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TOP 05: „IBA Stadtumbau 2010“ - als Kompetenzzentrum im Stadtumbau nutzen

Der Inhalt des Antrages ist nicht falsch und zustimmungsfähig, wirft ob seines Anlasses und der pathetischen Sprache allerdings Fragen auf.

Der Duktus des Antragsbeginns erinnert in seiner gewollten Erhabenheit an  Präambeln völkerrechtlicher Verträge. Weshalb lässt sich der zuständige Ressortchef so huldvoll um eine Debatte zum Thema bitten? Als fachlich anerkannter Minister bedarf er keines Stichwortgebers.

Wenn in der Bauwirtschaft – diese Analogie sei mir gestattet – Referenzen notwendig werden, bemüht man sich eigentlich immer um neue Aufträge. Dort sind Referenzen ein anerkanntes Mittel, um aus einem  Wettbewerb als Sieger hervorzugehen.

Im Bieterwettstreit bedeuten Referenzen nicht weniger als die Nachweiserbringung konkret abgerechneter Leistungen. Hier konnte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr so Einiges anführen. Warum also eine solcher Antrag? Soll vom Fehlen der bereits in der in der 72. Sitzung der letzten Wahlperiode vom damaligen Oppositionsvertreter Thomas Felke angemahnten Regierungserklärung zum Stadtumbau angelenkt werden? Sind die vor genau zwei Jahren aufgezählten Gründe für deren Notwendigkeit nun obsolet geworden oder fielen sie der Koalitionsräson zum Opfer?

Die heutige Debatte im Plenum wäre inhaltlich im Fachausschuss zu führen - gibt es dort vielleicht zu wenig Publikum?

Genauer: Wenn in Ziffer 1 des Antrages die Landesregierung gebeten wird, sie möge doch

„ IBA-Projekte als gemeinsame Aufgabe im Rahmen der Förderprogramme auch materiell ressortübergreifend … unterstützen“, wird es merkwürdig. Immerhin gibt es ein Budgetrecht des Landtages, was jener durch Einstellung von Haushaltsmitteln für die IBA im letzten wie auch im laufenden Plan ausgeübt hat.

Er wird noch merkwürdiger, wenn die von Manfred Maas, dem Geschäftsführer der  Investitionsbank, vor zwei Wochen im Wirtschaftsausschuss erläuterte vorläufige Jahresbilanz herangezogen wird. Bei seinen Ausführungen zur künftigen Ausrichtung der Investitionsbank verwies er besonders deutlich auf eine Aufgabe. Er beschrieb die Notwendigkeit bei „Unterstützung der Prozesse der inhaltlichen Abstimmung zwischen den Ressorts der Landesregierung“ und nannte genau ein Beispiel: die fehlende Koordinierung zwischen den Ressorts bei der Förderung des barrierefreien Bauens im ländlichen Raum und im Stadtumbau.

Noch mehr des Merkens würdig ist der Bezug zu folgender Vereinbarung im Koalitionsvertrag: „Die Internationale Bauausstellung … ist als wesentliches Begleitvorhaben zum Stadtumbau und bedeutsames Kommunikationsprojekt des Standortmarketings sowie zur Verwirklichung der IBA-Projekte durch ressortübergreifende Kooperationen zu unterstützen.“

Aha, der Landtag wird also gebeten, mit den Stimmen der Opposition Inhalte des Koalitionsvertrages zu beschließen! Ist das wirklich schon notwendig…?

Während hier im Plenarsaal schon „die internationale Vermarktung gewonnener Kompetenzen“ (Punkt 2) und „die länderübergreifende Wirkungsanalyse des Stadtumbauprogramms“ (Punkt 3) erörtert werden sollen, warten wir im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr auf Basisdaten.

Im letzten Monat konnte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr noch nicht einmal über die eigenen Pläne und Kriterien für den Einsatz von 18,2 Mio. € aus den Zuschüssen für Investitionen für Maßnahmen der Wohnraumförderung berichten (Kap. 14 08, 894 05). Wohlgemerkt, das waren Mittel aus dem Haushalt des vergangenen Jahres.

Sie sollten u.a. verwendet werden für barrierefreies Bauen oder die energetische Gebäudesanierung.

Der Minister für Finanzen gelangte in seinem Bericht zum Haushaltsvollzug 2007 auch wegen dieser nicht abgeflossenen Investitionsmittel zu der Anmerkung, dass „die zu bildenden Ausgabereste zu einer nicht geringen Belastung des Haushalts 2008 führen.“

Herr Minister Bullerjahn merkt weiter an, dass „Allein in EP 14 derzeit bereits rund 56,6 Mio. € absehbar sind, bei denen entsprechende Einnahmen bereits im Jahr 2007 eingegangen sind (Regionalisierungsmittel, Wohnraumförderung).“

Gewiss wird der Finanzminister mit diesem Problem umzugehen wissen. Wichtiger sind zwei ganz andere Aspekte:

1. Fragt der Koalitionsantrag nach den Ursachen dafür? Nein! Was kann oder muss das Land – auch in Abstimmung mit anderen – künftig zu Vermeidung unternehmen?

2. Bleiben wir nur bei den 2007 nicht abgeflossenen Invest-Mitteln für die Wohnraumförderung in Höhe von 18,2 Mio. €. Mit dieser Summe hätten Bauaufträge ausgelöst werden können, durch die 260 AN ein ganzes Jahr lang regulär auf dem Bau beschäftigt werden könnten. Nimmt man die üblichen Faktoren der Folgeinvestitionen von Förderungen hinzu, würden mehr als 1.200 Arbeitsplätze auf dem Bau erreicht.

Für dieses Jahr steht der gleiche Betrag zu Verfügung, sofern der überhaupt abfließt. Damit verdoppelt sich diese Zahl auf fast 2.500 Bauarbeiter. Diese Zahl entspricht annährend 10 % aller gewerblichen AN im Bauhauptgewerbe Sachsen-Anhalts.

Oder der von Minister Haseloff per Kommunalkombi geplanten Beschäftigungseffekte.

Und was machen wir? Wir reden über „Kompetenzvermarktung“ und ähnliche Luftschlösser, anstatt vorhandenes  Geld für hunderte betriebliche Existenzen und tausende Arbeitsplätze endlich einzusetzen.

Dort liegen die Probleme im Lande und nun verstehen Sie hoffentlich meine zu Beginn geäußerte Ironie, freundlicher ging es nicht.