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Henriette Quade zu TOP 15: Förderung deutscher Leitkultur

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident,

es ist also mal wieder soweit, es soll über Leitkultur debattiert werden – den Rechtsextremen hier im Haus ist das ein Anliegen. Was die Leitkultur, oder präziser die „deutsche Leitkultur“ sein soll, das kann der vorliegende abstruse Antrag natürlich nicht erklären. Geht man davon aus, dass die Antragsteller für sich in Anspruch nehmen diese ominöse Leitkultur zu leben, kann man sich ja anschauen was das bedeuten könnte und dann stellt sich die Frage:

Trachtenjanker, Pullunder oder Rockerrebell – welche kulturelle Referenz soll denn leitend für uns sein? Sollen sich Abgeordnete ein Beispiel an Herrn Lehmann nehmen und Geflüchtete mit sexualisierter Sprache rassistisch beleidigen und Fraktionskollegen angreifen, wie es Herrn Lehmann vorgeworden wurde?

Würde das Sommerfest des Landtags stattfinden, sollten dann Bedrängen und Angriffe wie wir das von Mitarbeitern der AfD erlebt haben zukünftig Standard werden? Sollten alle hip, trendy und urban sein, wie die IB versucht sich zu geben, oder doch eher rechtsesoterische Schollebauern wie die völkischen Siedler? Gibt die deutsche Leitkultur der Faschist Björn Höcke vor, oder ist Orientierung an kleinkarierten Spießern und Rechtsextremen aus der zweiten Reihe gefragt?

Meine Damen und Herren, ich kürze das ab: Eine Leitkultur gibt es schlicht nicht, so sehr die extreme Rechte und manche Konservative – auf die auch dieser Antrag mal wieder zielt – versuchen sie herbeizureden. Schon gar nicht ist diese herbeigewünschte Leitkultur – wie es die Antragstellerin in Verdrehung der Rechtslage behauptet – Voraussetzung für Demokratie und Verfassung.

Im Gegenteil: Die Verfassung der Bundesrepublik und des Landes Sachsen-Anhalt gehen davon aus und schützen, dass in der Gesellschaft und innerhalb des Rahmens der Verfassung und der einfachen Gesetze Unterschiedlichkeit, Vielfalt und Differenz möglich sind, gelebt und auch gefördert werden. Anders als in einem totalitären Staat leitet nicht eine Gruppe mit einer von ihr einfach festgelegten Kultur alle anderen, sondern alle gestalten diese Gesellschaft – mit ihren Unterschieden. Das kann etwa bedeuten im Ort aktiv im Musikverein zu sein, das kann bedeuten den Christopher Street Day zu organisieren. Dabei sind der Verfassung Über- und Unterordnung von kultureller Praxis fremd, sie schützt nötigenfalls die Minderheit vor der Mehrheit. Denn die Verfassung geht von einer Gesellschaft unterschiedlicher Menschen aus, nicht von einer homogenen Gemeinschaft. Dass diese Vorstellung das Feindbild einer Fraktion ist in der es auch mal „ausgelassen hitleristisch“ zugehen soll, das kann ich mir vorstellen. Dass sie Kulturkampf von rechts staatlich fördern wollen auch.

Wir werden diesen Antrag daher gleich klar ablehnen. Ein Wort dabei noch zur Landeszentrale. Es ist so erwartbar wie skandalös, dass hier wieder Verfassungsfeinde der Landeszentrale für politische Bildung fehlende Neutralität vorwerfen, weil die Landeszentrale sich gemäß ihres gesetzlichen Auftrags für die Bildung der Demokratie und der offenen Gesellschaft einsetzt, welche die AfD zerstören will. Diesen Vorwurf der AfD gegen die Landeszentrale weise ich entschieden zurück, er hat nichts mit den Tatsachen, sondern nur mit der Ideologie der Antragstellerin zu tun.

Ich danke Ihnen.