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Eva von Angern zu TOP 7: Zeit für einen spürbaren Wumms für Kinder und Jugendliche

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn sich die Ampelkoalition in den „WUMMS“ verliebt hat, können wir entgegenkommen und nehmen für einen aus unserer Sicht hochprioritären Bereich auch gern den „WUMMS“ entgegen.

Uns geht es dabei aber nicht um irgendwelche Wortspielereien, sondern um eine tatsächlich spürbare Aufmerksamkeit für die Situation von Kindern und Jugendlichen in unserem Land.

Dabei ist die von uns angeführte Corona-Kita-Studie des RKI und des Deutschen Jugendinstitutes nur eine Grundlage für unseren Antrag. Uns bewegt gleichermaßen die Einschätzung von politischen Prozessen durch junge Menschen.

Zuletzt war es das ifo-Institut. Im letzten Jahr war es bereits die Zeitschrift geolino und ich gehe davon aus, dass es noch mehr Stimmen junger Menschen gibt, die politischen Entscheidungsträgerinnen ein schlechtes Zeugnis ausstellen.

Nicht zuletzt das muss uns alarmieren, weil das die Generation ist, die in Zukunft unsere Demokratie tragen und hoffentlich auch verteidigen wird.

Dieser Einschub sei an dieser Stelle erlaubt: ich habe mich sehr gefreut, dass die Rot-Rote Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern am 9. November ein Wahlversprechen eingelöst hat und dass Wahlalter für Landtagswahlen auf 16 Jahren gesenkt hat.

So wird Vertrauen in Politik zurückgewonnen und Beteiligung junger Menschen im Konkreten realisiert. Hut ab!

Nun aber zurück zu unserem „WUMMS“. Die Corona-Kita-Studie des RKI und des Deutschen Jugendinstitutes hat den Nachweis erbracht, dass Schließungen von Kitas und Schulen eine große Belastung für Kinder und Eltern waren.

Eine Last, die auch viele aus unseren Reihen im konkreten einschätzen können. Nun haben wir es schwarz auf weiß. Die Förderbedarfe insbesondere bei bereits benachteiligten Kindern sind erheblich gestiegen.

Sie sind motorisch, sozio-emotional, aber auch psychisch erheblich belastet.

 

Wir haben als Fraktion bereits hier im Plenum auf das Papier der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer hingewiesen, die bereits im letzten Jahr Alarm geschlagen haben.

Angststörungen, Medien- und Spielsucht sind bei Kindern und Jugendlichen gestiegen. Der Stress für Eltern, insbesondere für Alleinerziehende ist erheblich gestiegen.

Und natürlich waren auch die Belastung für die Erzieherinnen und Lehrerinnen durch ständige Anpassungen kaum wegtragbar. Das sind nur einige Ergebnisse der Studie, die allerdings auch nicht wirklich überraschen.

Die Studie sagt nicht, dass hätte man wissen müssen und auch ich werde das heute nicht tun – auch wenn mein Gefühl mehr als flau war, als neben den geschlossenen Kitas und Schulen auch sämtliche Kinderspielplätze im Land abgesperrt waren und wir alle wussten, dass Kinder sich über einen langen Zeitraum die meiste Zeit in ihren Wohnungen – teilweise auch in beengten Wohnverhältnissen befanden.

Es war ein Abwägungsprozess und wir alle wussten damals nicht, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt. Es gab keine Blaupause.

Nein, es geht heute nicht darum zu sagen, dass haben wir immer schon gewusst – sondern es geht darum, für kommenden Krisen vorzusorgen und die Analyse vieler verschiedener Analysen ernst zu nehmen und die verschiedenen Benachteiligungen, die Kinder und Jugendliche in den letzten Jahren erleben mussten, aufzuholen.

Jetzt müssen wir für Kinder und Jugendliche da sei. Jetzt müssen wir solidarisch mit ihnen sein.

Das Programm „Aufholen nach Corona“ des Bundestages war ein erster Schritt, aber er darf nicht der letzte sein. Es wurde durchaus viel Geld in Kitas, Schulen und Jugendhilfe gegeben.

Es wurde viel Vernünftiges damit gemacht. Es wurde teilweise aber auch aufgrund der Zeitnot das Gießkannenprinzip angewendet, was im Einzelfall eben ungerecht ist.

Lassen Sie uns gemeinsam hinschauen, was davon tatsächlich seinen zweck erfüllt und wo nachgebessert werden muss. Ich möchte nur ein Beispiel herausnehmen: Ferienfreizeiten. Es mag auf den ersten Blick ein banales Beispiel sein.

Doch ich möchte daran erinnern, dass in unserem Land fast jedes 4. Kind von Armut betroffen ist und sich noch nie einen Urlaub erlebt hat. Für diese Kinder waren diese Ferienfreizeiten etwas ganz Besonderes.

 

Und ich möchte daran erinnern, dass es in unserem Landeshaushalt schon einmal den Titel „Ferienfreizeiten“ im Einzelplan des Sozialministeriums gab. Aus gutem Grund. Doch dieser Titel wurde von einer CDU-FDP-Koalition auf 0,00 Euro gesetzt.

Ein gravierender Fehler und vor allem kurzsichtig. Schauen Sie sich den Verlauf der sogenannten „Hilfen zur Erziehung“ der letzten 20 Jahren in den Landkreisen und kreisfreien Städten an.

Sie werden bei genauer Betrachtung sehen, dass trotz stagnierender Kinderzahlen die Kosten stetig gestiegen sind und dies vor allem für teure Interventionsmaßnahmen. Ich muss dafür keine Sozialwissenschaftlerin sein, um zu wissen, dass immer dann, wenn in der Prävention gesparte wird, die Interventionskosten steigen.

Das ist gerade eine rein fiskalische Argumentation gewesen, die für die kommunalen Vertreterinnen unter Ihnen nicht unwichtig sind. Doch dahinter stecken ganz konkrete Einzelschicksale!

Meine Kollegin Monika Hohmann setzten sich besonders engagiert für die Pflegekinder und Pflegeeltern in unserem Land. Ich empfehle Ihnen allen ein Gespräch mit Ihnen. Sie leisten für viele Kinder einen unsagbar wichtigen Beitrag und sie können gerade aus der Zeit der Pandemie schlimme Geschichten berichten.

Leider sind es keine Geschichten, sondern bittere Realität für Kinder in unserem Land. Die gestiegenen Fälle der Kindeswohlgefährdung in Sachsen-Anhalt sind keine statistischen Ausreißer – wie damals vom Sozialministerium auf meine kleine Anfrage dazu geantwortet wurde.

Die Schließungen von Kitas und Schulen haben dazu geführt, dass ein wichtiges Schutznetzwerk für Kinder und Jugendliche weggefallen ist. Und wenn ich vom Landesverband der Pflegeltern höre, dass acht Geschwister – darunter Kleinstkinder - wochenlang ohne Wissen der Behörden in einer kleinen Wohnung eingepfercht waren und eben nur gerade so versorgt wurden, dann ist für mich der Punkt erreicht, dass wir alle kapieren müssen, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt! Nicht irgendwann, sondern JETZT!

Es war gut, dass es in der letzten Wahlperiode – auch auf unsere Initiative einen Familiengipfel in Sachsen-Anhalt gab. Das war auch für die vielen Fachkräfte ein wichtiges Signal, die sich in all der Zeit enorm um „ihre“ Kinder und Jugendlichen bemüht haben und sich eben manchmal auch sehr damit allein gefühlt haben.

Ich möchte mich an dieser Stelle für deren Engagement noch einmal herzlich bedanken!

 

Wir haben nicht ohne Grund mehrfach hier gefordert, dass es einen Pandemierat auch beim Landtag geben muss, bei dem eben auch genau diese Professionen einbezogen werden. Sie wollten das nicht.

Sehr geehrte Kolleginnen in der CDU, Ihre Bundestagsfraktion hat verhindert, dass es Kinderrechte im Grundgesetz gibt – obwohl es im Koalitionsvertrag vereinbart war. Klopfen Sie gern auf Ihre eigenen Schultern und sagen stolz, dass Ihnen das in Sachsen-Anhalt in der Landesverfassung - wenn auch mit Makeln) gelungen ist.

Die Kindergrundsicherung – zumindest ein Wahlversprechen von SPD und Grünen soll im Jahr 2025 schrittweise eingeführt werden.

 

Liebe Kolleginnen, das ist das Wahljahr! Das ist doch nicht ihr Ernst???

Frau Dr. Pähle, Herr Krull, Herr Silbersack, Sie waren letzte Woche mit mir bei der Armutskonferenz, die die AWO organisiert und die von vielen NGOs mitgetragen wird: Prof. Butterwegge hat dort ganz deutlich gesagt, dass es nicht mehr nur um relative Armut, sondern um gnadenlose absolute Armut in unserem Land mit all ihren Folgen auch für Kinder und Jugendliche geht.

Geben Sie sich einen Schupps und fordern Sie einen früheren Start der Kindergrundsicherung! Wann wenn nicht jetzt ist sie bitter nötig!

Sie wollten auch keine stetige Beteiligung des Landesjugendhilfeausschusses in dem im Landtag zuständigen Fachausschuss. Sie wollten auch keine Kinderkommission – die die FDP, als sie noch in der Opposition hier im Haus war – auch schon einmal gefordert hat. Vielleicht greifen Sie diese Idee im Rahmen Ihres im Koalitionsvertrages vereinbarten „Pakts für Kinder und Jugendliche“ wieder auf. Uns ist egal, wie das Projekt heißt, wichtig ist, dass es zeitnah umgesetzt wird. Es darf nie wieder sein, dass eine für Kinder, Jugendliche und Familien zuständige Bundesministerin nicht in einem Krisenstab vertreten ist. Genauso darf es nicht sein, dass Pandemiestäbe sei es in Land oder Kommunen ohne Frauen arbeiten. Das ist – wie wir jetzt schwarz auf weiß wissen – die falsche Prioritätensetzung!

Wir brauchen vorsorgende Konzepte, die Kinder und Jugendliche in unserem Land schützen – ohne dabei andere Altersgruppen aus dem Auge zu verlieren oder sie gar gegeneinander auszuspielen. Lassen Sie uns gemeinsam mit Fachexperten und vor allem Kindern und Jugendlichen, also den Expertinnen in eigener Sache um die besten Ideen ringen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!