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Eva von Angern zu TOP 18: Legalisierung und vollständige Entkriminalisierung von Cannabis (Zweite Beratung)

Anrede,

Den Einstieg in meinen heutigen Debattenbeitrag möchte ich - ähnlich wie meine Kollegin Quade in ihrer Einbringungsrede - mit dem Satz des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamten, André Schulz, beginnen, der in einem Interview mit der Bild-Zeitung folgendes sagte: „Die Prohibition von Cannabis ist historisch betrachtet willkürlich erfolgt und bis heute weder intelligent noch zielführend.“

Eine Auffassung, die von vielen Mediziner*innen, Suchtexpert*innen, Strafrechtler*innen und Sozialarbeiter*innen geteilt wird.Gerade die gegenwärtige Verbotspraxis zeigt ganz deutlich, dass die bisherige Politik der Repression gegen den Cannabiskonsum schlichtweg gescheitert ist.

Meine Fraktion ist sich dabei einig, dass eine staatlich kontrollierte Freigabe die Nutzer*innen weitaus besser schützt als ein Verbot, weil man erst damit dem organisierten Verbrechen die Kontrolle über den Markt wirklich entzieht. Der Blick auf einschlägige polizeiliche Statistiken zeigt: Polizei und Justiz werden durch die Illegalität von Cannabis zwar massiv belastet; die Repression führt aber weder dazu, dass die Menschen nicht Cannabis konsumieren, noch dazu, dass man maßgeblich und hauptsächlich Dealer und Handel im Blick hat.

2017 wurden in Deutschland rund 140.000 Strafverfahren wegen des Besitzes geringer Cannabismengen eingeleitet. Zu Verurteilungen kam es dabei eher selten. Die meisten Verfahren wurden wegen Geringfügigkeit eingestellt. Das bedeutet letztendlich enorme Belastungen für Polizei und Justiz. Die dabei verwendeten Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden ließen sich deutlich sinnvoller einsetzen.

Vergleiche ich das bisher Gesagte mit der nun vorliegenden Beschlussempfehlung kann man es kurz machen: Unser eigentliches Anliegen, die Legalisierung und vollständige Entkriminalisierung von Cannabis durch eine grundsätzliche Änderung des BtMG mit dem Ziel, die Kriminalisierung der Konsumenten zu beenden, bleibt auf der Strecke. Dies wurde schon bei der ersten Lesung des Antrages deutlich, als Sie nicht bereit waren, den Antrag in die aus unserer Sich zuständigen Ausschüsse – REV und INN – zu überweisen.Die Beschlussempfehlung bleibt hinter unserem Anspruch zurück!

Aus diesem Grund werden wir die vorliegende Beschlussempfehlung auch ablehnen. Um noch einmal ins Detail zu gehen und unsere ablehnende Haltung deutlich zu machen:

Wir wollten ja gerade einen Schritt weitergehen, um so schnell wie möglich den Irrsinn für Polizei, Justiz und Konsument_innen zu beenden, der von der Cannabisprohibition ausgeht. Cannabis gehört aus dem Betäubungsmittelrecht entfernt

  • Zugunsten von Kinder- und Jugendschutz: der greift eben nur in der Legalität! 
  • zugunsten der Qualität des Cannabis: das soll ungestreckt sein und Wirkangaben zum THC-Gehalt haben (analog der Alkoholgehaltsangaben) 
  • zugunsten von Polizei und Justiz, deren Arbeitsdichte ohnehin dringend entlastet gehört.

Wenn der Bereich „Gesundheit“ der einzige ist, zu dem sich die Kenia-Koalition in Sachen Cannabis einigen kann, dann sollte das auch deutlich weitergehen, als sich nur im Sozial-Ausschuss zum Stand der Dinge berichten zu lassen.

Wir haben als LINKE die Öffnung der Bundesgesetzgebung dem Grunde nach begrüßt. Doch wir haben zugleich die Halbherzigkeit kritisiert. Die Begrenzungen sind fachlich fragwürdig. Dabei würde Cannabis vielen Menschen umgehend helfen. In der vergangenen Legislaturperiode haben Ärzte im Sozialausschuss dazu eindrucksvoll referiert. Nach der Reform im Bund haben zunächst sogar einzelne Patient_innen, die vorher eine Ausnahmegenehmigung hatten, ihren Anspruch verloren – so zum Beispiel Menschen mit schwerer ADHS.

Zweites Problem: obwohl es nach wie vor zu wenige Patiente_innen sind, denen Cannabis als Medikament genehmigt wird, haben wir einen Engpass in den Apotheken. Solange die allgemeine Prohibition besteht, wird sich dies kaum bessern. Die Einführung von Cannabis-Clubs oder der legale Anbau für den Eigenbedarf wären wichtige Schritte.

Gerade in diesem Monat hat der Gesundheitsausschuss der Stadt München beschlossen, sich für einen regionalen Medizinalhanfanbau einzusetzen, um den Lieferengpässen entgegen zu treten. Und zwar einstimmig: SPD, Grünen, Linke, FDP, CSU und Bayernpartei! Ergo: es lässt sich was machen. Man muss es nur wollen.

By the way: Wenn Cannabis erst einmal legalisiert ist, werden wir kein Angebotsproblem mehr haben.