Änderung des Vergabegesetzes laut Koalitionsvertrag – kein Fortschritt für Arbeitnehmer*innen
Die im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und FDP enthaltene Änderung des Vergabegesetzes bewertet Wulf Gallert, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, wie folgt:
„Eine der wichtigsten Meldungen der zukünftigen Koalitionspartner zu den Inhalten des Koalitionsvertrages war der Mindestvergabe-Lohn, der sich in Anlehnung an die Entlohnung in der untersten Eingruppierung des öffentlichen Dienstes auf etwa 13 Euro pro Stunde beziehen soll.
Allerdings wird dieser höhere Vergabe-Mindestlohn für eine große Zahl von öffentlichen Aufträgen keinerlei Bedeutung erhalten. Denn gleichzeitig verabredeten CDU, SPD und FDP die Anhebung der Schwellenwerte für die Anwendung des Vergabegesetzes im erheblichen Maße. Für Dienstleistungen wird der Schwellenwert von 25.000 auf 40.000 Euro erhöht, für Bauleistungen von 50.000 auf 120.000 Euro. Dazu wird ein neuer Schwellenwert für Aufträge im Hoch- und Tiefbau von einer Million Euro eingeführt. Schon da stellt sich die Frage, ob der vorhergenannte Schwellenwert von 50.000 Euro für Bauleistungen noch rechtssicher angewendet wird, wenn im gleichen Bereich ein anderer Schwellenwert von einer Million Euro existiert. Darüber hinaus stellt die Festlegung, dass Aufträge im Hoch- und Tiefbaubereich unter einer Million Euro gar nicht mehr nach dem Vergabegesetz ausgeschrieben werden müssen, ein erhebliches Problem für die Einhaltung fairer Wettbewerbsregelungen und der Korruptionsbekämpfung dar.
Alle Aufträge der öffentlichen Hand, die unterhalb dieser Schwellenwerte liegen, werden zukünftig vom Vergabe-Gesetz gar nicht mehr erfasst. Damit gilt in diesem Bereich auch der neue Vergabe-Mindestlohn nicht.
Der vermeintliche Erfolg der SPD in den Koalitionsverhandlungen droht damit ins Leere zu laufen. Insbesondere auf der Ebene der Kommunen werden viele Aufträge vollständig aus den Regeln des Vergabegesetzes fallen. Letztlich bleibt zu betonen, dass die Festlegung zu öffentlichen Vergaben im Koalitionsvertrag keine Verbesserung aus der Perspektive von Arbeitnehmer*innen darstellt. Wie im Bereich der steuerpolitischen Initiativen auf Bundesebene, trägt auch hier der Koalitionsvertrag deutlich die Handschrift der FDP.“
Magdeburg, 12. August 2021