu ergänzen. Dass es wenig hilft, einerseits die Möglichkeit der Arbeitsmarkduldung zu haben, andererseits aber Ausländerbehörden, die den Menschen auf dem Weg dorthin mehr Steine in den Weg legen, als Türen zu öffnen. Dass es nicht nur ungerecht, sondern eben auch mit nachteiligen Folgen für das Land in Gänze verbunden ist, wenn einerseits Kampagnen gegen Abwanderung gefahren werden, andererseits aber Menschen, die hier leben wollen und dies seit Jahren tun, von demokratischen Grundrechten wie dem Wahlrecht ausgeschlossen sind.

Und natürlich ist in diesem Zusammenhang auch über das größte Integrationshemmniss in diesem Land zu reden: Rassismus. Denn er trifft Asylsuchende ebenso wie Facharbeiterinnen, er trifft Deutsche, die nicht weiß sind ebenso wie Geschäftsreisende, er trifft den afghanischen Geduldeten ebenso wie die iranische Ärztin und viel zu oft haben die, die er trifft damit zu kämpfen, überhaupt ernst genommen zu werden.

Und ja, es mangelt nicht an Expertise – die Migrant:innenorganisation, die Netzwerke der Beratungsstellen, die Lotsen, die es braucht um bürokratische und politische Hürden zu nehmen haben immer wieder umfassende Hinweise gegeben, wie sich Willkommenskultur vom Schlagwort zur Realität machen ließe. Woran es fehlt, ist der politische Wille, ihre Expertise aufzunehmen und Hürden aus dem Weg zu schaffen, um ja keine falschen Anreize zu setzen.

Und ich will ihnen ein Beispiel nennen, das deutlich macht, wie grundlegend der Wandel sein muss und warum Integration mehr heißt, als da sein zu dürfen und überhaupt arbeiten zu dürfen, wobei es zumeist schon daran mangelt. Mir wurde erst kürzlich von einem Fall berichtet, in dem mehrere migrantische Frauen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Qualifikationen eigentlich zu ihren Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt beraten werden sollten. Einigen hätten Ausbildungen machen wollen und können, einige hatten bereits Qualifikationen und hätten eine Einschätzung gebraucht, in welchen Branchen es lohnt, zu suchen. Statt sie aber individuell zu beraten, wurden ihre Daten erfasst und ihnen geraten sich bei einem Paketzusteller zu bewerben, bei dem sie zwar formal Mindestlohn bekämen, aber durch Abzüge und Gebühren für die Nutzung von Materialien unterm Strich mit 8 Euro die Stunde nach Hause gehen würden. So kann Integration nicht gelingen, nicht im Arbeitsmarkt, nicht in der Gesellschaft.

Und weil wir natürlich Überzeugungen haben, die sehr viel weiter gehender sind, als die hier im Antrag aufgezeigten, aber eben auch durch und durch pragmatisch sind, sage ich für meine Fraktion: Auch in dieser Legislatur werden wir alles, was in die richtige Richtung geht, was hilft die Lage für Zugewanderte in Sachsen-Anhalt zu verbessern, grundsätzlich unterstützen. Dass es zugleich eine der Zukunftsfragen für dieses Land ist, haben eigentlich alle erkannt – die Landesregierung unter Führung der CDU wäre gut beraten diese nicht länger ideologiegeleitet zu blockieren.