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Dagmar Zoschke zu TOP 20: Situation der Kinderhospize und betroffener Eltern im Land verbessern

Anrede!

In Deutschland leben etwa 40.000 Kinder und Jugendliche mit lebensbegrenzenden Erkrankungen. Jährlich sterben beinahe 5000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an einer solchen Erkrankung. Für die betroffenen Familien ist das Leben mit einem unheilbar kranken Kind ein Leben in einem permanenten Ausnahmezustand. Sie führen tagtäglich einen Kampf um Normalität und kleine, gemeinsame Glücksmomente.

Für uns Außenstehende ist es kaum möglich diese Situationen zu erfassen und zu begreifen, mit welcher Stärke Betroffene agieren und reagieren müssen. Oft erfühlen wir lediglich, dass es wichtig ist, dass diese Kinder und ihre Familien in diesen Momenten nicht allein gelassen werden dürfen.

Der Kinderhospizgedanke entstand Anfang der 1980-er Jahre in Großbritannien: hier wurde unter dem Namen „Helen House Hospiz“ 1982 in Oxford das erste Kinderhospiz eingerichtet. Eine Kinderkrankenschwester hat ein an einem Tumor erkranktes Kind und deren Familie nach dem ersten Krankenhausbesuch bis zum Tod begleitet und erkannt, welche Hilfen notwendig und möglich sind und dass neben dem erkrankten Kind auch die Familie dringend Unterstützung benötigte.

1998 folgte in Trägerschaft der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe die Gründung des ersten Kinderhospizes in Deutschland, das „Kinderhospiz Balthasar“ ist entstanden. Im Jahr 2009 richtete diese gemeinnützige Gesellschaft an gleicher Stelle das erste Jugendhospiz für Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre ein. Parallel dazu haben sich 6 Familien 1990 verständigt, den Deutschen Kinderhospizverein zu gründen.

In der Zwischenzeit existieren deutschlandweit 100 Hospizdienste für Kinder und Jugendliche mit u.a. 17 stationären Einrichtungen. Eins dieser Kinderhospize befindet sich hier in Magdeburg, in Trägerschaft der Pfeifferschen Stiftungen.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vereine haben über die Jahre zahlreiche Projekte und Initiativen ins Leben gerufen, um Hemmschwellen abzubauen und Zugänge für alle Betroffenen zu erleichtern.Eines dieser aktuellen Projekte ist das „Sorgentelefon Oskar“. Es ist rund um die Uhr bundesweit unter der Nummer 0800 8888 4711 erreichbar. Mit ihm finden Betroffene somit jederzeit einen kompetenten, persönlichen Ansprechpartner. Das Sorgentelefon ist kostenfrei und anonym.

Ein Kinderhospiz ermöglicht die ambulante und stationäre Betreuung dieser unheilbar und lebensverkürzend erkrankten Kinder und Jugendlichen. Aber auch Eltern und Geschwister finden unter dem Dach der stationären Kinderhospize, aber auch bei allen ambulant tätigen Kinderhospizdiensten, Ansprechpartner für diese Zeit begleitende Betreuung und auch den dringend notwendigen Ausgleich von vielen Alltagssorgen und Ängsten, die mit der Erkrankung des Kindes zusammenhängen. Damit ist das Kinderhospiz zu einem kleinen Teil Palliativbetreuung und Begleitung in den Tod. Aber nicht nur das!

Kinderhospize leisten bei weitem mehr. Sie spenden betroffenen Kindern und Jugendlichen Lebensfreude und lassen Eltern, Geschwister und Freunde in ihrem Kummer nicht allein. In Kinderhospizen wird gelacht, geredet, geträumt, gespielt, geweint, gestritten und wieder gelacht – also ein ganz normales Leben gelebt. Wer schon einmal ein Kinderhospiz besucht hat, weiß um die Lebensfreude, die hier verbreitet wird.

Wenn Eltern, Kinder und Jugendliche es wünschen kann diese Betreuung mit dem Moment der Diagnose der lebensverkürzenden Erkrankung beginnen. Aber auch zu allen anderen Zeitpunkten wird Hilfe und Unterstützung gewährt. Kinderhospizarbeit hat also viele Facetten.

Die haupt- und die zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den stationären und ambulanten Hospizen unternehmen mit großem Einfühlungsvermögen, Engagement und Ideenreichtum den Versuch den kranken Kindern zusammen mit ihren Familien eine gute, gemeinsame Zeit zu schenken, tolle Erlebnisse zu schaffen und Wünsche zu erfüllen. Ihnen gehören unsere Anerkennung und unser Respekt. Aber wir können noch mehr tun.

Der Bundesverband Kinderhospiz e.V. hat vor kurzem erst in einem Grundsatzpapier, auf die aktuelle Situation aufmerksam gemacht und wichtige Forderungen formuliert. Einige dieser Forderungen greifen wir in unserem Antrag auf. Zunächst sind Forderungen formuliert, die nur der Bundesgesetzgeber ändern kann, deshalb fordern wir die Landesregierung auf, im Bundesrat aktiv zu werden.

Die Einführung einer neuen Pflegekategorie „Aufwendige Pflege“ als Ergänzung zur Grund-, Behandlungs- und Intensivpflege durch den Bundesgesetzgeber hilft vielen betroffenen Familien, die notwendigen Ansprüche gegenüber den Kostenträgern leichter geltend zu machen.

Noch zu oft verweigern gesetzliche und private Krankenkassen die häusliche Pflege, widerrufen bereits erteilte Bewilligungen und kürzen scheinbar willkürlich genehmigte Pflegestunden. Und dies nur, weil die Kriterien für Intensivpflege sehr eingrenzend sind.

Wir sind uns hoffentlich darin einig, dass in solchen Situationen keiner Familie ein langwieriger, zeit- und kraftzehrender Beantragungs- und Widerspruchsmarathon zuzumuten ist.

Immer wieder äußern betroffene Eltern die Vermutung, dieses Vorgehen sei eine Zermürbungsstrategie der Krankenkassen und -versicherer mit dem Ziel, ihre Kosten zu senken – denn gerade Intensivpflege ist vergleichsweise teuer.

Zeit und Kraft benötigen Eltern mehr für das Miteinander mit ihren erkranken Kindern.

Hier muss und kann Politik kurzfristig und nachhaltig eine einheitliche Regelung schaffen und das auch schnell.

Ähnlich verhält es sich mit unserer Forderung, die Intensivpflegebewilligungen auf 12 Monate für lebensverkürzend erkrankte Kinder zu erhöhen. Eltern sollten die verbleibende Zeit gemeinsam mit ihren Kindern verbringen können und zwar ohne Kostendruck und Antragsflut.

Wie ihnen sicher klar ist, führen nicht nur die Diagnose, sondern auch die Behandlung und Pflege betroffene Familien an ihre Grenzen.

Die ambulante oder auch stationäre Betreuung in den Kinderhospizen bzw. auch die Tätigkeit vieler ehrenamtlich Tätiger in den Hospizvereinen schafft Entlastungen für Eltern und Räume für Zuwendung an die Geschwister, die sehr oft zu kurz kommen.

Aber auch nach dem Tod eines Kindes benötigen viele Eltern und Geschwister eine Trauerbegleitung, die über den Tag des Abschiedes, der Beerdigung hinaus reicht. Diese Betreuung wird gewährleistet, allerdings nicht finanziert – dazu müssen Spenden eingeworben werden. Wir finden, auch hier ist dringender Handlungsbedarf, es bedarf einer geregelten Finanzierung der Geschwisterbegleitung!

All diese Forderungen gelten gleichermaßen für die stationäre und ambulante Hospizversorgung.

Zudem unterbreiten wir in unserem Antrag auch Vorschläge, die Landeslösungen ermöglichen.

Das bestehende Angebot an Beratung, Unterstützung und Information für betroffene Familien soll auf seine Alltagstauglichkeit und Aktualität überprüft werden, dies ist unser erster Vorschlag.

Selbstverständlich ist uns schon klar, dass seit 2017 eine Rahmenvereinbarung mit den Kostenträgern existiert, die durch Kostensätze die medizinisch-pflegerische Leistung abdeckt und damit die Arbeit der Träger der stationären und ambulanten Hospizarbeit ermöglicht und erleichtert. Allerdings ist auch noch einiges offen, ich will an dieser Stelle nur mal ein paar Stichworte nennen: besondere Regelungen bei Kündigung, Schwangerschaftsvertretungen, Pflicht drei Jahre Berufserfahrung nachweisen zu müssen, Nachweisführung zu Zusatzqualifikation Pädiatrische Palliative Care, Führen, Leiten und Koordination).

Es sind bei weitem noch nicht alle notwendigen Kosten erfasst, ein Mehrbedarf an Personal im Einzelfall nicht abgedeckt. Dies betrifft vor allem die Möglichkeit des Einsatzes pädagogisch- psychologischen Mitarbeiterinnen, die die Trauerarbeit gewährleisten können, auch über den Tag der Beisetzung hinaus.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch mal auf die von mir gestellte kleine Anfrage verweisen. Sie ist mit der Drucksachen-Nummer 7/ 2868 für alle zugänglich. Hier finden wir den Satz, ich zitiere: „ Das Kinderhospiz hat die erforderlichen Spenden für den laufenden Betrieb bisher stets einwerben können, dies sind etwa 400.000 Euro pro Jahr.“ (Zitatende)

Das macht, so finden wir, auch noch mal die Dimension deutlich, um die es hier geht, und unterstreicht, die von uns aufgezeigten Problemlagen, mit denen sich die Träger der stationären und ambulanten Kinderhospize neben ihrer eigentlichen Arbeit beschäftigen müssen.

Die Landesregierung soll besonders zu den Dingen, die wir hier im Land selbst regeln können, im zuständigen Ausschuss noch in diesem Jahr berichten.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.