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Doreen Hildebrandt zu TOP 32: Ungerechtigkeiten in der Berufsschulrichtlinie abschaffen

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir freuen uns für alle Auszubildenden, die jetzt ihre Ausbildung begonnen haben und eine Berufsschule außerhalb ihres Kreises oder ihrer kreisfreien Stadt besuchen, dass sie 20 € Fahrkosten pro Schulwoche bekommen. Allerdings teilen wir mit den Auszubildenden, die keine auswärtige Berufsschule besuchen, das Unverständnis, warum diese keine Fahrkosten erstattet kriegen.

Dazu nur 3 Beispiele, die Ihnen die Ungerechtigkeit vor Augen führen soll:

In Barleben im Landkreis Börde, 10 km von Magdeburg entfernt, haben 2 Jugendliche zum 1. 8. ihre Ausbildung begonnen. Einer von ihnen lernt Anlagenmechaniker und hat in Magdeburg Berufsschule und zahlt für die Wochenkarte 25,50, der andere lernt Kfz-Mechatroniker, wird in Haldensleben beschult und zahlt für die Wochenkarte 38,30 €. Die „auswärtige“ Berufsschule ist in dem Fall Magdeburg – also bekommt der Kfz- Mechatroniker, der länger unterwegs ist und mehr zahlen muss - nichts.

In der Berufsschulklasse in Salzwedel für die angehenden Landwirte sitzen 2 Azubi nebeneinander. Die Auszubildende aus Letzlingen bei Gardelegen, das 52 km entfernt ist, bekommt die 20 € nicht, weil die Berufsschule nicht auswärtig ist, die Banknachbarin aus Gagel – Entfernung 35 km bekommt sie, weil Gagel schon im Landkreis Stendal liegt.

Im Saalekreis ist es noch verrückter: Wer in Löbejün wohnt und zur Berufsschule nach Halle geht, bekommt Fahrkosten, wer aber in Löbejün wohnt und nach Merseburg (durch Halle) zur Berufsschule fährt, bekommt sie nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich könnte noch endlos Beispiele aus allen Regionen unseres Landes anführen. Wer will das denn den Menschen vermitteln?

Diesen Montag wurde auf Bundesebene das Papier „Allianz für Aus- und Weiterbildung 2019 – 2021“ unterzeichnet. Darin wird ein sogenanntes „Mobilitätspaket“ vereinbart. Ein Baustein darin lautet, ich zitiere: „Die „Allianz“-Partner befürworten nachdrücklich die Ansätze in den Ländern, die Mobilität der Jugendlichen in Ausbildung durch kostenlose bzw. günstige, Regionen übergreifende ÖPNV-Tickets verstärkt in den Blick zu nehmen.“ – wie weit sind wir hier im Land noch davon entfernt!

Wenn wir nicht seit Jahren über ein Azubiticket und Berufsschulstandorte in Land reden würden, würde ich dem Bildungsministerium nur unterstellen, sich keine Gedanken über die Auswirkungen der Richtlinie gerade im ländlichen Raum gemacht zu haben.

Jetzt muss ich aber davon ausgehen, dass diese Richtlinie im vollen Bewusstsein der damit einhergehenden Ungerechtigkeiten geschrieben wurde, allein aus Kostengründen und Geschacher um das Azubiticket. Herr Tullner, denken Sie bei Ihren Entscheidungen irgendwann mal über die jungen Menschen im Land nach?

Wir reden über Fachkräftemangel, die Kammern mahnen an, dass Betriebe gerade im Handwerk viel mehr Aufträge annehmen könnten, wenn sie das Personal dafür hätten und hier im Landtag interessieren die Kosten mehr als die Entwicklung im Land. Und ich weiß, dass Sie nachher genau mit den Kosten argumentieren werden. Sie haben ja im Bildungsausschuss den 3. Teilbericht zur „Entwicklung eines an die demografischen Anforderungen angepasstes Berufsschulnetztes“ vorgestellt. 9 Varianten hat das Bildungsministerium durchgerechnet, wie mit den im Haushalt eingestellten 3 Mio € hinzukommen wäre. Ich würde trotzdem jede Wette eingehen, dass diese 3 Mio € dieses Jahr nicht abfließen werden:

Die Rückwirkung zum 01.02.19 wird kaum greifen, wenn Sie nicht eine Werbekampagne in den Berufsschulen starten - denn wer erwartet denn jetzt im 2. Ausbildungsjahr noch Geld aus einer Regelung, die nur für Azubi im 1. Ausbildungsjahr gilt. In der aktuellen Ausgabe der IHK-Zeitung gibt es eine ganze Seite Info zu den Neuregelungen dieser Richtlinie mit der Überschrift „Rabaz für Azubis“. Darin wird auf die Möglichkeit der rückwirkenden Beantragung nicht ausdrücklich hingewiesen.

Und bei der ganzen Hin- und Herrechnerei hat das Bildungsministerium anderweitige gesetzliche Regelungen, wie zum Beispiel einen möglichen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe völlig ignoriert. Wenig durchdacht, ungerecht und niemanden auf der Straße zu erklären – so darf eine Richtlinie nicht aussehen, die ursprünglich dafür sorgen sollte, Jugendlichen den Weg ins Berufsleben zu erleichtern.

Wir wollen die 3 Mio € Fahrkosten gerechter aufteilen und darum stellen wir den vorliegenden Antrag:

  1. Lassen Sie uns das Wort „Auswärtige“ komplett aus der Richtlinie streichen, so dass alle betrieblichen Auszubildenden die Fahrkosten bekommen und
  2. Streichen wir Punkt 4.2. aus der Richtlinie, damit auch die Auszubildenden im 2., 3. und 4. Ausbildungsjahr nicht schlechter gestellt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu und fahren Sie in dem Bewusstsein nach Hause, die Welt damit ein bisschen gerechter gemacht zu haben.

Vielen Dank.