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TOP 06: Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Dieser Gesetzentwurf, so wie wir ihn heute beschließen, ist leider ein Gesetzentwurf der verpassten Chancen.

Ich will das an drei Beispielen deutlich machen und beginne natürlich mit der Frage der Schulen in freier Trägerschaft. Sie hätten als Koalitionsfraktionen CDU und SPD endlich einmal die Chance gehabt, hier im Hause auch ihrem Koalitionsvertrag gerecht zu werden. Das ist ja bisher kaum gelungen. Diesmal hätte es Ihnen gelingen können. Aber auch diese Chance haben Sie verpasst. Ich will aus dem Koalitionsvertrag das zitieren, was Sie dazu festgehalten haben: „Die Koalition bekennt sich ausdrücklich zu den Schulen in freier Trägerschaft. Die Finanzierung der Schulen soll sich an den Ausgaben der öffentlichen Schulen orientieren, wobei eine größere Transparenz in der Berechnung und Darstellung der Schulkosten erzielt werden soll.“

Ob uns die Orientierung an den öffentlichen Schulen mit dieser Novellierung des Schulgesetzes gelungen ist, daran würde ich ein großes Fragezeichen machen. Die Transparenz, die in der ersten Lesung fraktionsübergreifend angemahnt worden ist, ist an keiner Stelle besser geworden. Fazit: Diese Chance verpasst!

Ich will einen zweiten Punkt benennen. Ein Artikel in der heutigen Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ trägt die Überschrift: „Lehrer verzweifelt gesucht ‑ Bundesländer wetteifern aggressiv um Pädagogen“. Wir hätten im Zuge dieser Gesetzesberatung mit dem Vorschlag zu den Schulverbünden, den meine Fraktion unterbreitet hat, die Chance gehabt, uns einem zunehmend großen Problem auch für Sachsen-Anhalt ein Stück weit zu nähern. Wir hätten die Chance gehabt, ein zusätzliches Steuerungselement einzubauen, welches uns den Spagat zwischen dem politischen Willen, ein flächendeckendes Schulnetz in Sachsen-Anhalt sicherzustellen, und einem befürchteten Lehrkräftemangel ermöglicht. Diesen Spagat hinzubekommen erfordert, dass wir flexible Steuerungselemente und effektive Organisationsformen für die Schulen finden. Auch diese Chance haben Sie leider verpasst.

Die dritte Bemerkung, die ich machen will, widmet sich selbstverständlich dem Thema Schülerbeförderung. Wir hätten heute zum wiederholten Mal die Chance, bei der Entlastung der Eltern von den Kosten der Schülerbeförderung einen Durchbruch zu erzielen. Es wird uns, so befürchte ich, nicht gelingen.

Es ist zumindest ein Schritt nach vorn, dass Sie den Begründungshintergrund für unseren permanent vorgebrachten Vorschlag mittlerweile nachvollziehen. Ich entnehme dies der Begründung zu Ihrem Entschließungsantrag: Bei monatlichen Kosten von 60 € bis 120 € können Bildungschancen eingeschränkt werden. Genau um diese Tatsache geht es. Dieser Einschränkung von Bildungschancen wollen wir einen Riegel vorschieben. Deswegen werbe ich noch einmal für unseren Änderungsantrag.

Es ist mir wichtig, noch einmal auf die Entstehungsgeschichte dieses Themas hinzuweisen. Ich sage das vor einem für mich mittlerweile sehr ärgerlichen Hintergrund, dass ich immer wieder, ob in öffentlichen Runden oder in geschlossenen Ausschussberatungen, erklärt bekomme: Schnellschuss, unausgegoren, nicht finanzierbar.

Der erste Antrag, der sich mit dem Thema „Kosten der Schülerbeförderung“ befasst hat, stammt vom 31. August 2005, eingebracht von der Linkspartei.PDS. Sie merken schon am Namen, wie lange das her ist. Dazu gab es einen Änderungsantrag der damaligen Koalitionsfraktionen. Er ist in die Ausschüsse überwiesen worden. Wir haben kein Ergebnis erzielt.

Daraufhin gab es im Januar 2006 einen neuen Vorschlag meiner Fraktion. Daraus resultierte ein Beschluss dieses Hauses im Februar 2006, der die Landesregierung aufgefordert hat, Gespräche zu führen und zu berichten.

Ich könnte diese Liste fortsetzen. Wir haben am 20. Oktober 2006 einen ähnlichen Beschluss zur Berichterstattung durch die Landesregierung gefasst und wir haben mit dem letzten Haushaltsplan einen Entschließungsantrag zur Berichterstattung durch die Landesregierung beschlossen.

Das Ergebnis ist, dass Sie mir nach über drei Jahren Debatte immer noch im Ausschuss erklärt haben: Sie brauchten Zeit, das sei ein Schnellschuss und unausgegoren.

Am 13. Juni wurde die vorläufige Beschlussfassung im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Ablehnung der Koalition zu unserem Änderungsantrag mit der eben von mir vorgetragenen Begründung vorgenommen. Drei Tage später, nachdem wir das Thema fast drei Jahre beredet hatten und es unausgegoren war, musste ich feststellen: Drei Tage Gärungszeit haben genügt. Dann war es perfekt und der Finanzminister hat erklärt: Das geht. An dieser Stelle will ich sehr deutlich sagen: So können wir in diesem Haus in der Ausschussberatung mit einem so wichtigen Thema nicht umgehen.

Wenn für die Landesregierung und damit auch für die Koalitionsfraktionen die Finanzierbarkeit geklärt ist, dann können wir auch im Zuge dieser Gesetzesberatung über diesen Antrag entscheiden.

Der Entschließungsantrag, den Sie jetzt vorgelegt haben, verlängert den Diskussionsprozess, auf den ich hingewiesen habe, in das vierte Jahr bis zum Beschluss über den Haushaltsplan Ende des nächsten Jahres hinein. Wir haben für den Bildungskonvent, der sich mit dem Gesamtbereich der Schulpolitik befasst, eine maximale Diskussionszeit von drei Jahren. Für diesen einen Komplex der Schülerbeförderung benötigen wir vier Jahre, ohne zu wissen, ob wir nach diesen vier Jahren dann endlich jenseits von Absichtserklärungen in der Sache einen Beschluss fassen.

Mein Eindruck ist, dass wir an dieser Stelle ein Zuständigkeitsgerangel zwischen den Bildungspolitikern, den Verkehrspolitikern und den Finanzpolitikern haben. Deswegen will ich an dieser Stelle mit einem Zitat der Bundeskanzlerin zum Thema Bildungspolitik enden: „Die Bürgerinnen und Bürger interessieren sich nämlich nicht für Zuständigkeitsfragen. Sie erwarten, dass die Verantwortlichen gemeinsam dazu beitragen, dass unser Bildungssystem jedem die Chance auf Einstieg und Aufstieg ermöglicht.“

Ich hoffe, dass Sie sich der Bundeskanzlerin und mir anschließen.