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Kerstin Eisenreich zu TOP 4: Volksinitiative „Faire Straße“ und Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge

Sehr geehrte Damen und Herren,

Nun endlich werden auch in Sachsen-Anhalt die längst umstrittenen Straßenausbaubeiträge abgeschafft. Viel zu lange haben die Bürgerinnen und Bürger des Landes darauf warten müssen, obwohl der Gesetzentwurf unserer Fraktion bereits seit mehr als zwei Jahren vorliegt. Statt unserem Vorschlag für eine endgültige Abschaffung zum 1. Januar 2019 zu folgen, tritt die Abschaffung mit Ihrem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, nun erst zum 1. Januar 2020 ein. Aber immerhin haben Sie sich nach monatelangem Hin und Her in der Koalition einigen können. Dass diese Einigung letztendlich doch noch zustande gekommen ist, ist auch dem Engagement der Volksinitiative „FAIRE STRASSE – gemeinsam gegen Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt“ und zahlreichen Bürgerinitiativen im Land zu verdanken.

So kurz vor Weihnachten und gerade in der aktuellen schwierigen finanziellen Situation vieler Menschen und auch der Kommunen im Land haben Sie zwar ein schön verpacktes Geschenk auf den Gabentisch gelegt, aber man sollte die Packungsbeilage genau lesen und wird staunen. Denn wer nun glaubt, dass alles gut sei und endlich keine Bescheide mehr ins Haus flattern könnten, der irrt. Ihr Gesetzentwurf, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen sieht zum jetzigen Zeitpunkt für die Jahre 2017 bis 2019 immer noch vor, dass die Kommunen Straßenausbaubeiträge erheben können, wenn die sogenannte Schlussrechnung bis zum 31. Dezember 2019 bei der Gemeinde eingegangen ist. Reden Sie also Klartext zu den Menschen im Land: Bis einschließlich 2023 können immer noch Bescheide über Straßenausbaubeiträge verschickt werden!

Insbesondere jene Kommunen, die knapp bei Kasse sind – und das werden in der zugespitzten Pandemie-Situation immer mehr – werden keine Option haben, auf diese Einnahmen zu verzichten. Da können die Kommunalaufsichten noch so großzügig sein. Denn diese Beiträge werden vom Land nicht erstattet, wenn sie nicht erhoben werden. Damit handeln Sie auch dem Anliegen der Volksinitiative „Faire Straße“ zuwider.

 

Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen,

Sie haben mit Ihrem Gesetzentwurf die Chance für Rechtssicherheit und eine faire Lösung verpasst. Ihre Kann-Regelung ist streitanfällig. Erklären Sie doch mal den Bürgerinnen und Bürgern, was es mit der Schlussrechnung auf sich hat. Woher sollen denn die Menschen wissen, wann bei der Gemeinde die Schlussrechnung vorhanden ist. Das ist doch nicht nachvollziehbar und hat nichts mit Klarheit, Rechtssicherheit und Transparenz zu tun. Sie stehlen sich aus der Verantwortung, weil die Auseinandersetzungen weiter auf der kommunalen Ebene stattfinden werden. Da sind Sie fein raus.

Klar und eindeutig ist dagegen die Regelung in unserem Gesetzentwurf, die besagt, dass die Bescheide, die bis zum Stichtag der Abschaffung der Beiträge bei den Bürger*innen eingegangen sind, Bestand haben und alle anderen nichtig sind.

Doch dann ist da noch die Finanzierung: Mit der Spitzabrechnung für 2020 und 2021 kann man sich ja arrangieren. Aber dass Sie ab 2022 als Haushaltsgesetzgeber sage und schreibe 15 Millionen Euro für die Kommunen im Land bereitstellen wollen, zeugt nicht vom Willen, den aufgelaufenen Investitionsstau bei der Gemeindesstraßensanierung abarbeiten zu wollen. Denn das eigentliche Minus rührt doch nicht von den ausfallenden Beitragseinnahmen her. Seit Jahren hat sich dieser Stau aufgebaut, weil die Kommunen gar nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Auch das hat die Volksinitiative gefordert. Aber auch hier erfüllen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf die Erwartungen nicht. Im Übrigen hat auch der Landesrechnungshof bei der Anhörung im Finanzausschuss darauf hingewiesen, dass der Bedarf weit über den 15 Millionen Euro liegt. Ich darf deshalb noch einmal auf unseren Gesetzentwurf verweisen, der mit einer Änderung im Finanzausgleichsgesetz über besondere Ergänzungszuweisungen immerhin 55 Millionen Euro in Summa veranschlagt.

Trotz des eigenen Gesetzentwurfes, den meine Fraktion vor zwei Jahren vorgelegt hat, hat sich die Fraktion DIE LINKE mit einem Änderungsantrag in den Ausschüssen eingebracht, um die gröbsten Schnitzer auszubessern. Das ist leider nicht gelungen. Und leider waren Sie auch nicht bereit, unseren Gesetzentwurf direkt zu diskutieren. Unser Gesetzentwurf enthält die besseren Ideen. Deshalb lehnen wir die Beschlussempfehlungen zu den beiden Gesetzentwürfen ab. Außerdem liegt Ihnen unser Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung zur Volksinitiative vor.