Hendrik Lange zu TOP 12: GE Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abfallgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (AbfG LSA)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wiederholt debattiert der Landtag zum Thema Müll in unserem Bundesland. Diesmal greift DIE LINKE einige Impulse aus der gemeinsamen Anhörung des Umweltausschuss und des Wirtschaftsausschusses auf und schlägt mit einem Gesetzentwurf ganz pragmatisches Handeln vor. Aber
Anrede
Das eigentliche Problem ist, dass Müll viel zu lange als Geschäftsmodell für Sachsen-Anhalt gesehen wurde und teilweise gesehen wird. Dabei geht es nicht um den Müll, der bei uns anfällt. Das ist klar, dass wir den vernünftig, fachgerecht entsorgen müssen. Aber insbesondere unter der CDU-Führung mutierte unser Bundesland zum Müllimportland mit fatalen Skandalen wie dem von Vehlitz und Möckern. Und das regt die Menschen vor Ort zu Recht auf. Und die CDU macht ja weiter. Nach der Anhörung haben die Kollegen Thomas und Schumann eine Pressemitteilung rausgegeben, die eins zu eins die Position der Bau- und Entsorgungsbranche wiedergegeben hat und mehr Deponien im Land fordert. Na vielleicht hat man da schon auf eine Spende gehofft – man weiß es nicht…
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir haben es hier mit einer Branche zu tun, die gut Geld verdient – den Menschen vor Ort jedoch eine Deponie nach der Nächsten zumutet. Reinstedt, Großörna, Jüdenberg, Roitzsch, das sind nur einige Beispiele, wo neue Müllhalden entstehen sollen. Und die Leute wehren sich dagegen, denn sie möchten nicht den Müll aus ganz Europa vor ihre Tür geworfen bekommen und dabei Staub, Gestank und Umweltbelastung hinnehmen müssen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
auch die Kapazitäten der Müllverbrennungsanlagen sind weit über den Landesbedarf dimensioniert. So wird sogar Müll aus England nach Rothensee verbracht und natürlich verbleiben Stäube, Aschen und Schlacken dann bei uns und kommen hier auf die Deponien oder unter Tage wie in Teutschenthal. Der Müll nimmt dabei eine ganz besondere Wandlung. So wird Müll, der beispielsweise auch in Zementwerken verbrannt wird von Jetzt auf Gleich zu einem Ersatzbrennstoff. Und hochgiftige Filterstäube werden im Versatzbergwerk Teutschenthal zu einem Ersatzbaustoff. Ja, die Kreislaufwirtschaft kennt ganz faszinierende Begrifflichkeiten. Und so ein Ersatzbaustoff ist auch deshalb interessant, weil man nicht für seinen Erhalt bezahlt, sondern dafür, dass ihn jemand nimmt.
Das wünschte ich mir mal für meinen nächsten Besuch im Baumarkt.
Sehr geehrte Damen und Herren,
egal wie man die Geschichte des Mülls erzählt, ob man sagt, dass er eingebaut wird – oder deponiert wird – am Ende verbleibt er an Ort und Stelle. Und zwar in Sachsen-Anhalt.
Sehr geehrte Damen und Herren,
DIE LINKE setzt darauf, dass Müll gar nicht erst entsteht. Neben der Tatsache, dass es viel größere Restriktionen gegen die Müllentstehung auf der Bundesebene geben müsste (denken wir mal an den ganzen Verpackungsmüll), möchten wir das Recycling deutlich befördern. Hier braucht es Anstrengungen auf der makroökonomischen Ebene, aber auch die Initiative der öffentlichen Bauträger und viele Initiativen vor Ort.
Es ist schon bezeichnend, dass der Preis für Altpapier stark gesunken ist, gleichzeitig aber ganze Wälder in Form von Zellulose über den Ozean geschippert werden. Hier setzt die Marktlogik den völlig falschen Anreiz.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ähnlich verhält es sich beim Recycling von Baustoffen. Hier hat die Anhörung ganz klar gezeigt, dass es ein Anreizsystem braucht, um die Nachfrage zu stimulieren. Die Linke geht dabei jedoch nicht den Weg über das Vergabegesetz, sondern nimmt mit dem Entwurf des Abfallgesetzes die Behörden, Körperschaften und Betriebe des Landes und der Kommunen in die Pflicht, bei Bauvorhaben den Einsatz von Recyclingmaterialien zu forcieren. Der Gesetzestext ist dabei kein Hexenwerk, sondern entspricht der Thüringer Regelung. Und Recycling von Baumaterialien kann auch ganz privat betrieben werden, wenn aufgeklärt wird und ein Angebot geschaffen wird. Das meine ich mit Initiativen vor Ort. So gibt es mancherorts schon Bauteilbörsen und es gibt ein Bauteilnetzwerk in Deutschland. Dabei richtet sich der Blick ganz besonders auf die Private Kundschaft. Hier kann ich mir auch ganz gezielte Unterstützung der Landesregierung vorstellen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Umweltbundesamt verfolgt noch eine weitere Strategie, der sich unsere Landesregierung dringend anschließen sollte: Das Urban Mining. Kurz könnte man sagen: Die Stadt als Rohstofflager. Das Ganze wird jedoch weiter gefasst und nimmt die ganze Technosphäre als anthropogenes Lager in den Blick.
Ich zitiere die Website des Umweltbundesamtes:
„Der Unterschied des Urban Minings zur Abfallwirtschaft besteht in den Betrachtungsgrenzen beider Ansätze. Während die Abfallwirtschaft sich mit dem Abfallaufkommen an sich beschäftigt, dessen Menge, Zusammensetzung und einer bestmöglichen Rückführung der Materialien in den Stoffkreislauf, bezieht Urban Mining den Gesamtbestand an langlebigen Gütern mit ein, um möglichst früh künftige Stoffströme prognostizieren zu können und bestmögliche Verwertungswege abzuleiten, noch bevor die Materialien als Abfall anfallen. Je besser dabei das qualitative und quantitative Wissen um die gebundenen Materialien ist und die Zeiträume, wann diese wieder aus dem Bestand freigesetzt werden, umso besser können sich die beteiligten Akteure auf neu entwickelnde Abfallströme und deren Verwertung einstellen.“
Ein, wie ich finde, sehr kluger Ansatz.
Sehr geehrte Damen und Herren,
zwei Diskussionsstränge tauchten beim Thema Mülldeponien und Abfallwirtschaftsplan immer wieder auf und wurden insbesondere durch Frau Dalbert vorgetragen. Der eine ist schnell erzählt: Alle Genehmigungsverfahren für Deponien, egal welcher Deponieklassen, sollen durch die obere Abfallbehörde geführt werden. Derzeit sind für DK 0 und 1 die Kreise und kreisfreien Städte zuständig – zukünftig soll es das Landesverwaltungsamt sein. So will es unser Gesetzentwurf. Denn hier entsteht der Abfallwirtschaftsplan und hier liegt die größte Kompetenz. Dass das noch nicht passiert ist, weil man sich um ein paar Stellen streitet, spricht Bände über die Landesregierung.
Sehr geehrte Damen und Herren,
der zweite Diskussionsstrang ist der Genehmigungsvorbehalt für Müllimporte aus anderen Bundesländern. Die Linke greift diesen Impuls aus der Anhörung auf und hat ihn in Gesetzesform gegossen. Hier soll wenigstens ein Stück weit etwas gegen Müllimporte unternommen werden. Wir würden uns hier sehr viel mehr wünschen. Aber wir habe das aufgegriffen, was uns in allen Beratungen als rechtlich möglich dargestellt wurde – gleichwohl es unbefriedigend kurz greift.
Leider wird Müll in der EU als frei handelbares Gut angesehen so dass die unfassbare Situation entsteht, dass ich zwar Müll aus anderen Bundesländern regulieren kann – aus anderen Ländern der EU jedoch kaum. Da ist zukünftig noch ein dickes Brett zu bohren. Denn ich möchte nicht, dass Asbest aus Neapel in Roitzsch den Leuten vor die Füße gekippt wird.
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Thema Müll wird uns weiter beschäftigen. Lassen sie uns aber jetzt das Mögliche tun.
Ich bitte um Überweisung in den Umweltausschuss federführend und den Innenausschuss mitberatend. Danke.