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Eva von Angern zu TOP 3: Verlässlicher Energiekostendeckel sofort, Schuldenbremse aussetzen

Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Präsident,

meine Fraktion und auch ich sind wahrlich nicht dafür bekannt, sonderlich große Sympathien für die Art und Weise zu hegen, wie die Schwarzgelbrote Koalition unter Ministerpräsident Haseloff unser Land regiert. Ihre Regierung verschläft die meisten politischen Entwicklungen oder versucht sogar sie aktiv zu bremsen – siehe Bildungspolitik.

Darüber, was wir von den Haushaltsentwürfen halten, die diesem Haus mit wiederholter Schludrigkeit (sind sie wirklich schludrig oder fixieren sie nicht eher falsche Prioritäten) und eigentlich immer viel zu spät vorgelegt werden, wird noch zu reden sein. Die Pressekonferenz (gestern) hat da diverse Fragen aufgeworfen. Wieder `mal liefert die Landesregierung viel zu spät einen Haushaltsentwurf, um noch seriöse Finanzpolitik für Sachsen-Anhalt zu ermöglichen. Wenn im November ein Haushalt in die erste Lesung geht, wird er frühestens im März in Kraft treten können. Wieder fehlt ein komplettes Quartal, in denen Sachsen-Anhalt ohne gültigen Haushalt arbeitet. Wieder fehlt es an Stabilität. Das ist von dramatischer Bedeutung für die Menschen in unserem Land, denn wir befinden uns dann im Jahr vier der Pandemie und wahrscheinlich im Jahr zwei des schrecklichen Krieges Russlands gegen die Ukraine mit all seinen Wirkungen auch auf unser Land. Vertrauensbildende, vertrauensschaffende Politik sieht anders aus! Immerhin plädiert auch Minister Richter für die Feststellung einer nationalen Notlage. Ähnliches war vom Ministerpräsidenten, Herrn Haseloff, neulich im Bundestag zu hören. Er hielt eine Rede, die auch Bundesratspräsident Bodo Ramelow hätte halten können. Nur das er nicht allein auf andere zeigt, sondern selbst handelt.

In Ihrer Rede, Herr Haseloff, haben Sie der Ampelkoalition im Bund (und damit ja auch Ihren beiden Koalitionspartnern hier in Sachsen-Anhalt) ordentlich die Leviten gelesen über deren mangelndes Multikrisenmanagement hinsichtlich des Inflationsausgleiches aber auch hinsichtlich der Energieversorgungs- und Preiskrise. In dieser Rede haben Sie eindrücklich dargelegt, warum die hingeschluderten Entlastungspakete weder helfen, einkommensschwache Haushalte in dieser Zeit galoppierender Preissteigerungen für lebensnotwendige Güter zu entlasten, noch die Akzeptanz für Maßnahmen erhöhen können, die die Verteidigung der Ukraine unterstützen sollen.

Der Doppelwumms  - und ich finde solche Begrifflichkeiten nicht nur sinnfrei, sondern auch peinlich und unangemessen – als die von der Bundesregierung proklamierte Gaspreisbremse ab März 2023 ist leicht durchschaubar. Man will die Bürger*innen durch die Hintertür zur Sparsamkeit zwingen, damit diese in der Hauptheizperiode den Gashahn zudrehen, damit das Gas auch wirklich für die Industrie reicht. Da gibt es sogenannte Entlastungsmaßnahmen die NACH der Heizperiode pünktlich zum Tauwetter erst in Kraft treten und diese werden zusätzlich garniert mit Spartipps durch Winfried Kretschmann und Wolfgang Schäuble, wie man mit Waschlappen und warmen Pullovern möglichst die Heizung komplett ausgeschaltet lassen kann.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

das sind Nebelkerzen. Doch die Menschen lassen sich nicht für dumm verkaufen. Ganz nebenbei wird nämlich unter den Teppich gekehrt, dass im Schnitt die Menschen, die zu den 10% mit dem höchsten Einkommen in unserer Gesellschaft gehören, vier Mal mehr – VIER MAL MEHR – Energie verbrauchen als jene, die zu den 40% mit den geringsten Einkommen gehören. Ich will der Energiekommission ja gern glauben, dass sie das Beste und vor allem schnell wollte. Doch das Beste bedeutet eben ganz konkret: je mehr Wohnfläche, je mehr Sauna und Pool, umso höher ist die staatliche Förderung. Und zur Schnelligkeit kann ich nur sagen, ich verstehe nicht, warum es schneller sein soll, jede einzelne Monatsrechnung für November anzuschauen, als den Nachweis erbringen zu lassen, wie viele Menschen in einem Haushalt leben. Als LINKE wollen wir die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten und nicht den Reichtum der Reichen schützen. Insofern hätte die Energiekommission gern nach 35 Stunden Dauerberatung auch gern eine Nacht durchschlafen und weiter beraten können.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Menschen in unserem Land haben Angst in diesem Winter zu frieren. Sie haben Angst, dass das Geld für die Lebensmittel nicht bis zum Ende des Monats reicht, weil die Preise fast täglich steigen – nicht nur beim Bäcker. Und natürlich begreifen Sie, dass lediglich eine von fünf Energierechnungen durch den Staat unterstützt wird. Was sie aber nicht wissen, was 80% von 100% heißt, weil momentan niemand seriös sagen kann, was 100% kosten werden. Und ca. 40% der Menschen in unserem Land haben keinerlei Rücklagen, keinerlei Erspartes, keinen dicken Sparstrumpf unterm Kissen!

Diese Menschen erleben eine drei- bis viermal höhere Belastung durch die in sämtlichen Lebensbereichen gestiegenen Kosten. Deshalb fordert DIE LINKE ein Grundkontingent für alle, weil jeder Mensch gleich viel wert ist. Und ich ergänze: ich bin der Meinung, dass reiche Menschen keinerlei Entlastung durch den Staat erfahren müssen. Im Gegenteil: ich finde, dass sich reiche Menschen viel mehr an den Energieeinsparungen beteiligen müssen. Ganz einfach runtergebrochen kann ich die Forderungen des Bündnisses „Genug ist genug!“ (Jenuch is jenuch.“) heranziehen, um die nächsten Maßnahmen zu planen:

1000 € Wintergeld für alle.

9 €-Ticket verlängern

Löhne endlich erhöhen – wir unterstützen die Forderungen der Gewerkschaften ausdrücklich.

Energiepreise tatsächlich mit dem Mittel des Grundkontingents deckeln.

Energieversorgung sichern.

Krisenprofiteure besteuern – wir können uns die Reichen nicht mehr leisten, sagte kürzlich eine Gewerkschafterin bei einem sozialen Protest in Magdeburg. Recht hat sie. Wir brauchen eine Übergewinnsteuer und wir brauchen dringend eine Vermögenssteuer.

Viel von diesen Punkten haben die Rotrot oder Rotrotgrün regierten Länder Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen bereits im Bundesrat beantragt und in den eigenen Zuständigkeiten sogar selbst umgesetzt.

Sie, Herr Haseloff, jedenfalls wären gut beraten, ihrer Rede im Bundestag die entsprechenden Maßnahmen folgen zu lassen und wenigstens die laufenden Anträge im Bundesrat zu unterstützen. Darüber hinaus ist es für uns als Linke einfach unverständlich, wie immer wieder über diverse Regulationen an Mehrwertsteuer und anderen Verbrauchssteuern geredet wird, aber auch weiterhin eine Vermögenssteuer im bürgerlichen Lager von Union, SPD, FDP und Grünen gescheut wird wie das Weihwasser vom Teufel.

Dabei haben sich in der Krise seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie die Einkommen von Millionären und Milliardären in Deutschland (wie auf der ganzen Welt) im Schnitt vermehrt.

Während also die Superreichen ihr Vermögen immer weiter vergrößern und davon nicht mal ihren Teil zu den gesellschaftlichen Kosten beisteuern, gibt es für Haushalte mit geringen Einkommen höchstens Kurse im Sparen von den Experten aus Schwaben. Allein die Energiepreisbildung war auch vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ein reines Wolkenkuckucksheim. Die Landesregierung muss sich dafür einsetzen, dass wir wieder eine Energiepreisregulierung bekommen, die sich langfristig dieses Problems annimmt, weil wir die Versorgung unserer Wirtschaft und besonders unserer Bevölkerung mit dringend lebensnotwendigen Dingen wie Strom und Wärme nicht einfach dem freien Spiel der Märkte überlassen dürfen. Es muss auch endlich über eine Vergesellschaftung von Energiekonzernen gesprochen werden. Die Notwendigkeit scheint zumindest ansatzweise in der Bundesregierung angekommen zu sein. Hier hat sich mehr als deutlich gezeigt, dass der Markt es eben – im Interesse der Menschen - nicht besser kann.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

mir machen demonstrierende Menschen keine Angst. Das Recht auf Demonstration und freie Meinungsäußerungen sind Grundrechte, die hart erkämpft worden. Mir bereitet die Wut der Menschen, der Vertrauensverlust in politische Entscheidungen und vor allem in unsere Demokratie Sorgen. Ich gebe David Begrich vom Verein MITEINANDER Recht, wenn diese Proteste weiterhin erfolgreich von der Extremen Rechte dominiert werden, dann wird das unsere Gesellschaft nach und nach destabilisieren. Ich weiß, es ist nicht leicht, sich gegen vermeintliche einfache und populäre Lösungen aufzustellen. Doch unsere Demokratie ist es allemal wert, um sie zu kämpfen. Die Menschen brauchen unsere Hilfe und wir ihr Vertrauen. Deshalb unbedingt keine Schnellschüsse, und letztendlich muss der Mensch bei allen anstehenden Entscheidungen im Mittelpunkt stehen. Nicht das Kapital.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!