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Andreas Höppner zu TOP 8: Zukunft der Uniklinika sichern

Meine Damen und Herren,

die groben Fehler in der Vergangenheit holen einen immer wieder ein. Vor allem dann, wenn man nicht gewillt oder in der Lage ist, diese in der Gegenwart und der Zukunft zu ändern bzw. zumindest zeitnah auszugleichen.

So ist es auch mit dem Zustand der Unikliniken in Sachsen-Anhalt. Insbesondere die Uniklinik Magdeburg war und ist medial in den letzten zwei Wochen stark im Fokus der Öffentlichkeit. Überschriften in den Zeitungen wie „Uniklinik lädt Personal zur Krisensitzung“, „Zusammenrücken in der Krise“, „Uniklinik tief in den roten Zahlen“, „Sanierungsfall Uniklinik Magdeburg“, „Universitätsklinikum schließt Krebsstation“ und „Zustände an Uniklinik lange bekannt“ beherrschten die Medienwelt nicht nur in Sachsen-Anhalt und beschreiben allein schon in den Überschriften die Situation und Fehlentwicklungen.

Treffend fand ich übrigens auch die Überschrift in der Volksstimme vom 18.05.2019 mit dem Titel: „SPD warnt vor Koalitionsstreit“. Kollegin Pähle betonte da weiter: "Wir haben alle gemeinsam Rückstände aus der Vergangenheit aufzuarbeiten." Nun, liebe Kollegin, da haben Sie grundsätzlich recht und ich finde, Sie haben sogar eine ganze Menge aufzuarbeiten, z.B. rund 800 Millionen Euro Investitionsstau und viele andere Defizite in den Unikliniken.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie haben in einer weiteren Angelegenheit recht. Ein Koalitionsstreit aus dieser Sache zu machen, wäre Quatsch. Denn Schuld an dieser ganzen Misere sind gleichermaßen CDU und SPD in den vorangegangenen Landesregierungen und auch in der jetzigen Regierung. Auch nicht ein Minister allein, sondern die gesamte Regierung und die Koalition insgesamt sind hier für diese Zustände und Vorkommnisse verantwortlich zu machen. Sie haben die Haushalte und damit Finanzzuweisungen bzw. die Nichtzuweisungen in der Vergangenheit und auch jetzt so beschlossen. Das Ganze mit der Klarheit vor Augen, was diese Politik und diese Beschlüsse für die Unikliniken bedeuten würden. Nämlich das was wir da gerade live erleben und täglich in den Medien lesen dürfen.

Ich gebe aber auch zu, dass es nichts bringt Schuldige festzustellen oder zu benennen, denn es hilft den Unikliniken, den Patienten und Beschäftigten dort direkt und akut nicht weiter. Über eine schlechte Regierungspolitik entscheiden dann eher die Bürgerinnen und Bürger bei den nächsten Wahlen an der Wahlurne.

In den Medien bzw. auch im letzten Ausschuss WIR wurde vom Investitionsstau in Höhe von 800 Millionen Euro sowie massiven und schweren Mängeln berichtet, die darin münden, dass einzelne Bereiche geschlossen oder verlegt werden mussten. Es wird berichtet von einem Gutachten des Prüfunternehmens Ernst & Young vom Mai. Darin werden verschiedenste Mängel und Gefahren aufgelistet: In vier Bereichen des Uniklinikums und ich zitiere aus der Volksstimme vom 22.05.2019: „... besteht demnach als Ergebnis lange bekannter baulicher und hygienischer Mängel jetzt höchste Patienten- und/oder Mitarbeitergefährdung. Es bestehe das Risiko, dass die Patientenversorgung eingestellt werden muss. Dies ist im Bericht jeweils vermerkt. Die Gutachter dokumentierten ihre Ergebnisse auch mit Fotos.“

Es wird weiter berichtet, dass es im Hautklinik-Gebäude schwere Mängel beim Brandschutz und in der Hygiene gibt,  der OP in mehr als schlechtem Zustand ist und Sanitäranlagen schimmeln. Im bereits geschlossenen oder verlegten Teil für Hämatologie und Onkologie gibt es schwere Keimbelastungen mit Grenzwertüberschreitungen und der damit einhergehenden Gefahr durch multiresistente Keime. 2014 gab es ein Schreiben des Gesundheitsamts, wonach in zwei Fällen ein für Krebspatienten hochgefährlicher Erreger festgestellt worden sei. Zwischen 2014 und 2017 soll es sogar einen Ausbruch durch multiresistente Keime gegeben haben, woran drei Patienten erkrankten. Die Verantwortlichen der Uniklinik können nicht ausschließen, dass sich solche Vorkommnisse wiederholen. Wie auch.

Schlimmer finde ich aber die Tatsache, dass das Handeln des Klinikvorstandes auch noch durch die zuständigen Minister kritisiert bzw. in Frage gestellt wird. Bei dieser Vielzahl an Bau-, Hygiene-, Brandschutz- und Arbeitsschutzmängeln bleibt den Verantwortlichen doch gar nichts anderes übrig, als sofort zu handeln und die Gesundheit von Patienten sowie Beschäftigten zu schützen. Hygieneprobleme, meine Damen und Herren, unterschätzt man nicht. Jeder Brandschutzmangel kann in einer Katastrophe münden. Das Leben und die Gesundheit von Patienten und Beschäftigten stehen immer an erster Stelle und nicht das ständige Hinterherlaufen hinter der schwarzen Null.

Apropos Beschäftigte: Wir haben natürlich das Problem, dass auch die Beschäftigten durch diese Vorgänge und der unklaren Situation stark verunsichert werden. Die ganzen Berichte sind ja wirklich mehr als alarmierend. Ein Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen schon jetzt physisch und psychisch an ihre Grenzen und teilweise darüber hinaus, um eine bestmögliche Patientenversorgung sicherzustellen. Die Personaldecke ist dünn und krankheitsbedingte Ausfälle können nur schwer kompensiert werden.

Ich will an dieser Stelle klar sagen, dass das überhaupt keine Kritik an der Leistung der Beschäftigten ist, die wirklich alles tun. Vielmehr ist das eine Kritik an den schlechten Bedingungen, unter denen sie arbeiten müssen. In vielen Bereichen komme es zu Engpässen und somit auch zur Mehrarbeit und Überlastung. Unter solchen Voraussetzungen können und wollen die Beschäftigten nicht arbeiten.  Das sollte Ihnen zu denken geben. Wenn jemand wirklich beurteilen kann, wie die Situation am Uniklinikum ist, sind es die Beschäftigten. Das sollten Sie sehr ernst nehmen.

Die Beschäftigten werden mit ihren Sorgen ganz einfach allein gelassen. Wir haben öfter vorgeschlagen, dass man hier gesetzliche Regelungen treffen könnte, die zumindest verhindern würden, dass immer weiter Geld z.B. auch auf Kosten der Beschäftigten gespart wird. Sie könnten gesetzliche Mindeststandards einführen; nicht grundlos hat ver.di schon im letzten Jahr die bundesweite Kampagne „Der Druck muss raus" gestartet. Arbeitsbedingungen, die jeden Beschäftigten bis an die eigene Belastungsgrenze und darüber hinausbringen, sind – das wissen Sie – eine Gefahr für die Beschäftigten selbst und deren Gesundheit wie auch für die Gesundheit der Patienten.

Auch vor dem Hintergrund ist eine weitere Hinhaltetaktik und Sparpolitik völlig unverantwortlich. Es gefährdet die Patientenversorgung sowie Forschung und Lehre an den Unikliniken. Es gefährdet den über die Landesgrenzen hinweg wirklich guten und tadellosen Ruf unserer Unikliniken.

Viele von meinen Verwandten und Bekannten haben sich in den letzten Jahren z.B. in der Uniklinik Magdeburg behandeln lassen und lobten die Klinik. Sie lobten insbesondere das Personal, welches sich unter schwierigen Umständen mit Kompetenz und Einsatzbereitschaft alles Erdenkliche für das Wohl und die Gesundheit der Patienten einsetzt.

Aber die Beschäftigten sind auch gefrustet. Grund für den Frust der Mitarbeiter ist die jahrelange Mehrbelastung, ausgelöst durch die Finanzknappheit des Hauses sowie ausgebliebene Landesmittel für Investitionen in Infrastruktur und Geräte.  In der Folge und wegen der schwierigen Bedingungen hätten etliche Mitarbeiter das Klinikum bereits verlassen.

Doch statt sich darüber Gedanken zu machen, schnell zu handeln und die gravierenden Fehler der Vergangenheit auszubügeln, bleibt diese Landesregierung in der Defensive. Schlimmer noch. Täglich tun sich neue Fragen auf und ich kritisiere an dieser Stelle insbesondere die Informationspolitik. Ich hätte erwartet, dass wir Abgeordnete bzw. der Landtag in dieser doch akuten und schwierigen Situation regelmäßig und sofort über aktuelle Erkenntnisse und Vorkommnisse informiert werden. Das ist aber nicht im Ansatz geschehen. Nur aus den täglichen Nachrichtenmeldungen erfuhren wir z.B. über einen Brandbrief, über das Ernst & Young Gutachten, über Mängel in Größenordnungen usw. Man kann sich hier leider des Eindrucks nicht erwehren, dass etwas unter dem Tisch fallen sollte.

Und deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sofort einen transparenten Prozess einzuleiten und die bestmögliche Lösung für die Zukunft der Uniklinka vorzubereiten, wie wir dies auch in unserem Antrag vorschlagen. Jetzt heißt es, sofort und schnell alle Optionen zu prüfen und die beste Lösung umzusetzen.

Es wird also Zeit, die vergangenen Fehler auszubügeln und Chancen nicht verstreichen zu lassen. Jetzt muss die Landesregierung es endlich schaffen, auf Augenhöhe mit allen Beteiligten im Sinne des Klinikums und der Beschäftigten zu agieren. Die Landesregierung hat jetzt alle Optionen der Trägerschaft ernsthaft und transparent zu prüfen. Sie hat ein Gesamtkonzept zur Zukunft des Universitätsklinikums vorzulegen, das eine gute regionale Patientenversorgung ermöglicht, und dass das Universitätsklinikum zu einem über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinaus weiterhin anerkannten Standort exzellenter Wissenschaft und Lehre bleibt.

Dann kann ich mir gut vorstellen, dass dann wieder die notwendige Ruhe um die Unika entstehen kann und eine breite Zustimmung vor Ort und hier im Landtag zu erreichen ist.

Ich danke Ihnen.