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Dr. Detlef Eckert zu TOP 13: Zukunft der Sportförderung in Sachsen-Anhalt

Seit etwa Anfang Dezember erreichen uns Briefe von Vereinen und Kreissportbünden, die uns darüber informieren, dass die Umsetzung des neuen Konzeptes der Sportförderung wesentlichen Bedingungen und Erfordernissen des Sportbetriebes nicht oder nur ungenügend  gerecht wird. Hinweise aus der Sportorganisation zur Qualifizierung der Richtlinien wurden zum Teil nicht beachtet. Und: Nach wie vor können Anträge, egal auf welcher Ebene, rein rechtlich gesehen nicht bewilligt werden, weil die Richtlinien noch nicht veröffentlicht sind. Insgesamt muss ich feststellen: Die Situation ist sehr unbefriedigend! Und: Das ist ein klarer Fehlstart in die neue Olympiade!

Zunächst zwei Feststellungen:

  1. Das seit 1998 geltende Förderkonzept auf der Basis eines Beleihungs- und Budgetierungsvertrages ist gescheitert. Wer den Bericht des Landesrechnungshofs durcharbeitet weiß: Das lag einerseits an der nicht ordnungsgemäßen Geschäftsführung im Landessportbund (LSB), andererseits an der völlig unzureichenden Kontroll- und Führungstätigkeit im zuständigen Ministerium. Die in der Öffentlichkeit wahrzunehmende Kritik am LSB ist oftmals einseitig. Sie muss aus unserer Sicht in jedem Fall auch das zuständige Ministerium mit einschließen! 
  1. Meine Fraktion betrachtet im Grundsatz eine Förderung des Sports in Sachsen-Anhalt über Richtlinien als einen möglichen Weg. Wir sehen auch – wenn wir die Richtlinien vom 13. Oktober 2008 mit den jetzigen Richtlinien vergleichen – eine Reihe positiver Veränderungen, die Ergebnis der vielen Diskussionen sind. Dennoch gehen die Richtlinien in wichtigen Punkten an den Erfordernissen eines effektiven und unbürokratischen Sportbetriebes vorbei. 

Damit habe ich auch ein aus unserer Sicht wichtiges Ziel der Sportförderung des Landes formuliert: Es gilt die Strukturen der Sportorganisation im Land zu stärken und die Bedingungen für deren Arbeit kontinuierlich weiterzuentwickeln. Als Grundlage der gesamten Sportarbeit sollen die Vereine unterstützt werden. So steht es auch in den Richtlinien.

Schauen wir uns also die Richtlinien an. Mit der Richtlinie 2 Vereinsförderung sollen die Vereine unterstützt werden. Was zu diesem Bereich seitens der Regierungsparteien erklärt wird hört (und liest) sich gut: „Erstmals wird jeder Verein nach einem transparenten Kriterienkatalog Geld bekommen. Die Pauschalförderung entlastet die Vereine von bürokratischem Aufwand mit einem aufwändigen Antragsverfahren und gibt diesen Planungssicherheit für die Zukunft.“

Wahrlich: Das liest sich gut! Aber ich frage: Ist das auch sinnvoll? Wir haben im Land ca. 3200 Vereine, etwa 2.900 haben zum Stichtag eine Meldung abgegeben und damit einen Antrag gestellt. Das war und ist unbürokratisch – richtig! Ich habe das mal für Halberstadt hinterfragt. Ende 2006 gab es 52 Vereine, davon haben 10 mehr als 130 Mitglieder, 39 haben keine 100 Mitglieder, was heißt: sie erhalten eine jährliche Förderung zwischen 200 bis 400 €. Sehr viele erstmals und darüber freut sich jeder. Positiv ist sicherlich, dass ein Schulverein aufgrund der Wichtung für Kinder und Jugendliche für das Jahr eine nennenswerte Zuwendung erhält. Positiv ist auch, dass Übungsleiter mit einer entsprechenden Lizenz extra berücksichtigt werden sollen. Aber die bisherigen Zuwendungen für die Übungsleiterentschädigung deckten oftmals nicht die Ausgaben. Nach der jetzigen Wichtung erhalten die Vereine für die Entschädigung der Übungsleiter noch weniger. Jeder, der weiß, wie grundlegend die Tätigkeit der Übungsleiter für eine zuverlässige Betreuung der SportlerInnen ist, wird mir zustimmen: Damit wird eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Sportarbeit in den Vereinen mit dieser Richtlinie ungenügend gewürdigt und gefördert!

Diese Sachlage relativiert in erheblichem Umfang die Aussage, nunmehr alle Vereine zu fördern und über diesen Weg die Vereine zu stärken. Hinzu kommt, dass die Anträge in den KSB zu prüfen und vom LSB zu einem Sammelantrag zusammenzufassen sind. Aber ich weiß im Moment nicht, wer in den KSB / SSB diese Anträge im Januar prüfen und bearbeiten soll – das sind z.B. im Harz ca. 400 Anträge bei 2 bis 3 MitarbeiterInnen. Sicher ist nur eines: Während sie prüfen, fallen sie für andere Dienstleistungen für die Vereine aus!  Und am Jahresende sind die Fördermittel mit einem Sachbericht und der Vorlage der Originalbelege abzurechnen. Das ist auch so in Ordnung und mag für den einzelnen Verein noch gehen. Aber ich frage mich, wer die etwa 3000 Sachberichte und die dazugehörigen Belege liest bzw. prüft! Und welchen Sinn es macht, für 50, 80 oder 150 € Förderung einen Sachbericht zu erstellen.

Hier werden Arbeitszeit und Ressourcen verschwendet, hoch qualifizierte MitarbeiterInnen werden mit wenig Effizienz eingesetzt. Und eine Stärkung der Vereine und ihrer Arbeit kann ich nicht erkennen. Notwendig wäre, wie vom LSB vorgeschlagen, eine Kappungsgrenze für die Vergabe der Mittel einzuziehen!

Werden nun mit der Anwendung der Richtlinien, hier vor allem der Richtlinie 1, welche institutionelle Förderung des LSB, der KSB und SSB zum Inhalt hat, die Sportstrukturen im Land gestärkt?

Seitens der KSB wird als Hauptproblem derzeit die Festlegung, dass höchstens 80 Prozent der zuwendungsfähigen Personalausgaben gefördert werden sollen, gesehen. Nach den mir vorliegenden Angaben haben 7 von 14 KSB/ SSB unter Nutzung von Rücklagen einen ausgeglichenen Wirtschaftsplan eingereicht. Andere KSB haben keine Rücklagen und müssen zur Sicherung ihrer Arbeit einen Antrag auf Einzelfallhilfe stellen. Erwartet wird, dass im Jahr 2010 weitere KSB Antrag auf Einzelfallentscheidung stellen werden. Diesen Fakt kann ich beim besten Willen nicht als Stärkung der Sportorganisation werten.

Bei den Landesfachverbänden ist die Situation differenzierter. Zugleich kristallisieren sich zwei Problemkreise heraus:

Vorgesehen ist eine Defizitfinanzierung. Damit ist die Motivation, zusätzliche Mittel für die Sportarbeit zu akquirieren, gering. Bei den Landesfachverbänden werden Verbände, die gegenwärtig schon eine hohe Umlage aus den Vereinen zur Finanzierung landesbedeutsamer Aufgaben erheben, bestraft. Die Verbände, die das nicht (oder noch nicht) tun, werden belohnt. Eine Festbetragsfinanzierung, die seitens des LSB in den Beratungen auch vorgeschlagen wurde, halte ich – auch unter Beachtung positiver Erfahrungen aus anderen Bereichen – für zielführender, auch weil damit Engagement angeregt und belohnt wird.

Die oftmals vorgetragene Vorgabe, Rücklagen – egal mit welcher Zweckbindung – aufzulösen – wird die Handlungsfähigkeit und die Sportarbeit der Verbände behindern. Oft geht es bei diesen Rücklagen um Vorsorge, um ohne Kredite Rechnungen und Verbindlichkeiten im Januar/ Februar eines neuen Jahres begleichen zu können. Nach meiner Kenntnis wurden im LSB alle Rücklagen aufgelöst, so dass Löhne und Gehälter nicht zur Auszahlung gelangen können, denn bis gestern gab es seitens des Landes keine Abschlagzahlung. Analoges gilt für die KSB/ SSB!

Die Vorgabe zur Auflösung aller Rücklagen wirkt auch gravierend für Verbände mit Spielbetrieb über den Jahreswechsel hinaus, also bspw. vom September bis Mai des Folgejahres. Zur Begleichung von Aufwendungen und Rechnungen für die gesamte Spielperiode zahlen die Vereine in eine Rücklage im September ein. Laut Vorgaben müssen diese Rücklagen – bspw. zur Deckung der Personalausgaben – zum Jahresende aufgelöst werden.

Oder anders gesagt: Bei stringenter Umsetzung ist der normale Spielbetrieb existentiell gefährdet. Auch hier kann ich eine durchgehende Stärkung der Sportorganisation nicht erkennen. Die Richtlinien müssen also, wenn das tatsächlich Ziel gewesen ist, in wesentlichen Punkten geändert werden.

Zugleich drängt sich jedoch, wenn ich die konkrete Situation der KSB und der Landesfachverbände betrachte, eine andere Bewertung auf. LSB,KSB und SSB haben sich nunmehr jährlich auf neue Gegebenheiten einzustellen, die Höhe der Förderung und der Zeitpunkt der Auszahlung ist ungewiss, 10 Prozent der vom Parlament beschlossenen Förderung ist durch den Haushaltsführungserlass des Finanzministers erst einmal gesperrt, die Gesamtsituation ist von einer gravierenden Unsicherheit geprägt, der Gestaltungsspielraum für das Ehrenamt ist wesentlich eingeschränkt. Als ich das in meiner Fraktion so beschrieb, kam der Kommentar: Damit entspricht die Sportförderung der Förderpraxis des Landes in allen anderen Bereichen. Und ich ergänzte: Die bisherige Sonderstellung des Sports ist aufgehoben. Das kann man gut finden, oder auch nicht. Eine Stärkung des Sports, der Sportarbeit sowie des Ehrenamtes – wie als Ziel der Förderung in den Richtlinien formuliert ist – sehe ich nicht! Wir sollten also fragen – und weiter diskutieren – ob diese Ergebnisse mehrheitlich so gewollt sind und ob es nicht möglich ist, die bestehenden Regeln für alle – nicht nur im Sport - künftig zu optimieren.