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TOP 14: UNESCO-Welterbeliste

Am 16. November 1972 verabschiedete die 17. Generalkonferenz der UNESCO in Paris das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ – besser bekannt als „Welterbekonvention“. Es trat am 17. Dezember 1975 in Kraft, seither sind 185 Staaten beigetreten.

Die Leitidee der Welterbekonvention war die Erwägung, dass Teile des Kultur- und Naturerbes von außergewöhnlicher Bedeutung sind und deshalb als Bestandteil des Welterbes der ganzen Menschheit erhalten werden müssen. Das ist die Kerndefinition.

Alle originären Kunstwerke sind einmalig. Trotzdem kennt ein jeder von uns einige wenige Bilder, Bauwerke oder Naturflecken, bei deren Nennung jeder sofort das im Prinzip gleiche Bild, die gleiche Erinnerung im Kopf hat. Individuelle Nuancierungen kommen erst später. Solche „außergewöhnlichen“ Werke oder Gebiete sind Menschheitserbe und sollen geschützt werden – als Kultur- oder Naturerbe – für heute und für künftige Generationen. Das ist eine kluge, eine humanistische Idee, die unsere volle Unterstützung hat.

Was aber ist tatsächlich „Außergewöhnlich“? Dieses Kriterium hat seine eigene Geschichte seit Inkrafttreten der Welterbekonvention. Einmalig und außergewöhnlich stehen sich gegenüber und werden mit jeder Entscheidung der UNESCO-Fachgremien weiter spezifiziert.

Einmalig ist jedes Kunstwerk, aber ist deshalb auch außergewöhnlich?

Gegenwärtig stehen 878 Kultur- und Naturerbestätten aus 145 Staaten auf der UNESCO-Welterbeliste. 679 Kulturdenkmale und 174 Naturerbestätten. 25 Eintragungen in die Welterbeliste gehören sowohl dem Kultur- und dem Naturerbe an.

In Deutschland gibt es 33 UNESCO-Welterbestätten, 11 weitere Kultur- und Naturgüter sollen von der Bundesrepublik Deutschland zur Aufnahme in die Welterbeliste im Zeitraum bis 2010 angemeldet werden.

Unser kleines Sachsen-Anhalt stellt vier Einträge in die Welterbeliste. Das sind die Altstadt von Quedlinburg (mit Stiftskirche und Schloss), die Luthergedenkstätten in Eisleben und Wittenberg, das Gartenreich Dessau-Wörlitz und das Bauhaus.

Mit diesen Welterbestätten wird verstärkt im kulturtouristischen Bereich für unser Bundesland geworben, sie sind Magneten für Besucherinnen und Besucher Sachsen-Anhalts.

Jetzt standen bzw. stehen zwei weitere Anträge auf der nationalen Liste der Bundesrepublik, die bis 2010 den Status „Welterbe“ erhalten sollten: Die Franckeschen Stiftungen in Halle und der Naumburger Dom.

Das Außergewöhnliche der Franckeschen Stiftungen sind neben der beeindruckenden Bausubstanz die Franckeschen Bildungs-Ideen. Die bei ihm aufgenommenen Waisenkinder wurden nicht nur in den schulischen Fächern gebildet, sie mussten auch handwerkliche Fertigkeiten erwerben. Diese Idee wurde weltweit aufgegriffen. Darin kann man „außergewöhnliches“ sehen. Deshalb wurde es auch zum Welterbe definiert.

Was aber ist mit dem erhabenen und für alle Betrachter eindrucksvollen Naumburger Dom? Er sollte nach ursprünglichem Wunsch bis 2010 als Weltkulturerbe geadelt werden. Was hebt ihn aus den vielen mittelalterlichen Kathedralen so heraus, dass gerade er zum Welterbe erklärt werden soll?

Diese Frage haben sich wohl auch andere in Sachsen-Anhalt gestellt mit der Folge, dass der Ursprungsantrag zurückgezogen wurde, so meine Information, und jetzt erweitert werden soll um die hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut mit:

  • dem Naumburger Dom,
  • der Altstadt Naumburg,
  • der Schönburg,
  • der Rudelsburg,
  • dem Romanischen Haus Bad Kösen,
  • der Burg Saaleck,
  • Schloss Goseck,
  • Schloss Neuenburg,
  • der Marienkirche Freyburg,
  • dem Kloster Zscheiplitz,
  • Schulpforte und den möglichen Exklaven Eckartsburg,
  • der Burg Wendelstein
  • und dem Kloster Memleben.

 

Ausdrücklich zugelassen in den Antragstellungen ist das national bedeutsame Element. Aber ist dieses Paket wirklich außergewöhnlich für die Menschheit? Und somit aussichtsreich für die Bewerbung Welterbe zu werden? Ich muss das zum Glück nicht entscheiden, und wir im Parlament müssen dies nicht tun. Und das ist gut so.

Eine weitere Welterbestätte in unserem Land würde mich als Kulturpolitiker mit Stolz erfüllen. Aber darum geht es nicht.

Im Juli meldete die Stadt Halberstadt an, sich mit dem Dom und dem berühmten Domschatz um Aufnahme in die Welterbeliste bewerben zu wollen.

Ein Gremium, das den Antrag erarbeitet, der schließlich von der Kultusministerkonferenz und vom Bund mitgetragen werden soll, konstituiert sich momentan.

Im Radio gab es – wir haben die Sendung nicht ausfindig gemacht – ebenfalls in diesem Sommer eine Nachrichten-Meldung, dass sich weitere sachsen-anhaltische Dome um eine Aufnahme in die Welterbeliste bewerben wollen. Das sachsen-anhaltische Jahr der Dome 2009 stand hier wohl Pate.

Und wieder kommen wir zur Grundfrage: Genügen alle diese großartigen Denkmale dem Kriterium „außergewöhnlich“?

Vier, demnächst fünf oder sechs Kulturstätten auf der Welterbeliste – das ist schon viel für unser kleines Land mit seinen 2,4 Mio. Einwohnern. Das Welterbe verlangt ja bekanntlich auch außergewöhnliche Pflege, verbunden mit bestimmt nicht zu vernachlässigenden Kosten.

Ich will hier an Quedlinburg erinnern. Ende der 90er Jahre war die Welterbestätte bedroht, da der Schoßberg drohte wegzurutschen und die Kommune keine finanziellen Mittel hatte, hier positiv einzugreifen. Letztendlich halfen das Land und weitere Dritte in dieser damals nicht ganz unkritischen Situation.

Weltkulturerbe ist eine internationale Konvention. In die Antragstellung um Aufnahme in die Welterbeliste gehört Selbstbewusstsein aber auch Augenmaß, das die Achtung vor den Leistungen anderer Völker ausdrückt.

Wir bitten die Landesregierung, uns bis Ende des Jahres zu informieren, welche Anträge bzw. Initiativen auf Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO es in Sachsen-Anhalt gibt.

Und wir wollen wissen, wie die Landesregierung zu diesen jeweiligen Begehren steht. Wir meinen, dass der Landtag über diesbezügliche Aktivitäten informiert sein muss und ein Recht hat zu erfahren, wie sich die Landesregierung zu diesen Begehrlichkeiten positioniert. Denn ein positives Grundvotum ist Voraussetzung dafür, überhaupt Chancen zu haben, auf die Welterbeliste der UNESCO zu kommen.