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TOP 11: Mindeststandards für ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz des Landes

Mit der zum 01. September 2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform ist bekanntlich die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug und damit auch für ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz auf die Länder übergegangen.

Und ich darf an dieser Stelle nochmals ausdrücklich an folgendes erinnern: Nahezu einhellig lehnten zum damaligen Zeitpunkt Sachverständige, Experten und Berufsverbände eine Verlagerung des Strafvollzuges auf die Länder ab. Und diese ablehnende Haltung war auch Position der LINKEN.

Eine Ländergesetzgebung im Strafvollzug - so aus Sicht der Fachwelt - ist ein Rückfall in die Zeit vor 1977, in der unterschiedliche Standards und Mindestanforderungen in den einzelnen Bundesländern existierten und dann durch das Strafvollzugsgesetz des Bundes aufgehoben und vereinheitlicht wurden. Das Bundesgesetz war ein Reformschritt für die Verbesserung der Qualität des Strafvollzuges überhaupt.

Und statt den sich seither angestauten Reformbedarf der Vollzugsgesetzgebung aufzulösen, ein bundeseinheitliches Jugendstrafvollzugsgesetz sowie ein bundeseinheitliches Untersuchungshaftvollzugsgesetz zu erlassen und damit die Resozialisierungschancen der Strafgefangenen insgesamt zu verbessern, vergab man sich diese Chance und delegierte die Gesetzkompetenz in die Hände der einzelnen Bundesländer. Aber damit droht die erforderliche zeitgemäße Ausgestaltung der Bedingungen für einen modernen Strafvollzug wie auch für die Untersuchungshaft in den zum Teil leeren Länderkassen zu verschwinden, die Kürzung personeller und sachlicher Mittel ist die Konsequenz.

DIE LINKE hätte sich für die immer noch bestehende gesetzliche Regelungslücke der Untersuchungshaft ein Bundesgesetz gewünscht, in dem die Eckpunkte und Standards der Haftbedingungen und Kriterien für die Unterbringung der Untersuchungshafthäftlinge zentral und vor allem einheitlich fixiert sind.

Der drohenden Gefahr eines „gesetzgeberischen Flickenteppichs“ versucht man nun durch die Existenz einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, der inzwischen 12 Bundesländer angehören, zu entgehen, um weitgehend einheitliche Untersuchungshaftvollzugsgesetze der Länder zu erarbeiten.

DIE LINKE begrüßt dieses Vorhaben, trotz all der zuvor benannten Kritikpunkte.

Kann doch nur noch so gewährleistet werden, dass hoffentlich weitgehend einheitliche Landesgesetze - auch für Sachsen-Anhalt - künftig verabschiedet werden. Aber das konterkariert doch wohl eigentlich das Anliegen der Föderalismusreform!

Eine bundesgesetzliche Regelung zum Untersuchungshaftvollzug findet sich bisher lediglich in § 119 StPO. Das heißt, infolge der engen Verbindung der hier zu regelnden Materie mit der Strafprozessordnung müssen die Regelungsinhalte des Landesgesetzes sorgfältig mit diesen strafprozessualen, auch künftigen, Bundesvorgaben abgestimmt sein.

Die im vorliegenden Antrag dargelegten Eckpunkte für ein künftiges Untersuchungshaftvollzugsgesetz für das Land Sachsen-Anhalt gilt es im Rahmen der Ausschussberatungen intensiv zu diskutieren, und aus Sicht der LINKEN besteht Ergänzungsbedarf.

Die bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung geltende Unschuldsvermutung verlangt die Minimierung staatlicher Eingriffe in die Rechte von Untersuchungsgefangenen. Schädliche Folgen des Freiheitsentzuges sind zu vermeiden und Beschränkungen dürfen den Gefangenen nur auferlegt werden, wenn dies zur Sicherung der Zwecke der Untersuchungshaft oder der Ordnung in der Vollzugsanstalt erforderlich ist. Es geht uns deshalb insbesondere um Mindeststandards für Unterbringung und Haftraumgröße, Arbeits- und Freizeitgestaltung, Arbeitsentlohnung, für Besuchsdauer und -erlaubnisse, Bildungsmaßnahmen oder wie auch für den Rechtsschutz von Untersuchungsgefangenen.

Wir erwarten deshalb bereits im Vorfeld der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes durch die Landesregierung die Anhörung von Sachverständigen und Experten im Ausschuss für Recht und Verfassung, um gerade ihre Positionen und Vorstellungen an ein modernes Untersuchungshaftvollzugsgesetz einfließen lassen zu können.