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Dr. Frank Thiel zu TOP 09: Bericht über den Stand der Beratungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - Drs. 5/489

Das Verlangen nach einer Berichterstattung gemäß § 14 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung ist in diesem Hohen Hause nicht neu. Das letzte Mal zur 40. Sitzung im Mai vorigen Jahres hat die Fraktion der FDP Ähnliches beantragt. Damals ging es ebenfalls um einen Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften. Der kleine Unterschied besteht darin, dass es damals um einen Gesetzentwurf der Landesregierung ging, wir uns heute aber mit einem Gesetzentwurf beschäftigen, den unsere Fraktion eingebracht hat.

Der Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung, Fragen des kommunalen Wirtschaftsrechtes betreffend, wurde in der 14. Sitzung des Landtages am 25. Januar 2007 eingebracht. Nach mehr als zwei Jahren erlauben wir uns die Frage, wie es denn um unseren Gesetzentwurf bestellt ist.

Anlass für unseren Antrag war die Koalitionsvereinbarung vom 18. April 2005, in der sich die regierungstragenden Fraktionen darauf verständigt haben, eine Evaluierung der Regelungen zur Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden durchzuführen. Unser Ziel war und ist es, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zu erreichen, dass die geplante Evaluierung eine neue Dynamik erhält und sich den Erfordernissen einer raschen wirtschaftlichen Entwicklung in Sachsen-Anhalt anpasst.

Es erfolgte eine Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit.

Am 5. April 2007 hat sich der Innenausschuss mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt und hat angekündigt, dass auch ein Gesetzentwurf der Landesregierung zu diesem Thema zu erwarten sei und deswegen der Gesetzentwurf erst wieder auf die Tagesordnung kommen werde, wenn beide Entwürfe vorlägen und eine Anhörung dazu durchgeführt worden sei.

Die Regierung brachte im Juni 2007 einen solchen Entwurf ein, der für kommunale Energieerzeuger Erleichterungen für ihre Wirtschaftstätigkeit bringen sollte. Im Juli 2007 wurde die Anhörung zu beiden Entwürfen im Innenausschuss durchgeführt.

Am 19. Juli 2007 wurde erneut im Innenausschuss beraten. Schließlich wurde auf den September verwiesen. Am 27. September 2007 hat der Ausschuss dann empfohlen, dem Gesetzentwurf der Landesregierung unter Berücksichtigung von Änderungen, die damals eingebracht worden sind, zuzustimmen.

Der Ausschuss kam überein, die Beratung über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE bis zu der von den Koalitionsfraktionen angekündigten Evaluierung des Gemeindewirtschaftsrechts bis Mitte 2008 zurückzustellen.

Der Gesetzentwurf der Regierung wurde schließlich am 11. Oktober 2007 vom Landtag angenommen.

Nach unserer Auffassung ist damit das Gemeindewirtschaftsrecht an den neuen energiewirtschaftlichen Ordnungsrahmen angepasst worden, um Wettbewerbsnachteile für kommunale Unternehmen, die auf einem gesetzlich liberalisierten Markt tätig sind, zu vermeiden. 

Dann zog Ruhe zu diesem Thema ein. Mit dem Verweis auf die Evaluierung hat man sich bislang einer Behandlung dieses Gegenstandes in den Ausschüssen immer wieder entzogen. Vor wenigen Wochen hat sich der Innenausschuss allerdings im Zusammenhang mit Fragen des Kommunalverfassungsrechtes erneut mit diesen Dingen beschäftigt.

DIE LINKE hat mehrfach darauf hingewiesen, wie dringend es wäre, die Fragen des Gemeindewirtschaftsrechts mitzubehandeln. In der Beratung am 5. März wurde schließlich beschlossen, das Thema erneut von der Tagesordnung zu nehmen. Es gab den wohlmeinenden Hinweis, dass man sich nach wie vor im Prozess der Evaluierung befinde, obwohl dieser bis Mitte 2008 abgeschlossen sein sollte.

Es bleibt eigentlich nur festzustellen: Das neue Wort für Stillstand in der Politik unserer Regierungskoalition heißt „Evaluierung“.

Seit einem halben Jahr beschäftigen wir uns immer wieder mit den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf Sachsen-Anhalt. Allerdings ist der kommunale Bereich oftmals aus dem Blickfeld geraten. Es kann ja durchaus sein, dass eine direkte Auswirkung noch nicht zu vermelden ist. Aber wir wollen doch die Stärke unserer Unternehmen nicht von Krisensituationen abhängig machen. Unserer Meinung nach ist hier konsequentes Handeln erforderlich.

PricewaterhouseCoopers, ein bekanntes Beratungsunternehmen, hat im Oktober 2008 eine Studie veröffentlicht, die sehr ausführlich die Bedingungen in Deutschland charakterisierte und hoffentlich auch Bestandteil der durchgeführten Evaluierung ist. Ausführlich wurde in diesem Kontext auf Hintergründe wie öffentlicher Zweck, Subsidiarität, Örtlichkeitsprinzip eingegangen und die Frage aufgeworfen, ob es gelingen könnte, zumindest in den neuen Bundesländern eine gewisse Harmonisierung auf diesem Gebiet zu erreichen.

Das öffentliche Forum in Magdeburg dazu führte Vertreter von Regierungen der Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg zusammen. Zumindest der Harmonisierung wurde in dieser Runde aber eine vorläufige Absage erteilt.

Die Schlussfolgerung, die die Studie ziehtlautet: Es ist dringend erforderlich, mit der Festlegung verlässlicher und nachhaltiger, zumindest mittelfristiger Grundprämissen einen Konsens zu erreichen, damit sowohl die Kommunen als auch deren Unternehmen Planungssicherheit erlangen können und nicht Spielball politischer Mehrheiten sind.

Wer Wettbewerb fordert, muss auch kommunale Marktaktivitäten zulassen. Wer einerseits erfolgreiche mittelständische Unternehmen im Zeichen von Wettbewerb und Globalisierung auf ihre angestammten kommunalen Grenzen verweist, andererseits ihre Betätigungsfelder dem Markt öffnet, der beginnt, die Kommunalwirtschaft Schritt für Schritt zu beseitigen. Der sichtbare Erfolg des Wettbewerbs läge dann eigentlich in seiner Beendigung.

Nicht nur für die Fraktion DIE LINKE ist es wichtig festzustellen: Die ständige Stigmatisierung der privatwirtschaftlichen Betätigung von kommunalen Unternehmen, die ihr zumeist in der Öffentlichkeit anhaftet, korrespondiert nicht mit der Tatsache, dass die Gewinne gerade dieser privatwirtschaftlichen Tätigkeit oftmals der örtlichen Gemeinschaft zugute kommen und diese dann in die Lage versetzt, über die minimale Daseinsvorsorge hinaus weiterführende sinnvolle Projekte umzusetzen, für die ohne eine entsprechende wirtschaftliche Betätigung der Kommune keine Mittel zur Verfügung stünden.

Entscheidend ist nach unserer Auffassung auch, wie die Mitsprache der Eigentümer, nämlich der Bürger über ihre gewählten Vertreter, besser zu regeln ist. Das sind für uns Fragen der Qualifizierung dieser Teilhabe, der Kontrolle, der notwendigen Transparenz und der öffentlichen Debatte über die Umsetzung der Aufgaben. Das sind drei wichtige Felder, denen wir uns als Politiker auch stellen sollten. Das heißt, wir sind der Auffassung, dass auch die Fragen der Eigentümerrolle in dieser Evaluierung mit zu berücksichtigen sind.

Wir haben gerade in der letzten Zeit festgestellt, dass sich auch der Landesrechnungshof zu Fragen der kommunalen Betätigung geäußert hat. Der Bericht dazu wurde in der Februar-Sitzung im Plenum erörtert. Der Landesrechnungshof hat zu Recht auf Verfehlungen hingewiesen, die er festgestellt hat, wenn es um Fragen der Offenlegung von Geschäftsführerbezügen und um die Prüfrechte des Landesrechnungshofs ging.

Wir stehen in diesem Jahr vor der Aufgabe, die EU-Dienstleistungsrichtlinie auch in den Kommunen umzusetzen. Da wird es durchaus spannend sein, welche Konsequenzen das hat, was auch die unternehmerische Tätigkeit von Kommunen betrifft.

Kollege Gürth/CDU befürchtet immer wieder, dass hinter unseren wirtschaftspolitischen Vorstellungen das alte staatssozialistische Denken lauere. Ich kann ihn beruhigen. Es geht uns nicht um ein x-beliebiges wirtschaftliches Handeln der Kommunen. Wir sehen die Kommunalwirtschaft im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge als ein stabiles Element der marktwirtschaftlichen Ordnung, deren ökonomische Effizienz und Effektivität genauso erforderlich ist wie im privaten oder genossenschaftlichen Bereich und die wegen ihres besonderen Charakters auch eine sozial stabilisierende Funktion hat.

Die Koalitionsfraktionen möchten gern die Evaluation des Jahres 2008 abwarten, bevor eine weitere Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts ins Auge gefasst wird. Das haben Sie am 11. Oktober 2007 festgestellt. Ich habe damals gesagt: Wir haben Geduld.

Diese Geduld haben wir jetzt nicht mehr. Wir befinden uns seit einiger Zeit in neuen Landkreisstrukturen. Die Zusammenschlüsse zu größeren Gemeinden haben begonnen bzw. stehen bevor. Es ist also dringend an der Zeit, das Gemeindewirtschaftsrecht zu modernisieren und an neue Bedingungen anzupassen.

Am 7. Juni 2009 erfolgen die Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt. Ich kann Ihnen sagen, dass wir in unseren kommunalpolitischen Programmen den Fragen des Gemeindewirtschaftsrechts eine hohe Bedeutung beigemessen haben. Es hat eine hohe Bedeutung, weil es für die Kandidaten aller Parteien eine gute Möglichkeit ist, den Bürgern vor Ort die Bedeutung ihrer kommunalen Unternehmen zu erklären und darzulegen, welche gesetzlichen Regelungen dazu im Land existieren bzw. in der Diskussion sind.