TOP 09: Erledigte Petitionen
Es scheint etwas ungewöhnlich zu sein, dass die LINKE sich gerade im Zusammenhang mit der Beschlussempfehlung über erledigte Petitionen im Parlament zu Wort meldet und damit die über Jahre geübte Praxis, Bericht der Vorsitzenden und Beschlussfassung der Drucksache durch den Landtag, durchbricht. Mein Redebeitrag wird sich daher nicht mit dem umfangreichen Bericht des Ausschusses, dem unsere Fraktion ihre Zustimmung gibt, auseinandersetzen.
Gegenstand meiner Rede ist vielmehr der Umgang mit Petitionen im Parlament und seinen Ausschüssen selbst.
Aus der Sicht unserer Fraktion ist das Petitionsrecht nicht nur darin begründet, dass sich Petenten mit Ihrem Anliegen auch außerhalb förmlicher Rechtsbehelfe und ungeachtet verfahrensrechtlicher Vorgaben mit ihren Sorgen, Interessen und Anliegen an den Landtag richten können. Nein gleichzeitig sollten der Landtag und seine Ausschüsse die Gegenstände von Petitionen zielgerichtet auch in ihre fachliche Bewertung von Rechtsnormen als Gesetzgeber einfließen lassen. Somit sind Themen von Petitionen gleichzeitig Seismograf für fehlende oder unzureichende Rechtssetzung bzw. daraus abgeleiteten Verwaltungshandeln.
Ich möchte daher zu drei Themen Stellung nehmen, die durchaus geeignet sind, ein Handeln des Landtages als Gesetzgeber auszulösen.
Erstes Thema ist die Unterversorgung mit Fachärzten.
Wie bereits im Bericht erwähnt erhielt der Petitionsausschuss mehrfach Petitionen zur ärztlichen Unterversorgung besonders im ländlichen Bereich, als auch zur Überbelastung von Fachärzten in den Ballungszentren. Unser Anliegen war es, dem zuständigen Fachausschuss diese Problematik näher zu bringen und auf Veränderungen hinzuwirken. Leider erhielt unser Antrag auf Überweisung in den Fachausschuss keine Zustimmung.
Erst nach medialen Berichterstattungen zur augenärztlichen Situation in Aschersleben bzw. in Magdeburg kommt nunmehr Bewegung in diese Angelegenheit, wurden aber auch die unterschiedlichen Handlungskompetenzen sichtbar gemacht. Das Problem selbst ist jedoch damit noch nicht gelöst. Der Landtag hat die Möglichkeit eines rechtzeitigen Reagierens aus meiner Sicht nicht genutzt.
Ein zweites Thema sind Abwassergebühren und Straßenausbaubeiträge.
In jeder Sitzung des Petitionsausschusses sind mindestens zwei Petitionen zur genannten Thematik auf der Tagesordnung. Hier geht es nicht nur um die Notwendigkeit der Erhebung von Gebühren und Beiträgen, sondern insbesondere über die Art und Weise der Veranlagung und Erhebung. Mittlerweile ist es gängige Praxis, dass Zweckverbände rückwirkend bis zu 12 bzw. 17 Jahre Beträge nachträglich veranlagen. Diese Handlungsweise steht im Widerspruch zum Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen im Bezug auf Straßenausbaubeiträgen, hier der Zeitraum vom Juni 1991 bis zum 21. April 1999 als Rechtsnorm auch für unser Land zutreffend, als auch dem Grundsatz der mehrfachen Entscheidungen des Landtages, möglichst keinen Zwang bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in satzungsloser Zeit auf die Kommunen im Rahmen von Haushaltskonsolidierungen auszuüben. Aber auch im Abwasserbereich wird die Auslegung des Kommunalabgabenrechts mittlerweile zum Dauersport von Zweckverbänden. Das betrifft die nicht zeitnahe Erhebung von Abwassergebühren, die Erhebung von Grundgebühren, die 90 % der eigentlichen Gebühren ausmachen und damit durch die Bürger keinerlei Anreiz bzw. Möglichkeit bieten, auf die Kosten Einfluss zu nehmen. Ähnliche Praktiken beinhalten die Festsetzung eines Mindestverbrauchs bei 25 bis 30 qm/Wasser pro Jahr, wobei der Verbrauch im ländlichen Bereich unterhalb von 20 qm liegt oder die rückwirkende Gebührenerhebung für Kalkulationszeiträume, die mehrere Zeiträume zurück liegen. Die Veröffentlichengen der Volkstimme zu den unterschiedlichen Gebühren im Bereich des Abwassers vom 23.01.2008 zeigen, dass trotz Liquiditäts- und Sanierungshilfen, eine Vielzahl von Zweckverbänden von einer KAG-konformen und betriebswirtschaftlichen Umsetzung meilenweit entfernt sind.
Ein drittes Thema ist die Umwidmung von Erholungsbauten in Wohnbauten ohne Baugenehmigung.
Hier zeichnet sich die Tendenz ab, dass kommunale Verwaltungen nicht ernsthaft genug das geltende Baurecht umsetzen, im Gegenteil durch eine nachträgliche Umwidmung Verstöße legalisiert werden. Dies alles trotz Kommunal- und Rechtsaufsicht.
Diese Punkte allein machen deutlich, dass wertvolle Anregungen und Schlussfolgerungen aus den Schwerpunkten für die Parlamentsarbeit zu ziehen wären. Das bisher praktizierte Verfahren der Fachausschüsse, überwiesene Petitionen nicht zu beraten, sondern ohne Wertung an den Petitionsausschuss zurück zu überweisen, wird diesem Anspruch nicht gerecht und verhindert ein rechtzeitiges Agieren auf die berechtigten Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Die Fraktion DIE LINKE möchte daher an alle Fraktionen appellieren, das Petitionsrecht und die sich daraus ergebenen Hinweise ernsthafter in die inhaltliche Arbeit des Parlaments einfließen zu lassen.