Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

TOP 06: Entwurf eines 11. Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Mich als Lehreraus- und  -fortbildnerin interessiert dieser Prozess einer neuen Verzahnung  von Lehrerbildung und Schulqualität besonders. Wir verschließen uns nicht vor Veränderungen, die in diesem Bereich zu Verbesserungen führen können.

Das vor allem auch deshalb, weil es für meine Fraktion zwei Prämissen für jede Entscheidung über Bildungsfragen gibt: 1. Zugangsgerechtigkeit, 2. Bildungsqualität (i. e. S. Schul- und Unterrichtsqualität).

An unsere Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung knüpfen wir drei Hoffnungen:

Erstens: Wenn es mehr Verantwortung auf der einen Seite gibt, dann sollte es auch mehr Verantwortung auf der anderen Seite geben dürfen. Damit meinen wir zum ersten  die Erhöhung der Eigenverantwortlichkeit von Schule und Schulleiter bzw. von Kommune nach dem Prinzip, dass möglichst viele Entscheidungen möglichst nahe dort gefällt werden sollten, wo sie auch umgesetzt werden müssen. Damit meinen wir zum zweiten Entlastung von Bürokratie, besonders dort, wo mehr Vertrauen in die Schulleiter und Lehrer angebracht wäre. Übertriebene Statistiken und übertriebene Kontrolle schaffen kein gutes Arbeitsklima und binden Zeit und Kraft, die den Kindern und Jugendlichen verloren geht. Damit meinen wir zum dritten, dass die bereits existente Budgetierung wirklich umgesetzt werden muss. Der Prozess wird offensichtlich vor Ort unterschiedlich gehandhabt, je nach vorgesetzter Person.

Ich möchte an dieser Stelle eine Parallele zu Skandinavien ziehen. Dort gibt es eine echte Balance zwischen Verantwortung oben (an zentraler Stelle) und unten (an den Schulen und Kommunen),  dort liegt sogar die Personalverantwortung in Kommunen und Schulen. Bei uns würden sich die Lehrer und Schulleiter als ersten Schritt einfach mehr Vertrauen in ihre korrekte Pflichterfüllung wünschen ohne ständige misstrauische Reglementierung und Kontrolle dienstrechtlicher Selbstverständlichkeiten.

Die zweite Hoffnung richtet sich auf eine Entwicklung zum längeren gemeinsamen Lernen, damit ist für uns neben vielem anderen auch eine Verringerung der Abhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft verbunden. Innerhalb des gegliederten Schulwesens ist jegliche durchgreifende Qualitätsverbesserung nur begrenzt möglich.

Die dritte Hoffnung besteht darin, dass die Umsetzung dieser mit der Änderung des Schulgesetzes angestrebten Veränderung Schule auch wirklich erreichen möge und dort vor allem die Lernenden. Schule wird vor Ort gemacht und nicht in einem Landesinstitut oder einem Landesverwaltungsamt. Und Unterricht wird nicht von Beamten und Angestellten am Schreibtisch, sondern von Schülern und Lehrern gemacht.

Hier kommt nun wieder die Qualitätsfrage ins Spiel: Der Begriff „Qualität“ (qualitas – Beschaffenheit; im heutigen Sprachgebrauch gute Beschaffenheit) ist ein Bedeutungsträger in unserem Schulkonzept. Qualität von Schule muss die Lernenden im Blickpunkt haben: Lernende müssen die drei großen S realisieren können: Sachkompetenz, Selbstkompetenz, Sozialkompetenz.

Das will ich an drei Schwerpunkten aus unserem Schulkonzept verdeutlichen:

Erster Schwerpunkt: Qualität von Unterricht ist abhängig vom Lehrer, aber orientiert am Schüler. Sie beruht auf vielen Säulen, ich will drei auswählen: 1) Qualität des grundlegenden Wissens und Könnens, besonders 2) Qualität der individuelle Förderung in kooperativen Lernformen durch Schüler-Schüler-Interaktionen nach dem Prinzip: Stärken stärken und Schwächen schwächen. Lernerfolge wecken den Stolz und bauen Selbstvertrauen auf. Begabungen müssen entdeckt und ausgebaut werden.  Machbare und wirkungsvolle Maßnahmen für innere Differenzierung und für geschlechtersensiblen Unterricht müssen realisiert werden. 3) Qualität der Anwendungsbereitschaft, Alltagsverbundenheit und Problemorientierung des Unterrichts auf Grundlage von polytechnischer Bildung zielt auf Qualität von Lernmotivation und auf  Qualität der Orientierung auf  Berufs- und Studienwahl.

Als zweiten Schwerpunkt will ich die Qualität der sozialpädagogische Profilierung von Schule nennen und dazu ebenfalls 3 Säulen auswählen: 1) Qualität von Schule als Lebens- und Erfahrungsraum der Schülerinnen und Schüler, damit meinen wir u. a. die Schaffung von Voraussetzungen zur entwicklungsangemessenen Übernahme von sozialer und demokratischer Verantwortung, 2) Qualität der Entwicklung sozialen Lernens in heterogenen Gruppen. Wenn den Lernenden gezeigt wird, wie gelernt wird, gibt ihnen das annehmbare und anwendbare Hilfe zur Selbsthilfe. 3) Qualität der Öffnung von Schule zur Kommune, also von Bedeutung ist die Zusammenarbeit mit kommunalen Einrichtungen (besonders mit Jugendhilfe), mit Vereinen, mit Betrieben und Unternehmen unter dem Aspekt der Praxisorientierung von Unterricht.

Der dritte Schwerpunkt ist für mich die Qualität des „erziehlichen Unterrichts“. Mit diesem neuen Begriff aus dem Bereich der Erziehungswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle meine ich die Vernetzung von Bildung und Erziehung. Den Erziehungsauftrag wollen wir nicht wegschieben von der Schule, sondern ihn wahrnehmen im Verbund mit den Eltern. Erzieherische Werte müssen auch in der Schule vorgelebt und so zu Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen gemacht werden.

Wenn das neue Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung so aufgestellt wird, dass es helfen kann, Qualität an Schule nach den genannten Kriterien weiterzuentwickeln, dann begrüßen wir diese Veränderung, vor allem auch deshalb, weil Vernetzung zwischen Lehrerausbildung, Lehrerfortbildung und Qualität von Schule und Unterricht angestrebt wird.

Wir stimmen der Überweisung in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu.