Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Doreen Hildebrandt zu TOP 33: Duale Ausbildung auch 2021 ermöglichen

Sehr geehrte Damen und Herren,

unseren Antrag mit dem Titel „duale Ausbildung auch 2021 ermöglichen“ stellen wir für 2 unterschiedliche Zielgruppen, die jedoch beide durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Covid 19-Virus betroffen sind:

Im 1. Teil geht es um die jungen Menschen, die im Jahr 2021 die Schule verlassen und damit jetzt vor ihrer Berufswahlentscheidung stehen. Der 2. Teil beschäftigt sich mit den Jugendlichen, die sich bereits in Ausbildung befinden und diese erfolgreich abschließen wollen.

Lassen Sie mich beides begründen:

Zu Teil 1:

Jeder Mensch hat das Recht, seinen Beruf frei zu wählen. Dazu gehört aus unserer Sicht auch, dass jeder Mensch Zugang zu den Informationen haben muss, die ihm bei der Wahl eines Berufes helfen.

Wir sind im Sekundarschulbereich I mit Brafo auf einem guten Weg. Und es gibt die „Leitlinie zur Berufs- und Studienorientierung an den Gymnasien in Sachsen-Anhalt“. In dieser wird dafür geworben, dass es sinnvoll wäre, systematische Orientierung am Übergang von Schule zum Beruf anzubieten. Verbindlich ist sie nicht.

Das führt zu völlig unterschiedlichen Voraussetzungen für Schülerinnen und Schüler, je nachdem welches Gymnasium sie besuchen. Es gibt Gymnasien im Land, die viele Maßnahmen zur Berufsorientierung entsprechend Punkt 3.5 dieser Leitlinie durchführen. Es gibt aber immer noch Schulen, die als Höchstmaß an Berufsorientierung genau eine Woche Schülerbetriebspraktikum in Klasse 10 anbieten. Das ist eine Benachteiligung der Jugendlichen, die endlich beseitigt werden muss.

Und ich höre schon das Argument „Abiturienten sollen ja auch studieren, was müssen die denn über Berufe wissen“.

Sehr geehrte Damen und Herren – das ist hier völlig unpassend. Natürlich muss sich jede Schülerin und jeder Schüler entscheiden dürfen, ein Studium aufzunehmen. Natürlich genauso wie jede Schülerin und jeder Schüler im Sekundarschulbereich I sich für einen weiterführenden Schulbesuch entscheiden darf.

Aber sind denn Ärztin, Architektin oder Anwältin keine Berufe, über die man sich vor Studienantritt schon mal informiert haben sollte? In der Berufsorientierung geht es doch darum, welche Wege nach dem Schulabschluss möglich sind, welche Vor- und Nachteile diese haben und welche Kriterien für die Berufswahl wichtig sind.

Dass es immer noch Gymnasien gibt, die sich dagegen sperren, ist nicht hinnehmbar. Darum lassen Sie uns heute beschließen, Berufs- und Studienorientierung verbindlich zu regeln.

Leider haben die Auswirkungen der Pandemie auch die Schwachstellen im Sekundarschulbereich I aufgezeigt. Bisher liefen sämtliche Orientierungsmaßnahmen wie zum Beispiel Brafo und Berufswahlunterricht vor Ort und persönlich ab. Wenn dann plötzlich Homeschooling angezeigt ist, findet berufliche Orientierung einfach nicht mehr statt. Zahlreiche Schülerbetriebspraktika wurden im 2. Halbjahr des vergangenen Schuljahres und im laufenden 1. Halbjahr ersatzlos gestrichen. Die Schülerinnen und Schüler, die 2021 die Schule verlassen, sind also lange nicht so gut auf ihre Berufswahlentscheidung vorbereitet, wie in den vergangenen Jahren.

Online-Berufsorientierung wäre hier eine Lösung. Dass dies machbar ist, konnte man im Dezember in der Volksstimme lesen. Überschrift: „Berufsberatung per Videokonferenz – Corona erschwert Schülern Berufsorientierung/Testlauf in evangelischer Sekundarschule“. Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns heute beschließen, dass alle Schulen im Land technisch so ausgestattet werden, dass Online-Berufsorientierung nicht nur an Schulen in freier Trägerschaft durchgeführt werden kann, sondern überall.

Die Beteiligten sind da durchaus kreativ: Manche Betriebe bieten bereits online Betriebsführungen an, die Berufsberatung der Arbeitsagenturen steht mit ihrem Angebot in den Startlöchern – es scheitert jedoch an der digitalen Ausstattung der Schulen. Allerdings müssen die regionalen Maßnahmen zur Berufsorientierung so übersichtlich sein, dass Jugendliche, Eltern und Betriebe auf den 1. Blick erkennen können, welche Angebote existieren.

Ich erinnere mich an die Veranstaltung des Handwerkstages am 14.10. letzten Jahres. Nach der Vorstellung von Brafo, lebensbegleitender Beratung und Praxislerntagen war ich eher verwirrt als gut informiert und ich vermute, das ging nicht nur mir so. Deshalb benötigen wir landesweit eine Übersicht, die die regionalen Angebote abbildet. In einigen Landkreisen gibt es diese schon – eine landesweite Verknüpfung klingt wie eine Selbstverständlichkeit. Jedoch habe ich den Eindruck, dass das Bildungsministerium da blockiert und sich nur auf die Praxislerntage – die ja keine Maßnahmen zur Berufsorientierung sein sollen – zurückzieht. Diese Blockadehaltung nützt niemanden, Herr Minister Tullner, bitte begreifen Sie endlich, dass berufliche Orientierung etwas mit Schule zu tun hat!

Sehr geehrte Damen und Herren, die Zahlen stimmen bedenklich:

Die Bundesagentur für Arbeit hat am 02.12.20 eine Statistik mit dem Titel „Der Ausbildungsmarkt zu Beginn des Berichtsjahres 20/21“ veröffentlicht. Darin wird deutlich, dass zum Vorjahreszeitraum die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber noch mal um 6,2 % und die der gemeldeten Ausbildungsstellen ebenfalls um 2,4 % gesunken ist. Das verstärkt den Trend, den das IAB-Betriebspanel, der Jahresmonitor zur Berufsbildung und die Statistik zum letzten Berichtsjahr aufgezeigt haben. Wir müssen deshalb alles unternehmen, damit Jugendlichen und Betrieben der Einstieg in die Ausbildung 2021 ermöglicht wird.

Zu Teil 2 unseres Antrages:

Der Einstieg in die gewünschte und passsende Ausbildung ist für die zukünftigen Auszubildenden schwer genug. Aber dann die Ausbildung erfolgreich zu absolvieren, ist die nächste Herausforderung für die Jugendlichen.

Für alle Auszubildenden, egal in welchem Beruf, gilt, dass sie erhebliche Einschränkungen bei ihrem Berufsschulunterricht und teilweise auch bei ihren überbetrieblichen Lehrunterweisungen seit März 2020 in Kauf nehmen mussten. Deshalb fordern wir auch für die berufsbildenden Schulen im Land eine moderne technische Ausstattung. Auch in der Ausbildung muss digitales Lernen ermöglicht werden.

Zusätzlich dazu müssen Jugendliche in einigen Branchen, zum Beispiel in der Gastronomie, der Logistik und in Teilen des Handwerks um die Fortführung ihrer Ausbildung bangen. Die Betriebe in diesen Branchen kämpfen mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Da steht der Gedanke an Ausbildung nicht an 1. Stelle. Der Bund hat das Förderprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ für Klein- und mittelständische Unternehmen, die von der Corona-Krise betroffen sind, ausgeweitet. Dort werden Betriebe gefördert, die Ausbildungsplätze erhalten, zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen, Kurzarbeit für Auszubildende vermeiden oder Auszubildende aus Insolvenzbetrieben übernehmen. Es reicht aus unserer Sicht nicht, wenn die Kammern und die Bundesagentur für Arbeit auf ihren Homepages auf das Programm hinweisen, sondern betroffene Betriebe müssen individuell informiert und beraten werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben hier im Plenum schon häufig über Fachkräftemangel in fast allen Branchen gesprochen. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass 2021 kein verlorenes Jahr für zukünftige und gegenwärtige Auszubildende und auch nicht für ausbildungswillige Betriebe wird.

 

Noch 1 Wort zum Verfahren:

Wir haben jetzt Januar, das nächste Ausbildungsjahr startet in 7 Monaten. Da macht es in unseren Augen wenig Sinn, den Antrag in irgendwelchen Ausschüssen zu diskutieren. Darum bitte ich um Direktabstimmung.

Vielen Dank.