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Eva von Angern zu TOP 18: Streichung des § 16 Absatz 4 des Achten Sozialgesetzbuches

Wir haben uns zu Beginn der Debatte ein wenig in einer absurden Vorstellung wieder gefunden. Wir hatten auf der einen Seite die FDP, die heute diesen Antrag gestellt hat, den wir vollumfänglich inhaltlich teilen, die aber auf der anderen Seite auf der Bundesebene einen Koalitionsvertrag unterzeichnet hat, in dem dieses Betreuungsgeld enthalten ist.

Auf der anderen Seite steht die SPD, die sich heute gegen das Betreuungsgeld ausgesprochen hat, die es in der Zeit, in der sie auf der Bundesebene in einer Koalition mit der CDU war, aber in das SGB VIII eingefügt hat. Ich vermute, dass Sie, um den Koalitionsfrieden zu wahren, den Antrag ablehnen werden, obwohl der Minister geäußert hat, dass das inhaltlich eine Fehlleistung auf der Bundesebene war.

Ich denke, dass uns allen bewusst ist, dass vor allem die CSU auf Bundesebene der treibende Motor war. Ich gebe die Hoffnung noch nicht ganz auf, weil ich weiß, dass sich zumindest die Frauenverbände der SPD, der LINKEN und, Herr Kurze, auch der Union - bei der FDP bin ich mir nicht sicher -, auf Bundesebene dafür stark machen, dass ein solches Betreuungsgeld im Jahr 2013 nicht Einzug hält. Das ist auch gut so.

Die FDP-Fraktion trägt in der Begründung zu dem Antrag vor, dass das Betreuungsgeld ein Risiko, eine Gefahr für die Ziele, für die Infrastruktur der frühkindlichen Bildung in Sachsen-Anhalt darstellen könnte. DIE LINKE teilt diese Risikoeinschätzung.  
Die Erfahrungen aus Thüringen sind eher negativ. Familien melden ihre Kinder ab. Das sind eben keine Einzelfälle und, ja - das müssen wir ehrlich an- und aussprechen -, es sind zum größten Teil Kinder aus den so genannten bildungsfernen Familien. Das heißt, das sind eben die Kinder, für die es besonders wichtig wäre, Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertagesstätten zu erfahren.  

Ich will ganz deutlich sagen, dass wir den Familien nicht ihre Erziehungskompetenz absprechen. Ich glaube nicht, dass wir den Familien, in denen problematische Erziehungsverhältnisse bestehen, in denen Probleme aufgrund von Überforderung und anderen Dingen auftreten, gleich die Kinder entziehen müssen. Das ist überspitzt und macht es an dieser Stelle auch nicht anschaulich.

Abschließend grundsätzlich zum Betreuungsgeld: Das Betreuungsgeld ist keine Entscheidung für Kinder. Es ist eine Entscheidung für ein tradiertes Rollenbild. Mit der Zahlung wird das Signal ausgesendet, dass Eltern quasi dafür belohnt werden, wenn sie ihren Kindern nicht Bildung und Förderung durch die Kitas zuteil werden lassen. Ich sage „quasi“, weil 150 € mehr als ein Taschengeld denn als eine Leistung angesehen werden können, für die man tatsächlich Bildungsangebote „einkaufen“ kann.
Es ist zynisch, an dieser Stelle von Wahlfreiheit zu sprechen, wie es im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP steht. Für Familien mit Anspruch auf Hartz IV ist es eine ganz rationale Entscheidung, die 150 € zu nehmen - das hat die Debatte heute Vormittag über Hartz IV noch einmal ganz deutlich gezeigt. Es geht um das ganz normale, alltägliche Leben. Aus der Sicht der Familien ist das keine Entscheidung gegen die Kinder, sondern es geht um die Frage: Kann ich mit diesen 150 € meine Haushaltskasse aufbessern? Muss ich sie vor allen Dingen aufbessern? Deswegen ist es zynisch, von Wahlfreiheit zu sprechen.  

Ich glaube, dass die Frauen aus Bayern unter dieser Wahlfreiheit etwas ganz anderes verstanden haben. Es ging eher um den feministischen Anspruch, dass sie eine tatsächliche Wahlfreiheit haben, auch einen Beruf auszuüben, und dass es tatsächlich um mehr Kita-Plätze auch in den alten Bundesländern geht. Das darf nicht unberücksichtigt bleiben.
In Sachsen-Anhalt besteht der grundsätzliche politische Konsens, dass wir eine Kinderbetreuung von guter Qualität haben. Es geht immer besser. Stichwort Ganztagsbetreuung: Dafür wird sich meine Partei natürlich nach wie vor einsetzen, weil wir das für den sozial gerechten Weg halten. Ich spreche auch das kostengünstige Mittagessen an.

Ich denke, dass wir als Parlament keine Anreize unterstützen sollten, die unser gut aufgestelltes Kindertagesstättennetz aushöhlen.