Abschluss des 19. Parlamentarische Untersuchungsausschuss – Aufarbeitung des Terroranschlags in Halle muss weitergehen
Zu der Aussprache über den Abschluss des 19. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Landtag von Sachsen-Anhalt erklärt Henriette Quade, stellvertretende Vorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE:
„Für meine Fraktion war von Beginn an klar: Dieser Untersuchungsauftrag ist grundsätzlich nicht geeignet, den Anschlag von Halle aufzuarbeiten. Einerseits weil Fragen der Arbeit der Sicherheitsbehörden, Strukturen, Analyseinstrumente und Schlussfolgerungen grundsätzlich im Innenausschuss zu bearbeiten sind. Andererseits weil der Untersuchungsauftrag die zentralen Fragen ausgeklammert: Die der Motivation des Täters und der gesellschaftlichen Entstehungsbedingungen rechten Terrors.
Es ist kein Zufall, dass die extrem rechte AfD, aufgrund ideologischer Gemeinsamkeiten, diesen wesentlichen Aspekt nicht untersuchen wollte. Die AfD-Fraktion hat diesen Ausschuss benutzt, um sich in widerlicher Weise als Beschützerin von Jüdinnen und Juden zu inszenieren, während Teile der Fraktion dieselbe rechtsextreme Ideologie vom „großen Austausch“ verbreiten, wie der Attentäter, der versuchte die Betenden in der Synagoge in Halle zu ermorden.
Festzustellen ist der Darstellungsunterschied zwischen Polizei und Betroffenen im Umgang mit den Überlebenden des Anschlags. Zusammengefasst hat es Rabbiner Borovitz mit dem Satz: Wir fühlten uns eher als Verdächtige behandelt, als die Opfer, die wir waren. Die Einsatzleitung sprach indes von einem problemfreien Ablauf. Das spricht für ein erhebliches Kommunikationsdefizit. Auch die Frage, welche Schlüsse die Sicherheitsbehörden aus der Aufarbeitung des Anschlages gezogen haben, stand nicht im Mittelpunkt der Ausschussarbeit. Angesichts der Entwicklungen rechten Terrors weltweit, der Vernetzung und der Gamification von Terror hätten die Anschläge von Pittsburgh und Christchurch zu einem Umdenken beim BKA und auch in Sachsen-Anhalt führen müssen. Sie hätten zu einer Neubewertung der Gefährdungslage führen müssen und zur Entscheidung, dass jüdische Einrichtungen und Synagogen polizeilichen Schutz benötigen.
Offen bleibt die Frage, warum keiner der befragten Polizisten den Leitfaden zum Schutz jüdischer Gemeinden der OSZE aus dem Jahr 2017 kannte, der den Schutz jüdischer Gemeinden empfiehlt. Von einem Schlussstrich kann keine Rede sein. Die Beschäftigung mit notwendigen Konsequenzen in der Arbeit der Sicherheitsbehörden im Innenausschuss und die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen rechter, rassistischer, antisemitischer Terror entsteht und stattfindet, z. B. in einer Enquetekommission, sind zentrale Herausforderungen unserer Zeit. Es ist die Verantwortung des Landtages der kommenden Legislatur, dieser Herausforderung gerecht zu werden. Erst dann können wir davon ausgehen, alles getan zu haben, was möglich und nötig ist, damit sich ein solcher Anschlag nicht wiederholen kann.“
Magdeburg, 21. April 2021