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TOP 21: Vorratsdatenspeicherung und Praxis der Auskunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten in Sachsen-Anhalt

Den Befürwortern der Vorratsdatenspeicherung fallen eine Vielzahl von Argumenten ein, um dieses - aus unserer Sicht jedoch verfassungswidrige - Agieren zu rechtfertigen.

Dabei werden immer  wieder gebetsmühlenartig beliebte Argumente verwendet, wie z.B.: „ Wir brauchen - quantitativ wie auch qualitativ betrachtet - intensivere Überwachungsmechanismen, um uns vor Kriminalität, Terrorismus und Sexualstraftäter zu schützen, und um in Ruhe und Ordnung leben zu können,“ oder  „Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten“ oder auch „Datenschutz ist Täterschutz, er steht dem Schutz unschuldiger Menschen im Wege“ usw. usw..

Keines dieser Argumente ist haltbar.

Das hat das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung auch schon einige Male deutlich ins Stammbuch geschrieben. Ich möchte hierbei nur an den Lauschangriff, das Luftsicherheitsgesetz oder den Haftbefehl erinnern.

Aber leider ist die Bundesregierung nicht nur in dieser Beziehung beratungsresistent.

Das BKA hat in einer Studie 381 Fälle benannt, in denen den Ermittlungsbehörden Verbindungsdaten fehlten, bei einer Gesamtzahl an Straftaten von ca. 6 Mio. wären dies gerade einmal 0,01 %; also eine verschwindend geringe Zahl.

Schon heute gibt es ein Reihe von rechtlich nicht zu beanstanden Maßnahmen, um auf  Daten zurückzugreifen, die zur Aufklärung von Straftaten notwendig sind.

Aber man kann doch nicht eine ganze Bevölkerung, jeden unschuldigen Bürger unter Generalverdacht stellen, in dem von allen Telekommunikationsteilnehmern die Daten auf Vorrat gespeichert werden.

Das Argument, es werden doch keine Inhalte gespeichert, ist auf Grund heutiger Technik geradezu lächerlich. In vielen Fällen lässt sich der Inhalt schon anhand der Verbindungsdaten rekonstruieren. Schon von der Person des Gesprächspartners können Rückschlüsse auf den Inhalt der Gespräche geführt werden.

Und wenn man erst einmal die Daten speichern darf, dann wird es nicht mehr lange dauern, dass dann Argumente vorgebracht werden, welche die Legitimation der Speicherung der Inhalte von Gesprächen begründen.

Das alles natürlich mit dem angeblich hehren Ziel, Straftaten und Terrorismus verhindern zu wollen.

Aber wollen wir das wirklich um jeden Preis? Wo soll das enden?

Es gibt eine Fülle von wissenschaftlichen Arbeiten, in denen die Ursachen von Kriminalität und Terrorismus aufgezeigt werden.

Aber anstatt, dass sich Politik mit diesen Ergebnissen intensiv beschäftigt und Konzepte entwickelt, wie diese Ursachen beseitigt werden können, wird immer nur und immer wieder nach noch mehr Überwachung, nach immer größeren Einschränkungen von Freiheitsrechten gerufen, wohl wissend, dass dies niemals zu einer kriminalitätsfreien Gesellschaft führen wird und kann.

Im Gegenteil, der Staat wird zum Täter und provoziert damit geradezu eine Gewaltspirale. Und genau das wird dann wieder zur Begründung für einen weiteren Abbau von Grund- und Freiheitsrechten herbeigezogen. Dem muss ein Ende gesetzt werden!

In den Ländern, in denen bereits eine Vorratsdatenspeicherung praktiziert wird, ist kein Rückgang der Kriminalität zu verzeichnen, von einer abschreckenden Wirkung kann also keine Rede sein.

Das Bundesverfassungsgericht hat schon im Jahr 2003 folgendermaßen geurteilt:

„Insofern genügt es verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, dass die Erfassung der Verbindungsdaten allgemein der Strafverfolgung dient. Vorausgesetzt sind vielmehr eine Straftat von erheblicher Bedeutung, ein konkreter Tatverdacht und eine hinreichend sichere Tatsachenbasis für die Annahme, dass der durch die Anordnung Betroffene als Nachrichtenmittler tätig wird…..

Voraussetzung der Erhebung von Verbindungsdaten ist ein konkreter Tatverdacht. Auf Grund bestimmter Tatsachen muss anzunehmen sein, dass der Beschuldigte mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen hat.“

Die Vorratsdatenspeicherung verpflichtet nun aber die Anbieter von Telekommunikationsdiensten, eine Registrierung aller Kommunikationsvorgänge vorzunehmen, ohne das auch nur  ein Anfangsverdacht vorliegt.

Und das dieser Vorgang leider bereits jetzt schon gängige Praxis ist, zeigt nicht zuletzt die Telekom mit ihrem Abhörskandal.

Unter der Überschrift „Wir haben mitgehört“ gibt es dazu eine interessante Abhandlung in der neuesten Ausgabe der Wirtschaftswoche.

Und ich zitiere nur eine Stelle aus diesem Artikel:
„Aus heutiger Sicht wirkt die Affäre vor knapp zwölf Jahren wie ein Kriminalstück in drei Akten mit fast tragikomischen Zügen.

Erst schreiten die Akteure, wie es scheint, wider Gesetz und Einwände forsch zur Tat. Sodann wird die Untat verdreht, beschönigt und vertuscht. Schließlich deckt der Staat nach etwas Wortgetöse den Mantel des Schweigens darüber.“

Ja, nun kann man sagen, es ist ein Skandal (Das würden wir an dieser Stelle tun.)

Oder man kann anerkennend verbuchen, dass die Telekom mit ihren Mega-Datenbanken im vorauseilendem Gehorsam der Zeit ein wenig voraus war.

Wenn sich niemand mehr sicher sein kann, frei zu kommunizieren, leidet darunter in nicht unerheblichem Maße die Zivilgesellschaft, das gesellschaftliche Miteinander und es entsteht folglich ein Klima der Verunsicherung.

Das kann und das darf nicht gewollt sein.

Wir werden dem Antrag zustimmen.