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Dagmar Zoschke zu TOP 4: Zwischenbilanz zur Umsetzung der Inklusion in Sachsen-Anhalt

Der Auftrag des Antrages ist formuliert und bezieht sich auf das Behindertengleichstellungsgesetz und den Landesaktionsplan. Aus unserer Sicht greift der Antragsinhalt allerdings nicht auf das bereits Vorhandene zurück, aus diesem Grund auch unser Änderungsantrag.

Ja, eine Zwischenbilanz ist dringend notwendig, dieses Anliegen tragen wir uneingeschränkt mit. Eine genaue Analyse, welchen Erfüllungsstand wir haben, wo Reserven bestehen, warum es diese Reserven gibt und welche Maßnahmen notwendig sind, um genau diese Reserven zu erschließen.

Transparenz ist erforderlich, die Öffentlichkeit und damit auch wir, müssen erkennen welche Maßnahmen was bewirkt haben, was verworfen werden muss und wie finanzielle Ströme gelenkt werden müssen, um Erfolge zu erreichen.

Allerdings, werte Kolleginnen und Kollegen, diese geforderte Zwischenbilanz hat bereits Vorgänger. Und es wäre unserer Meinung nach fatal, wenn wir nicht auf diese Vorgänger verweisen und auch zurückgreifen würden. In ihnen ist bereits ein Ist- Stand festgestellt, es sind Vorhaben und Maßnahmen benannt worden, um noch bestehende und erkannte Defizite zu beseitigen.

So hat die Landesregierung bereits in der 6.Legislaturperiode einen „Bericht zur Umsetzung des Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt)“ (Drs. 6/2767) mit Stand Februar 2014 vorgelegt.

Hier sind die ersten Fortschritte im Wirken des Gesetzes wiedergespiegelt, Defizite und Reserven benannt und dies auch durch und in allen Ministerien. Ich will mal nur einige Stichworte ohne Wertung aus diesem Bericht benennen: einfache Sprache, das Hinterfragen der punktuellen Auslegung des Gesetzes selbst, Arbeitsbedingungen im Bereich Justizvollzug oder die Öffentlichkeitsarbeit des Projektes „Tourismus für alle“. Da lohnt also schon noch einmal ein Blick in diesen Maßnahmekatalog. Wie ist daran in der Zwischenzeit gearbeitet worden?

Über diesen Bericht hinaus liegt seit Mai 2016 ein Abschlussbericht der Studie „Evaluation von Inklusionsprojekten 29/15“ vom Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. an der Martin-Luther- Universität Halle vor, der ebenfalls Handlungsempfehlungen beinhaltet.

Dabei benennt dieser Evaluationsbericht nur Streiflichter, ist doch der Betrachtungszeitraum auf nur drei Monate beschränkt und lediglich auf Basis einer Literatur- und Internetrecherche realisiert worden. Allerdings sind die genannten Schlussfolgerungen durchaus beachtenswert. Lassen Sie mich auch hier, einige Stichpunkte benennen.

So wurde festgestellt, gute Integrations- und Inklusionsprojekte sind bisher lediglich „Insellösungen“. Es fehlen Brücken, die räumliche und vor allem zeitliche Distanzen zwischen den einzelnen, guten und nachahmenswerten Projekten und Maßnahmen überspannen. Dies wird an zahlreichen Beispielen nachgewiesen. Das Fazit: Es muss gelingen, diese Projekte und Maßnahmen so darzustellen, dass sie als nachhaltig, anschlussfähig und nachahmenswert erkannt und gewertet werden.

Ein weiterer erfasster Punkt ist die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema „Inklusion“. Festgestellt wurde, dass Projekte und Maßnahmen veröffentlicht, aber diese Veröffentlichung dann oft nicht gepflegt und fortgeschrieben wird. Ein weiteres Defizit ist die oft nicht vorhandene Vernetzung der Projekte und Träger. Das Fazit: Es muss gelingen, das Erreichte ständig zu aktualisieren, im Sinne von Nachhaltigkeit auf die Sensibilisierung von potentiellen Akteuren hinzuwirken und für die Nachahmung zu motivieren. Selbstverständlich immer unter Beachtung der konkreten Bedingungen vor Ort.

Ein weiterer Schwerpunkt dieser Zwischenbilanz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention muss auch der Blick ins Land sein. Nunmehr müssen wir schauen, welchen Umsetzungsstand haben wir auf kommunaler Ebene erreicht, welche positiven Erfahrungen können verallgemeinert werden und welche Chancen haben wir mit aktuell geschaffenen Teilhabemanagern. Und wie können hier Reserven aufgedeckt und erschlossen werden. Da gibt es nach wie vor Barrieren und Schwierigkeiten.

So hat mich unmittelbar vor unserer heutigen Beratung der Wunsch eines Magdeburger Betroffenen erreicht, ihn in seiner gesellschaftlichen und politischen Teilhabe zu unterstützen. Er würde als Gehörloser gern seine Erfahrungen in die Arbeit des Runden Tisches und seiner Arbeitsgruppen einbringen. Aber die Kosten für einen Gebärdendolmetscher sind offensichtlich zu ungleichmäßig verteilt und stehen für ihn und sein Engagement nicht zur Verfügung. Darüber hinaus weist er auf die Kommunikationsprobleme zwischen Hörenden und Gehörlosen untereinander hin, beschreibt dies besonders aus seiner Sicht, wenn er als gehörloses Vorstands-und Vereinsmitglied mit hörenden Politikern kommunizieren möchte.

Dies macht deutlich, die Zwischenbilanz darf nicht vom grünen Tisch oder nur vom Computerbildschirm aus angegangen werden, hier muss vor allem tatsächlich vor Ort und auf der Grundlage eines angemessenen Kriterienkatalogs die Lebensrealität der Menschen mit Handicaps untersucht und wiedergespiegelt werden.Und alle Seiten brauchen ganz konkrete Handlungsempfehlungen.

Trauen sie sich und stimmen unserem Änderungsantrag zu. Danke für die Aufmerksamkeit.