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Andreas Höppner zu TOP 8: Keine erneute Erdöl- und Erdgasförderung in der Altmark; Tourismusgebiet Arendsee erhalten

Anrede

 

Die Altmark ist eine Region im Norden des Landes Sachsen-Anhalt und eine historisch, vielfältige Kulturlandschaft.

Die Altmark ist vor allem durch Landwirtschaft geprägt, hat sich aber auch als Ziel für Touristen etabliert. Traditionelle Region für den Tourismus ist natürlich die Gegend um den Arendsee. Zunehmend gewinnt der Reit- und Radtourismus beim Elberadweg oder Altmarkrundkurs an Bedeutung. Zahlreiche überregionale Routen wie die Straße der Romanik, die Deutsche Fachwerkstraße, der Jakobsweg oder das Grüne Band führen durch die Altmark.

Die Altmark ist aber in kleinen Teilen auch Industrieland und hat aus der Vergangenheit her mit vielen umwelttechnisch problematischen Hinterlassenschaften zu kämpfen. Zu nennen sind hier die Giftschlammgrube Brüchau, aber auch noch hunderte von nicht sanierten Bohrschlammgruben.

Sich erwehren muss sich die Altmark aber auch regelmäßig gegen Ideen, die schöne Lebenswelt dort zerstören zu wollen. So versuchte man in der Altmark bereits großflächig CO2 zu verpressen. Dies scheiterte letztendlich nur an dem massiven Widerstand der Altmärker. Auch als mögliches Atommüllendlager rückt die Altmark wieder in den Fokus.

Der Widerstand dagegen hat sich ebenfalls schon seit längerem etabliert und aktuell kommt man wieder auf die Idee, doch großflächig nach Erdöl rund um den Arendsee suchen zu wollen. Am besten natürlich so, dass es keiner mitbekommt. Denn bis vor kurzem wussten Bürgerinnen und Bürger sowie die anliegenden bzw. betroffenen Kommunen nichts davon, obwohl die Erlaubnis zur Aufsuchung von bergfreien Bodenschätzen, Kohlenwasserstoffen nebst den bei der Gewinnung anfallenden Gasen für gewerbliche Zwecke bereits Ende Juni 2019 an ein Unternehmen erteilt worden war.

Die Bürgerinitiative BI „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ lud am 03.12.2019 in Arendsee  zu einer Informationsveranstaltung zum Thema "Förderung von Erdöl und Erdgas rund um Arendsee" ein und stellte klar, dass es nur durch Zufall bekannt wurde, dass das Landesbergamt ein Gebiet von 172 Quadratkilometern rund um Arendsee zum 1. Juli 2019 für die Aufsuchung von Erdöl und Erdgas für fünf Jahre freigegeben hat. In der Altmark sind davon die Stadt Arendsee, Stadt Kalbe (Milde) und deren Ortsteile betroffen. Weitere betroffene Ortsteile liegen im Landkreis Stendal, der Hansestadt Seehausen sowie der Hansestadt Osterburg. An dieser Stelle bedanke ich mich erst einmal bei der BI, dass sie diese Informationen an das Licht der Öffentlichkeit gebracht hat und so letztendlich auch für Aufklärung sorgt.

Wie ich schon erwähnte, erfuhr es die Öffentlichkeit und auch die betroffenen Gemeinden erst durch die BI bzw. danach durch die Presse. Keiner der zuständigen Landtagsabgeordneten und kein Kommunalvertreter incl. Arendsees Bürgermeister Norman Klebe (CDU) hatten von dieser Aufsuchungsgenehmigung Kenntnis. Da muss man sich dann wirklich nicht wundern, wenn bei den Bürgerinnen und Bürgern der Altmark das Vertrauen immer weiter schwindet. Einzig allein der Altmarkkreis Salzwedel wurde angehört und konnte Stellungnahmen dazu abgeben. Dieser verwies dann auch deutlich darauf, dass sich das Erlaubnisfeld im Landschaftsschutzgebiet Arendsee befindet, dass zudem die FFH Gebiete Arendsee und Magerweide betroffen seien und es sich um geschützte Biotope handelt.

Auch die Einhaltung des Artenschutzes spielt dort eine wichtige Rolle. Das gesamte Erlaubnisfeld liegt im Trinkwasserschutzgebiet und im geplanten Bergwerksfeld befindet sich das Gebiet zur Wassergewinnung Arendsee einschließlich des Wasserwerks. Die Stellungnahmen hielten aber das LAGB nicht davon ab, die Erlaubnis zu erteilen. Allerdings lässt das seit 1980 geltende Bundesberggesetz Ausnahmen zu und diese werden bei den jeweiligen Genehmigungen natürlich zugrunde gelegt. Schlimmer noch, das nicht mehr zeitgemäße deutsche Bergrecht räumt der Rohstoffgewinnung immer noch weitgehend den Vorrang vor anderen Interessen und Rechten ein - insbesondere dem Schutz der Umwelt und den individuellen Rechten der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Bergrechtliche Genehmigungen erfolgen im Regelfall ohne Beteiligung der Öffentlichkeit und vor allem gewährt das Bergrecht der Gewinnung von Rohstoffen den Vorrang vor anderen Interessen des Gemeinwohls.

So ist es grundsätzlich möglich, dass öffentlich, rechtliche Vorschriften, die der Aufsuchung und Gewinnung entgegenstehen, einfach ignoriert werden können. Aufsuchung und Gewinnung stehen im Bergrecht also im Vordergrund. Klima- und Umweltschutz sowie der Schutz des Wassers und der Mensch vor Ort sind nachrangig. Das, meine Damen und Herren, ist absolut nicht mehr zeitgemäß bzw. war es eigentlich noch nie.

Anrede

Die Altmark und gerade das Gebiet um den Arendsee bietet ein Zuhause für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, die andernorts selten geworden sind. Wir alle tragen dafür Verantwortung, dass dies so bleibt und deshalb müssen wir alle Handlungen ausschließen, die dies gefährden. Eigentlich ist es doch ziemlich klar: Die Öl- und Gasförderung in der Altmark und auch anderswo stellt eine Gefahr dar und widerspricht vielen Umweltschutz- und Klimazielen. Die Förderung von Öl oder Gas ist mit vielen Risiken verbunden – auch wenn die Industrie immer wieder versichert, dass aufgrund des Standes der Technik nichts passieren kann. Die aktuelle und die vergangene Praxis der Erdöl- und Erdgasförderung belehrt uns eines Besseren.

Schauen wir da nur mal nach Niedersachsen, also gleich hinter der ehemaligen Grenze. Die jüngsten Leckagen, beispielsweise im Landkreis Gifhorn, und die Mega-Leckage in Emlichheim in der Grafschaft Bentheim, aber auch Erdbeben in den Förderregionen machen das ganze Übel überdeutlich. Des Weiteren gibt es in diesen Gebieten massive Bodenabsenkungen oder Bodenhebungen durch das Verpressen von Lagerstättenwasser. Auch Erdbeben und das Freisetzen von giftigen Schadstoffen in Luft, Boden und Grundwasser sind an der Tagesordnung. Im Großraum Salzwedel sind solche Bodenabsenkungen ebenfalls großflächig zu verzeichnen.

Auch ungeeignete Rohrmaterialien (PE, Stahl), das Abblasen von Rohgas oder die unfachmännische Reinigung von Bohrlöchern lassen eine Belastung der Umwelt zu. Das Grundwasser wird belastet, die Gesundheit der in den Gebieten wohnenden Menschen natürlich genauso. Interessant ist übrigens auch die Tatsache, dass der Mindestabstand von Förderanlagen bis zur nächsten Wohnbebauung sogar unter 100 Meter betragen kann. Zum Vergleich, die Debatte hatte wir ja auch gerade, bei Windenergieanlagen müssen es aktuell mindestens 1000 Meter sein.

Die betroffenen Kommunen in Niedersachsen wehren sich schon lange dagegen und mittlerweile ist es auch im Landtag von Niedersachsen angekommen. SPD und CDU haben sich dort dafür ausgesprochen und ich zitiere: „Den Vorrang des Gesundheits- und Trinkwasserschutzes vor wirtschaftlichen Interessen durchsetzen.“ Die dort regierungstragenden Fraktionen SPD und CDU formulieren das Ziel, das Trinkwasser zu schützen und alles zu tun, dass Trinkwasserreserven nicht gefährdet und damit weiter nutzbar sind. Auch wollen sie, dass die in den betroffenen Gebieten erhöhte Krebsrate aufgeklärt wird. Es wird weiter erwartet, dass neben dem Schutz des Trinkwassers der Schutz der Bevölkerung und ihres Eigentums vor Erdbeben vermehrt in den Fokus genommen wird. Der dortige Antrag formuliert ebenso wie unser Antrag Bundesratsinitiativen, um das veraltete und überholte Bundesberggesetz den Entwicklungen anzupassen. Es geht aber ebenso um die Öffentlichkeitsbeteiligung und eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Aufsuchung und der Förderung dieser Rohstoffe.

Anrede

Es ist zu befürchten, dass bereits die Aufsuchung und natürlich erst recht die Förderung von Erdöl und Erdgas im Umfeld zu einer weitreichenden Imageschädigung des Tourismus in der Altmark führen wird. Wir sind der Auffassung, dass die umfangreichen Anstrengungen zur Stärkung des Tourismusstandortes im Interesse der Regionalentwicklung der Altmark konsequent fortgesetzt werden müssen und eine Erdöl- bzw. auch Erdgasförderung dem kontraproduktiv entgegensteht.   Die wirtschaftliche Bedeutung einer eventuellen Erdöl- bzw. Erdgasgewinnung in der Altmark und speziell rund um den Arendsee ist im Vergleich zum Wirtschaftsfaktor Tourismus als relativ gering einzuschätzen. Die im Ergebnis einer Erdöl- bzw. Erdgasförderung und -aufbereitung entstehenden Arbeitsplätze würde in keiner Weise die Gefährdung von Arbeitsplätzen in anderen Bereichen aufwiegen. Im Gegenteil. Die Altmark und ihre Bürgerinnen und Bürger würden abermals auf sehr lange Sicht mit vielen Nachteilen und Altlasten sowie Abfällen leben müssen. Es gilt also grundsätzlich und richtigerweise auch hier der Ausspruch „Wehret den Anfängen!“

Auch in der Altmark muss also das Vorsorgeprinzip gelten: Wir brauchen ein klares Veto gegen die Öl- und Gasförderung. Der Ausstieg aus der Verbrennung von fossilen Stoffen kann und muss hier beginnen. Wenn wir die Interessen der Menschen mit vollem Einsatz vertreten wollen, dürfen wir keine weiteren Abhängigkeiten von klimaschädlichen fossilen Energieträgern festschreiben.