Nicole Anger zu TOP 6: Entwurf eines sechsten Gesetzes zur Änderung des Kinderfördergesetzes
Sehr geehrte Damen und Herren,
Fast auf den Tag genau vor 2 Jahren, und zwar am 21.11.2019 wurde hier im Landtag auf den letzten Drücker die Ausführungen zum KiQuTG verabschiedet. Bereits zu diesem Zeitpunkt war allen klar, dass die heute aufgerufene Verlängerung der teilweisen Beitragsbefreiung am 31.12.2021, also in knapp 6 Wochen, enden wird. Und nun wieder einmal eine Hauruck-Aktion. Nicht dass Sie mich falsch verstehen, uns LINKE ist es immens wichtig, die Familien zu entlasten. Wir erkennen jedoch einen wiederkehrenden Modus der Hektik bei Ihnen. Wissen wir doch seit mehr als 2 Jahren, dass die Bundesmittel endlich sein werden. Also auf was haben Sie denn dann gewartet? Sie waren es doch, die die Laufzeit bis 31.12.2021 festgelegt haben! Abwarten scheint in der Tat eines der beliebteren Handlungsmuster der Landesregierung zu sein.
Insofern hier schon mal der Hinweis: Bitte nicht in 12 Monaten wieder erschrecken, wenn die hier heute zur Beratung vorliegende Verlängerung dann erneut auslaufen wird.
Sehr geehrte Damen und Herren,
zu Ihrem Vorschlag: Ja es ist richtig und wichtig, die Familien zu entlasten. Aber bitte schauen Sie genau hin, wen Sie damit eben nicht entlasten! Ich mache Ihnen mal Beispiele auf:
1. Laut Mikrozensus haben rund 60% der Kinder unter 10 Jahren Geschwister. Und es ist in der Logik davon auszugehen, dass diese Geschwisterkinder aber auch älter als 10 Jahre sind und damit eher keine Einrichtung der Kindertagesbetreuung besuchen. Damit fallen hier schon viele Familie aus der Entlastung raus. Laut dem Zentrum für Sozialforschung sind es rund 35% der betreuten Kinder mit ebenfalls Geschwistern in Kita/Hort. Also nur jede dritte Familie profitiert grundsätzlich von dem Geschwisterbeitrag.
2. Das alleinerziehende Elternteil eines Kindes, welches nicht per se Sozialleistungen beziehen, muss für die Beitragskosten weiterhin allein aufkommen. Alleinerziehende Eltern tragen jedoch alle Lebenshaltungskosten allein. Und sie müssen den gesamten Kostenbeitrag für die Kindertagesbetreuung zahlen. Das führt zu einer gewollten Benachteiligung dieser Personengruppe.
3. Gehen Geschwisterkinder zeitgleich zur Schule und nutzen dort den Hort, müssen die Eltern sogar für beide Kinder den Hortbeitrag aufbringen.
Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung,
das kann doch nicht Ihr Anspruch sein?
Letzteres steht im Übrigen im Widerspruch zu Ihrer Formulierung auf den Webseiten des Sozialministeriums. Da wird begründet, dass die Bundesmittel nicht für die Beitragsermäßigung im Hort eingesetzt werden können. Das ist ja nun anders. Nun sollen Landesmitteln eingesetzt werden. Wir wäre es denn dann wenigstens an der Stelle mit einer weiteren Verbesserung?
Ja, wir werden diese Beitragsbefreiung, die einen Teil der Familien entlastet, mittragen. Das ist allerdings keine Entwicklung. Das ist ihr versprochener Bestand des KiFöG, also ein Stillstand. Politik muss aber den Anspruch haben, die Dinge weiterzuentwickeln und zu verbessern. Liebe Ministerin Grimm-Benne, liebe SPD, ich zitiere mal aus Ihrem „SPD-100-Tage Programm für eine neue Landesregierung“:
“Wir legen in den ersten 100 Tagen den Vorschlag für eine Neuregelung im Kinderförderungsgesetz vor, um für frühkindliche Bildung und Betreuung ab dem Beginn des Kitajahres 2022/23 die Elternbeiträge vollständig abzuschaffen. Damit bieten wir Eltern eine erhebliche Entlastung und ersparen Kommunen und Trägern viel Verwaltungsaufwand.”
Gut, mehr als die Hälfte dieser 100 Tage sind seit der Regierungsbildung nun schon um. Bekommen wir also in gut 30 Tagen die Weiterentwicklung des KiFöGs dann auf den Tisch? Also, wenn Sie das ernsthaft beabsichtigen, wird das zwar wieder eine Hauruck-Aktion, aber immerhin wäre diese am Ende endlich mal konsequent! Sofern sie dann den begonnenen Weg der Abschaffung der Kostenbeiträge für die Kindertagesbetreuung endlich auch bis zum Ziel gehen.
Achja, und wenn Sie dann schon am KiFöG sind, vergessen Sie bspw. nicht die vollständige Anrechnung der Ausfalltage zur Entlastung unserer pädagogischen Fachkräfte - auch dies wurde in der letzten Wahlperiode von Ihnen versprochen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
unseren Vorschlag, wie eine Beitragsentlastung für alle gestaffelt laufen kann, wie man zu einer Beitragsfreiheit für alle kommt und man gleichzeitig die Qualität in der Kindertagesbetreuung erhöht, kennen Sie ja noch aus der letzten Wahlperiode. Haben Sie keine Scheu, den zu nutzen!