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Hendrik Lange zu TOP 19: Zahnärztliche und kieferorthopädische Versorgung in den Landkreisen sicherstellen

Anrede,

Eigentlich thematisieren wir mit der heutigen Debatte ein Problem, das leicht verständlich und -und das ist noch wichtiger – ein Problem das lösbar ist. Nichts ist einfacher, als Altersstrukturen bestimmter Bevölkerungsteile zu analysieren und daraus abzuleiten, welche Entwicklungen folgen werden. Allerdings sind wir in Sachsen-Anhalt, da müssen zwar Viele früher aufstehen, aber die behäbigen CDU-geführten Landesregierungen verschleppen Probleme bis die Katastrophen eintreten.

Das Glauben Sie nicht? Na da gucken wir mal genau hin: „Die Zeiten, dass wir von einem Überhang an Lehrkräften in allen Schulformen, nacheinander zu einem dramatischen Lehrkräftemangel kommen, sind absehbar. Absehbar ist auch die Ausbildungsdauer von Lehrerinnen und Lehrern. Sie beträgt im günstigsten Fall sieben Jahre.“ Das Zitat stammt nicht von Herrn Lippman 2016, sondern Von Rosi Hein (PDS) im Plenarprotokoll aus dem Jahr 2004. Es folgten unzählige Anträge und Debatten und heute können sie zurecht sagen, dass es gar nicht so schlimm kam mit dem Lehrermangel. Denn die durch CDU geführten Regierungen der letzten Jahre verursachte Katastrophe ist bei weitem schlimmer als unsere Prognosen. Eine traurige Bilanz.

Ein weiteres Zitat: „Die Landesregierung ist aufgefordert, den geplanten Stellenabbau bei der Polizei zu überdenken. Die von der Landesregierung angedachte Streichung von Stellen bis zum Jahr 2010 und die damit zu erreichende Polizeidichte von 1 : 365 wird die Flächenpräsenz der Polizei und damit die öffentliche Sicherheit des Landes ernsthaft gefährden. Ein bedarfsgerechtes Personalentwicklungskonzept ist notwendig.“ Dieses Zitat stammt von Gudrun Tiedge (Linkspartei.PDS) aus dem Jahr 2006 und wie die Situation ist, wissen wir alle.

Heute möchte ich für meine Fraktion DIE LINKE auf ein Problem aufmerksam machen, das sich in Teilen schon vollzieht, das sich aber noch verschärfen wird, wenn wir nicht handeln. Gemeint ist der Mangel an Zahnärzt*innen und Kieferorthopäd*innen – insbesondere auf dem Lande. Das Problem ist leicht beschrieben: Die derzeitige Altersdurchschnitt der Zahnärzt*innen und Kieferorthopäd*innen beträgt ca. 54 Jahre. Dabei sind 27 Personen dieser Berufsgruppen 70 Jahre und älter (1,8%), 69 Personen sind im Alter von 65-69 Jahre (4,7%); 60 bis 64 Jahre sind 351 Personen (23,7%); 55-59 Jahre sind 417 (28,2%) und 50 bis 54 Jahre sind 213 Ärzt*innen (14,4%).

Danach werden die prozentualen Anteile der jüngeren Alterskohorten einstellig und da die Statistik von 2018 ist müssen wir davon ausgehen, dass das Durchschnittalter vorangeschritten ist. Um das nochmal deutlich zu machen: Die nüchterne Analyse der Zahlen zeigt, dass in den nächsten 17 Jahren von den 1481 praktizierenden Zahnärzt*innen und Kiefernorthopäd*innen 1077 das Rentenalter erreicht haben bzw. erreichen werden. Das sind 72,8%. Über 50 % werden es allein in den nächsten 10 Jahren sein. Bis ein Zahnarzt selbstständig praktizieren darf, dauert es mindestens 7 Jahre. Wer also in diesem Jahr mit dem Studium beginnt steht frühestens 2027 zur Verfügung. Sie merken die Ähnlichkeit zu Debatten um den Lehrermangel?

Eigentlich müssten jetzt alle Alarmglocken angeschaltet sein, ich bin aber anderes gewohnt. Denn schließlich hat die Koalition unseren Antrag zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze im Finanzausschuss abgelehnt. Also möchte ich die Analyse noch ein bisschen erweitern. Wie bei den Lehrkräften ist von dieser Entwicklung der ländliche Raum besonders betroffen. Bereits jetzt droht in 2 Planungsregionen die Unterversorgung. Und wenn man sich die Altersstruktur ansieht, ist der Anteil der älteren Zahnärzt*innen deutlich höher. Bei den Kieferorthopäd*innen haben wir die Situation, dass davon sehr wenige im Land praktizieren. Aber auch da wirkt es sich aus, wenn beispielsweise im Altmarkkreis Salzwedel lediglich eine Kiefernorthopädin praktiziert, die in der höheren Alterskohorte zugeordnet wird.

Wir haben heute die Parlamentsreform beschlossen und da war uns die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse besonders wichtig. Dazu gehört auch die Zahnärztliche Versorgung. Es besteht also dringender Handlungsbedarf – und zwar Jetzt!

Was schlägt DIE LINKE vor? Wir brauchen eine Erweiterung der Ausbildungskapazität an der Uni Halle. Wir machen die Erfahrung, dass – wenn wir nicht selbst ausbilden – nicht so viele Menschen mit der nötigen Berufsqualifikation in unser Bundesland kommen. Also lassen Sie uns bitte nicht die gleichen Fehler wie bei den LehrerInnen und PolizistInnen machen. Und bedenken wir die Ausbildungsdauer.

Ich weiß, dass die Erweiterung der Ausbildungskapazität an der Zahnklinik in Halle an große Voraussetzungen gebunden ist. Natürlich brauchen wir mehr Lehrpersonal. Denn durch die Änderung der Approbationsordnung erhöht sich der Betreuungsschlüssel. Und das wäre natürlich bei einer Kapazitätserweiterung auch spürbar. Zum anderen muss baulich vorgesorgt werden. Die Zahnmedizinische Ausbildung hat einen hohen praktischen Anteil. Es braucht also die entsprechenden Behandlungsstühle und Räume. Aber diese Zukunftsinvestition lohnt sich!

Wir müssen jede Absolventin und jeden Absolventen im Land behalten. Dazu brauchen wir Programme gemeinsam mit den Kammern, die die Praxisnachfolge in den Blick nimmt. Dabei muss ganz besonders die Attraktivität des ländlichen Raums in den gestärkt werden. Hierzu gehören auch die Weichen Standortfaktoren wie der ÖPNV, Bildungseinrichtungen und Kultur. Aber es braucht auch die Unterstützung und Vermittlung, wenn Zahnarztpraxen übernommen werden. Und wir schlagen vor, dass geprüft wird, ob vor Ort andere Formen der Zentralen und dezentralen Versorgung in frage kommen. Das können Medizinische Versorgungszentren in Kommunaler Trägerschaft sein. Und in Brandenburg gibt es einen Praxisbus. Ich bin mir dabei auch der Probleme bewusst. Schließlich ist die Zeit für Behandlungen wichtiger als die Fahrzeit. Aber vielleicht lohnt sich das ja mit Blick auf z.B. Pflegeheime und Schulen. Lassen Sie uns darüber konstruktiv nachdenken.

Ich hoffe nicht, dass mir als Einbringer des Antrages nicht das gleiche Schicksal wiederfährt, wie Meinen Kolleginnen Tiedge und Hein. Egal wie unsere Fraktionen hießen, wir hatten mit der Analyse und dem Ruf nach Gegensteuern immer Recht. Sei es bei den LehrerInnen oder bei den PolizistInnen. So wird es auch bei der Zahnärztlichen Versorgung sein. Erneut öffnet die Linke das Scheunentor und hofft, dass Sie dieses Mal nicht die Wand nehmen.
Ich bitte um Zustimmung zum Antrag.