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TOP 17: Initiative für ein Verbot des Vereins „Die Heimattreue Deutsche Jugend e. V.“

Die Heimattreue Deutsche Jugend ist seit Mitte 2007 zunehmend ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten. Wer zufällig die Homepage der HDJ anklickt, könnte zunächst den Eindruck vermittelt bekommen, es handelt sich um irgendeine Pfadfinderorganisation. Doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich, welche Ziele unmissverständlich verfolgt werden. Wort- und Bilderwahl sowie Werbevideos auf diesen Seiten sprechen eine klare unmissverständliche Sprache. Ziel ist die Erziehung von Kinder und Jugendlichen im völkisch-nationalistischen Geist.

Damit bereits zu Beginn meiner Ausführungen keine Missverständnisse aufkommen, folgende Vorbemerkung: Niemand von uns unterliegt der irrigen Annahme, dass allein mit einem Verbot des Vereins der Heimattreuen Deutschen Jugend das Problem rechtsextremistischer Einstellungen in dieser Gesellschaft gelöst werden kann.

Denn selbstverständlich müssen wir uns nach einem hoffentlich erfolgreichen Verbot des Vereins folgende Fragen stellen:

Was ist mit den Kindern und Jugendlichen?

Wie erklärt man ihnen das Verbot, wo sie doch nur „Spaß und Freude“ bei Wanderungen, Kanufahrten, bei Leistungsmärschen, Heimatabenden und Liederrunden hatten?

Was ist mit den Eltern, die ihre Kinder in diese Organisation gaben, wohl wissend oder auch die Augen bewusst oder unbewusst verschließend, dass ihre Kinder dort im völkisch nationalen Sinne gedrillt werden sollten? Sie taten dies nicht versehentlich, sondern in der Regel im Rahmen einer ganz bewusst getroffenen Entscheidung.

Durch ein Verbot der Heimattreuen Deutschen Jugend werden ihre Einstellungen nicht verändert. Ein Verbot verhindert nicht die nationalsozialistische Kindererziehung in diesen Familien. Das heißt: die Zivilgesellschaft ist an dieser Stelle gefordert und gefragt. Es bedarf pädagogischer Konzepte, es bedarf der Stärkung der Demokratie, es bedarf Alternativen. Ansonsten laufen Kinder und Jugendliche den vermeintlichen Idealen dieses Vereins wie den Flötentönen des Rattenfängers von Hameln hinterher.

Und es müssen Angebote an Alternativen sowohl für die Kinder und Jugendlichen als auch für die Eltern vorhanden sein. Ja, ich möchte es so nennen, es muss an dieser Stelle eine Art Aussteigerprogramm existieren.

Aber da endet dann oftmals die Verantwortung von Politik und Gesellschaft, denn wie wir erfahren mussten, wurde auf Bundesebene gerade die Finanzierung der Aussteigerprogramme für NPD-Mitglieder beendet.

Aber ein Verbot dieses Vereines wäre ein erster wirklicher Schritt in die richtige Richtung.

Und so begrüßen und unterstützen wir ausdrücklich die Initiative von Innenminister Hövelmann, sich beim Bundesinnenministerium für ein Verbot der Organisation einzusetzen.

Auch wenn auf meine Kleine Anfrage am 18. März 2008 (Drs.: 5/1174) zu Aktivitäten der HDJ geantwortet wurde oder werden konnte, dass in Sachsen-Anhalt noch keine Strukturen oder Objekte der HDJ bekannt sind, kann uns dies nicht im geringsten beruhigen. Wehret den Anfängen, kann da nur gesagt werden.

Die Heimattreue Deutsche Jugend ist ein neonazistischer, rechtsextremistischer Jugendverband. Der Verein zielt darauf ab, bereits Kinder und Jugendliche durch vorgeblich unpolitische Aktivitäten wie Zeltlager, Pflege völkischen Brauchtums, körperliche Ertüchtigung für die rechtsextremistische Ideologie zu gewinnen. D.h., Kinder und Jugendliche zelten zusammen, gehen wandern und sitzen am Lagerfeuer.

Wie bereits erwähnt, man könnte die HDJ für eine stinknormale Pfadfindergruppe halten.

Das ist sie aber nicht, hier werden die Neonazis von morgen ausgebildet. Bereits Kinder ab 6 Jahre werden bei der HDJ geistig und militärisch gedrillt. Das verbindet sich mit dem Ziel, die ganze Familie an die rechtsextreme Szene zu binden.

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück veröffentlichte am 26. April 2007 folgende Pressemitteilung: „Die Ermittlungsgruppe hatte festgestellt, dass es im Sommer 2006 im Bereich der Grafschaft Benthheim ein Sommercamp der NPD, der Freien Nationalen und der Heimattreuen Deutschen Jugend gegeben hatte. Das beschlagnahmte Bildmaterial zeigte Personen, die mit Waffen posiert, offenbar paramilitärische Übungen unternommen und Hinrichtungsszenen nachgestellt hatten.“

Auf einer Pressekonferenz zeigte die Staatsanwaltschaft weitere Bilder von dem Zeltlager, auf denen Zelte zu sehen waren mit den Bezeichnungen „Führerbunker“, Leibstandarte“ oder „Hitlerjugend“. Und es wurde eine Tonne gezeigt, auf welcher stand: „Entlausungsmittel“. Ich denke, ich muss das nicht kommentieren.

Die Buchautorin Andrea Röpke erklärte dazu: „Die HDJ ist in erster Linie als Kaderschmiede für die Führungsleute von morgen gedacht, das heißt, die braune Elite soll keine Massenorganisation sein, sondern eine Untergrund-Organisation, welche die Führer heranzieht. In Bayern sind schon 14- und 15jährige Einheitsführer. Diese  jungen Leute, die vielleicht schon in der zweiten oder dritten Generation aus Neonazi-Familien kommen, werden nach Außen hin arbeiten und sind die Leute, die uns später alle beschäftigen werden….“

Die Erziehung zum Nationalsozialismus besorgen alt gediente   Kader der NPD und der Kameradschaften. Auffallend ist dabei, dass es nicht nur inhaltliche, sondern auch personelle Parallelen zu der im Jahr 1994 verbotenen Wiking-Jugend gibt. Der derzeitige Bundesführer und einige andere HDJ - Mitglieder waren früher alle führend in der Wiking-Jugend aktiv.

Die Kinder und Jugendlichen werden in eine völkisch-nationale Parallelwelt eingeführt.

Eine Aussteigerin weiß zu berichten, dass die Kinder dort auf zu erwartende Straßenkämpfe vorbereitet werden. Im „Funkenflug“, der Zeitung der HDJ wird gefordert: „Wir brauchen Kämpfer von fanatischer Besessenheit und zäher Ausdauer“.

Und da muss die Frage wohl erlaubt sein bzw. muss gestellt werden, wieso so eine Organisation bis heute nicht verboten ist?

Die Antwort ist erschütternd. Es herrscht Zuständigkeitsgerangel zwischen dem Bund und den Ländern. Während die Landesregierungen (zumindest die, die sich damit intensiv beschäftigen; jedoch dazu scheint Sachsen nicht zu gehören) der Auffassung sind, dass der Bund für das Verbotsverfahren zuständig ist, da der Verein bundesweit agiert, sah der Bund das aus formalen Gründen bislang ganz anders.

Und nun prüft und prüft und prüft die Bundesregierung ….. bisher ergebnislos

Hoffen wir, dass nicht zuletzt durch die Initiativen aus Sachsen-Anhalt und anderen Ländern ein Verbot der HDJ schnellstmöglich ausgesprochen wird und das nicht nur allein wegen des Verstoßes gegen das Uniformverbot.

Wir sind ansonsten in unserer Kritik an Entscheidungen, die Staatsanwaltschaften und Gericht fällen sehr vorsichtig und das soll auch so bleiben. Aber auch wir müssen uns der Kritik an der Entscheidung der Staatsanwaltschaft Rostock anschließen, welche die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen die HDJ verfügte. Diese Entscheidung ist für uns nicht akzeptabel.

Lassen Sie mich noch einmal auf den Beginn meiner Rede zurückkommen und an dieser Stelle noch einmal die Journalistin Andrea Röpke zitieren: „Ein Verbot der HDJ verhindert nicht die nationalsozialistische Kindererziehung in diesen Familien. Wir müssen pädagogische Konzepte entwickeln, wir müssen die Demokratie stärken und versuchen, an diese Kinder heranzukommen, um ihnen zu zeigen, dass das, was sie in ihrer braunen Parallelwelt erleben nicht das richtige ist. Demokratie ist besser, Demokratie ist wirksamer.“

Und dem habe ich nur hinzuzufügen: In dieser Verantwortung stehen wir alle.