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TOP 15: Auswirkungen der Änderungen des BKA-Gesetzes auf Sachsen-Anhalt

„Da kommt Übles auf uns zu!“ - titelt das Neue Deutschland vom 21.6.2008.

Und  der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Ströbele stellte am 20.6.2008 in der Bundestagsdebatte zum BKA-Gesetz folgende bemerkenswerte Frage: „Müssen Bundesinnenminister so sein, dass sie alle paar Wochen in den Deutschen Bundestag kommen und dem Parlament die Aufgabe zuweisen wollen, neue Sicherheitsgesetze und Sicherheitsinstitutionen unter Inkaufnahme der Einschränkung der Bürgerrechte einzuführen? Hätte das Land nicht einmal einen Bundesinnenminister verdient, der in den Bundestag kommt und sagt: „Ich habe Dutzende von Sicherheitsgesetzen der letzten Jahrzehnte  evaluieren lassen und eine ganze Reihe gefunden, die überflüssig und gefährlich sind.“

Wir haben dazu eine ganz klare Antwort: Ja, dieses Land hätte solch einen Innenminister verdient. Und eines dieser Gesetze, wenn es denn beschlossen werden sollte, welches sofort abgeschafft gehört, ist der Entwurf des „Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das BKA“.

Im Rahmen der Föderalismusreform wurden dem BKA präventive Befugnisse zur Bekämpfung des „internationalen Terrorismus“ eingeräumt, welche bislang der Landespolizei zustanden. Bei unklarer Zuständigkeit eines Bundeslandes - was immer das auch bedeuten mag - oder, wenn mehr als ein Bundesland betroffen ist, soll in Zukunft das BKA Fälle an sich ziehen können, die ansonsten in Landeshoheit bearbeitet worden wären. Zu diesem Zweck erhält es umfangreiche Befugnisse und ein Selbsteintrittrecht, damit de-facto- auch ein Weisungsrecht.

Polizeibehörden des Bundes und der Länder sind zur Amtshilfe verpflichtet. Nicht zuletzt deswegen sprechen viele Politiker von einem deutschen FBI, das mit Vorfeldbefugnissen sich über die bisherigen Länderstrukturen - ggf. auch machtpolitisch - hinwegsetzen kann.

Mit dem neuen BKA-Gesetz wird erstmals wieder eine Behörde auf deutschem Boden in die Lage versetzt, sowohl über sämtliche Befugnisse eines Geheimdienstes als auch der Polizei zu verfügen.

Die  nunmehr umfassenden Kompetenzen des BKA verletzen damit das Trennungsgebot in eklatanter Weise, zumal die gleichzeitige Inanspruchnahme polizeilicher und geheimdienstlicher Befugnisse keiner rechtsstaatlichen, parlamentarischer Kontrolle unterliegt, wie das zumindest ansatzweise durch G 10 Kommission oder PKK erfolgen kann.

Im Grundgesetz ist Polizeiarbeit als Ländersache formuliert. Mit dem neuen BKA-Gesetz wird in die Arbeit der Landeskriminalämter und der Landespolizei in nicht zu verantwortenden Weise eingegriffen und Misstrauen in die Arbeit der Landespolizei gesät.

Kompetenzstreitigkeiten auf Grund unklarer Abgrenzungskriterien werden die Folge sein.

Völlig unverständlich wird es dann aber, wenn man sich die Einbringungsrede des  Bundesinnenministers ansieht, der folgendes erklärt: „Es geht nicht darum, dem Bundeskriminalamt neue Befugnisse zu verschaffen, sondern es geht darum, dem BKA eine neue Aufgabe zu übertragen, die bisher ausschließlich die Polizeien der Länder haben.“

Ja, wie denn nun!? Soll das dann nun sogar ohne die entsprechende Befugnis erfolgen?

Aber so ganz ist sich der Bundesinnenminister wohl nicht im klaren, was er eigentlich meint, denn er erklärt dann weiter: „Und wenn man dem BKA die Aufgabe polizeilicher Gefahrenabwehr überträgt, dann muss man ihm natürlich auch die gesetzlichen Instrumente zur Verfügung stellen, über welche die Länderpolizei seit 50 Jahren verfügt. Es geht also nicht um neue Befugnisse, sondern es geht um eine neue Aufgabe.“

Bei der Übertragung lediglich einer neuen Aufgabe hätte es sicher nicht dieses Gesetzentwurfes bedurft.

Das BKA-Gesetz stellt einen klaren Tabubruch dar. Es stellt das Grundgesetz auf den Kopf. Aus dem verfassungsmäßig verbrieften Recht, dass die Grundrechte Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat darstellen, wurde ein gesetzlich festgeschriebenes prinzipielles Misstrauen des Staates gegenüber seinen Bürgern, werden damit alle Bürger unter Generalverdacht gestellt. Ein beredtes Beispiel dafür ist die heimliche Online - Durchsuchung.

Es ist technisch heute überhaupt kein Problem mehr, durch „Bundes-Trojaner“ private Computer komplett fernzusteuern. Das Einschalten von Webcams, die akustische Raumüberwachung per Mikrofon, das Abhören von Internet-Telefonaten usw. ist alles möglich. Besonders kritisch wird dabei von Experten gesehen, dass eine solche Online -Durchsuchung auch das Anlegen und Verändern von Dateien auf dem durchsuchten Computer ermöglicht. Beweismittel können per Mausklick problemlos und spurenfrei auf dem Rechner angelegt oder manipuliert werden, ohne das der dann Verdächtige eine Chance hat, die Manipulation nachzuweisen. Schnell kann damit eine missliebige Person mundtot gemacht werden.

Weitere Befugnisse, die das BKA künftig erhalten soll, sind:

  • persönliche Daten sammeln,
  • Befragungsrecht/Auskunftspflicht,
  • Identitätsfeststellung,
  • Besondere Mittel der Datenerhebung,
  • Rasterfahndung,
  • Telekommunikationsüberwachung,
  • Vorratsdatenspeicherung,
  • Handyortung,
  • Polizeiliche Befugnisse der Gefahrenabwehr usw.

 

Ja, es kommt Übles (wie ich eingangs zitierte) auf uns zu! Aber noch kann es verhindert werden, wenn viele Länder - und wir hoffen auch Sachsen-Anhalt - im Bundesrat gegen dieses Gesetz stimmen.