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Andreas Höppner zu TOP 30: Modernen Arbeitsschutz gewährleisten, psychische Erkrankungen stärker in den Fokus nehmen

Anrede,

Die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz sind ein wichtiges Gut. Einerseits natürlich für die Beschäftigen selbst und andererseits auch für unsere Unternehmen.  Jeder Arbeitsunfall ist einer zu viel, ebenso jeder Gesundheitsschaden der durch mangelhaften Arbeits- und Gesundheitsschutz hervorgerufen wurde. Um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten sicherstellen zu können, bedarf es klugen und verantwortungsbewussten Handelns.Dabei geht es nicht nur um die moralische Pflicht, sondern auch um Erfüllung rechtlicher Vorgaben.

Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen führen auch zu Prozess-Störungen, Lieferverzögerungen, Sachbeschädigungen, Kundenverlusten und vielem mehr. Dabei geht es primär aber immer um die gefährdete Person selbst; nicht zu vergessen sind aber auch die Familien und die weiteren Angehörigen, die bei schweren Arbeitsunfällen ebenfalls zu den Betroffenen zu zählen sind. Es bedarf daher im Grunde eigentlich nicht der Erwähnung: Der Arbeits- und Gesundheitsschutz von Menschen darf in einer aufgeklärten Welt des Humanismus nicht dem Kommerz bzw. dem staatlichen Rotstift geopfert werden.

Leider aber sprechen die Zahlen und das persönliche Erleben von Beschäftigten in Sachsen-Anhalt eine andere Sprache. Sie zeigen relativ deutlich wie es um den Arbeits- und Gesundheitsschutz in Sachsen-Anhalt bestellt ist. Viele Unternehmen halten sich an die rechtlichen Vorgaben und tun sogar mehr für den Schutz und die Gesundheit ihrer Beschäftigten aber leider gibt es eine ganze Reihe für die Arbeits- und Gesundheitsschutz ein Fremdwort sind. Zum Beispiel haben zirka die Hälfte aller Unternehmen noch nicht einmal eine ordnungsgemäße Gefährdungsbeurteilung durchgeführt. Dementsprechend können sie auch keine geforderten Schutzmaßnahmen einführen, geschweige denn umsetzen. Das ist nicht nur ein Gesetzesverstoß, sondern gefährdet massiv die Sicherheit und Gesundheit von Menschen.

Zuständig für Kontrolle und Durchsetzung ist hierfür eigentlich das Landesamt für Verbraucherschutz – Fachbereich Arbeitsschutz. Aber dem steht aufgrund von massivem Personalabbau das Wasser nicht nur bis zum Hals, sondern schon darüber. Und die Situation verschlechtert sich von Jahr zu Jahr mehr. Hierzu mal ein paar Zahlen. 2007 wurden noch rund 19000 Dienstgeschäfte, also Kontrollen und Ähnliches durchgeführt. Im Jahre 2017 waren es nur noch rund 6400.Diese drastische Abnahme ist leider die logische Konsequenz einer radikalen Personalkürzung um fast die Hälfte. 2007 gab es 213 Beschäftigte und per 1.3.2018 nur noch 128 Beschäftigte. Aktuell sind es wohl nur noch 86 Beschäftigte. Weiter wurden 2008 noch rund 1500 Bußgelder und 600 Verwarnungen ausgesprochen. 2017 waren es dann nur noch 256 Bußgelder und 225 Verwarnungen. Das liegt übrigens nicht daran, dass die Unternehmen besser geworden sind.

Dagegen sprechen insbesondere die Unfallzahlen und wie ich schon erwähnte, die mangelhafte Akzeptanz von Arbeits- und Gesundheitsschutz. Viele Unternehmen haben einen erheblichen Beratungs- bzw. Unterstützungsbedarf, dem der Fachbereich Arbeitsschutz des Landesamtes für Verbraucherschutz aufgrund der eklatanten Personalkürzungen nur sehr schwer nachkommen kann. Auch die Kontrollfunktionen wurden bzw. mussten aufgrund des Personalschwunds in den letzten Jahren, wie wir es anhand der Zahlen erkennen können, immer weiter eingeschränkt. Schon heute wird ein Unternehmen in Sachsen-Anhalt durchschnittlich nicht einmal rund aller 19 Jahre kontrolliert.

Das systematische Personalkürzen betrifft übrigens das gesamte Landesamt für Verbraucherschutz. Ein weiteres Problem das mit dem drastischen Personalabbau zu tun hat ist, dass sich die Aufgaben des Fachbereichs Arbeitsschutz natürlich nicht verringert, sondern im Gegenteil sogar noch massiv erhöht haben.Der Bereich ist für die Kontrolle von mehr als 60 Gesetzen und Verordnungen zuständig. In vielerlei Hinsicht haben diese ihren Ursprung im Bundes- oder europäischen Recht. Das heißt Sachsen-Anhalt kann diese auch nicht einfach negieren.

Zusätzlich zum Arbeitsschutz nehmen sie auch Aufgaben in den Bereichen Umweltschutz, Immissionsschutz oder Marktüberwachung wahr. Bereiche, die zu den klassischen Arbeitsschutz-Themen dazugekommen sind, sind beispielsweise Fragen der psychischen Arbeitsbelastung, der Automatisierung und Robotik oder der Nanopartikel. Die Aufsicht ist zuständig für Fragen des Strahlenschutzes, für Gefahren durch Schadstoffe, für Brandschutz, für Verbraucherschutzfragen, für Medizinprodukte und vieles mehr. Bei der Überprüfung von Betrieben ist seit der Verabschiedung des Arbeitsschutzgesetzes nicht mehr nur eine Sichtung der Arbeitsbedingungen nötig, sondern auch eine Prüfung, die die organisationalen Gegebenheiten im Betrieb betrachtet.

Flexibilisierung und Globalisierung haben außerdem schwierig zu prüfende Strukturen mit sich gebracht. Als Beispiel seien hier genannt das Outsourcing von Betriebs- und Unternehmenseinheiten, die Leiharbeit oder auch die Auftragsvergabe an Subunternehmer.Die Digitalisierung bringt gerade weitere Änderungen mit sich, die die Aufsichtsbehörden abdecken müssen. Diese Aufgabenfülle führt noch zu einem zweiten Effekt; denn die drastische Reduktion der Außeneinsätze und Vor-Ort-Kontrollen, hat ihren Grund nicht nur in der rückläufigen Zahl der Kontrolleure. Hinzu kommt, dass die verbleibenden Mitarbeiter immer weniger Zeit haben, weil sie eben auch mit gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungsaufgaben, Gutachten oder Genehmigungsverfahren befasst sind.

An der Stelle bedanke ich mich mal bei den wenigen verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Aufgabenfülle überhaupt noch zu bewältigen ist eine Mammutaufgabe und führt letztendlich auch dazu das der Druck stetig steigt und somit die Gesundheit der Beschäftigten in den Landesämtern selbst in Gefahr gebracht wird. Zu den Aufgabenbereichen der Gewerbeaufsicht gehört ebenso der psychische Arbeitsschutz und auch die betriebliche Gesundheitsförderung soll gestärkt werden, um zum Beispiel neuen Herausforderungen wie psychischer Belastungen am Arbeitsplatz in einer sich stetig verändernden Arbeitswelt besser begegnen zu können. Das ist nicht neu, sondern wird bereits in der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) aus dem Jahr 2013 festgelegt.

Die GDA ist eine Initiative von Bund, Ländern und der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese einigten sich gemeinsam auf Ziele hinsichtlich der Förderung des Arbeitsschutzes. Wie diese Dinge in Zukunft umgesetzt werden sollen, ist aufgrund der Faktenlage bzw. der Zahlen, die wir gerade gehört haben, aus unserer Sicht nicht ersichtlich. Schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, dass dieses Thema überhaupt ordentlich und effektiv bearbeitet werden kann. Dazu braucht es ausreichend viel und gut geschultes Personal sowie gute Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Landesämtern.