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Swen Knöchel zu TOP 7: Sachsen-Anhalts Zukunft sichern – Nachtragshaushalt und Sondervermögen jetzt!

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Wiederholt befassen wir uns im vorliegenden Antrag mit den finanzpolitischen Notwendigkeiten für unser Land.

Es ist aus Sicht unserer Fraktion unumgänglich, für das Jahr 2021 einen Nachtragshaushalt zu verabschieden. Es ist notwendig, den Fehler der zu kurzen Tilgungszeiträume aus dem Nachtragshaushalt 2020 zu korrigieren.

Wenn Sachsen-Anhalt die mit der Pandemie verbundenen Probleme in unserer Wirtschaft wirklich angehen will, braucht es klare und vor allem mehrjährige Perspektiven. Die Einrichtung eines Sondervermögens ist daher unumgänglich.

Und, ja – die Erkenntnis, dass eine Pandemie Geld kostet, beinhaltet auch die Frage nach der Finanzierung. Wir fordern in Richtung des Bundes einen Lastenausgleich in Form einer einmaligen Vermögensabgabe für extrem hohe Vermögen. Und unabhängig von der Pandemie muss der Steuergesetzgeber der sich immer weiter öffnenden Schere zwischen arm und reich die Wiedereinführung einer Vermögensteuer entgegensetzen.

 

Wiederholt befasst DIE LINKE mit genau diesen Fragen den Landtag von Sachsen-Anhalt. Sie meine Damen und Herren von der Kenia Koalition fragen sich sicher – Warum?

Warum kommt DIE LINKE immer wieder mit Anträgen, die sie ja schon so oft abgelehnt oder in Ausschüssen versenkt haben?

Ist es Wahlkampf?

Nun, meine Damen und Herren es ist der unverstellte Blick auf die Landesfinanzen, der Handeln geradezu verlangt.

Und da wollen wir es nicht aufgeben, Sie zum Jagen zu tragen.

 

Seit Anfang November befinden wir uns im Lockdown. Fast das gesamte Jahr 2020 wurden aus gutem Grund Spielstätten und Einrichtungen von Kunst und Kultur geschlossen oder mit großen Einschränkungen versehen. Seit Anfang Dezember sind Geschäfte, Schulen und Kindertagesstätten zu, das Vereinsleben ist zum Stillstand gekommen.

Das alles ist notwendig zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung, wird aber nicht ohne Folgen bleiben.

Folgen für die Struktur unserer Wirtschaft, des Handwerks, der Gastronomie und Einzelhandels.

Die, wenn auch mit Verzögerung, ausgereichte finanzielle Unterstützung hilft den Unternehmen und Unternehmern in der Zeit der Pandemie oft mehr schlecht als recht.

Aber die wirklichen Probleme werden erst nach der Aufhebung der Beschränkungen sichtbar.

Es wird viel öffentliche Unterstützung notwendig sein, unsere Wirtschaft wieder anzukurbeln.

Eine Folge des Lockdowns allerdings, liegt bereits jetzt auf der Hand, die Folgen für die öffentlichen Einnahmen.

2020 schlug mit einem Minus bei den Steuereinnahmen von rund 716 Millionen Euro zu Buche.

Alle Prognosen für die Folgejahre gehen davon aus, dass wir 2022 wieder das wirtschaftliche Niveau von 2019 erreichen. Eine Prognose mit vielen Fragezeichen, zumindest zeigt der jetzige Pandemieverlauf auf, dass es wohl längere Zeit andauern wird und damit die öffentlichen Kassen noch lange belastet werden.

Was nicht geht, meine Damen und Herren, ist die Hände in den Schoß zu legen und auf bessere Zeiten zu warten. Gerade in der Krise muss die öffentliche Hand handlungsfähig bleiben und die Impulse setzen, die erforderlich sind, die Krise zu überwinden.

Nichts deutet darauf hin, dass das von heute auf morgen erledigt ist, es ist eine mehrjährige Aufgabe, die mit der Bildung eines Sondervermögens angegangen werden muss.

Diese Erkenntnis hat mittlerweile auch das Ministerium der Finanzen erreicht.

In der mittelfristigen Finanzplanung vom 16. Dezember 2020, Drucksache 7 / 7114 erörtert die Landesregierung die Möglichkeiten zur Einrichtung von Sondervermögen.

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Ja, es geht und eröffnet dem Land Handlungsspielräume.

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Nach Vorstellung unserer Fraktion sollte das Sondervermögen für die Jahre 2021 bis 2026 eingerichtet werden und folgende Bereiche umfassen:

  • Hilfen an Unternehmen, Selbständige und Soloselbständige für die Dauer der Pandemie und zur finanziellen Unterstützung bei der Wiederingangsetzung nach dem Ende der beschränkenden Maßnahmen,
  • Hilfen für kulturelle Einrichtungen und Kulturschaffende, zur Wiederingangsetzung nach der Pandemie,
  • die Umsetzung des Paktes für den öffentlichen Gesundheitsdienst einschließlich der sich daraus ergebenden zusätzlichen Maßnahmen des Landes
  • ein Investitionsfonds für die Krankenhäuser des Landes
  • einen Hilfsfonds für die Kommunen, der diese in die Lage versetzt trotz der drohenden erheblichen Einnahmeausfälle handlungsfähig zu bleiben.

und

  • Einen Fonds, mit dem wir die Schulen in die Lage versetzen, die in der Pandemie offensichtlich gewordenen Mängel bei Digitalisierung in den Schulen zu überwinden.

Das sind nur wenige Beispiele, aber um ein solches Sondervermögen zu konzipieren ist es erforderlich, dass wir jetzt in die Beratung einsteigen.

Ein wichtiges Argument für unseren heutigen Antrag.

Das Sondervermögen soll sich speisen aus einer Kreditaufnahme im Rahmen eines Notlagekredites, des Weiteren sollen in ihm die Mittel des Bundes und der EU konzentriert werden, die im Zusammenhang mit Corona gewährt werden.

Das Gesetz zu seiner Errichtung muss zügig verabschiedet werden und Mitwirkungs- und Kontrollrechte des Parlaments sichern.

Aber neben der Pandemie, neben Corona gibt es noch einen weiteren gewichtigen Grund, den Nachtragshaushalt anzugehen.

Und der heißt Kenia.

Das Erbe von Kenia beschreibt Finanzminister Richter in der von mir bereits erwähnten Mittelfristigen Finanzplanung wie folgt:

Die Fortführung der bisherigen Haushaltspolitik wird

  • Bereits im Jahr 2022 einen Fehlbetrag von 1,6 Milliarden Euro
  • Und im Jahr 2023 einen Fehlbetrag von 1, 5 Milliarden Euro erzeugen.

Das weitergerechnet wird für die kommende Legislatur wird sich die Deckungslücke auf mehr als 7 Milliarden Euro summieren.

 

7 Milliarden Euro Handlungsbedarf unter der Annahme, dass 2022 wieder die Steuerkraft von 2019 erreicht wird und es danach aufwärts geht.

 

7 Milliarden Euro Handlungsbedarf ohne Berücksichtigung des Neubaus der JVA Halle, der notwendigen Umbaukosten am Universitätsklinikum Magdeburg, geschweige denn der erwartbaren Belastungen durch die Corona Pandemie.

Apropos Justizvollzugsanstalt Halle, deren Konzept und Kostenschätzung auf die vergangene Legislatur zurückgehen. Dieses von der Landesregierung vernachlässigte Projekt ist in mehrfacher Hinsicht ein Risiko für kommende Haushalte. Zum einen sind die damals geschätzten 170 Millionen Euro bis heute nicht im Haushalt ausfinanziert, zum Anderen glaube ich nicht, dass die 170 Millionen das Ende sind. Ich gehe vielmehr davon aus, dass wir bei weit über 200 Millionen Kosten landen werden. Außerdem lässt der jetzige Planungsstand das Fertigstellungsziel 2025 als unrealistisch erscheinen. Daraus folgt, dass uns Sanktionen und Mehrkosten für die Unterbringung von Häftlingen auch in anderen Bundesländern drohen. Eine unerledigte Aufgabe mit Sprengkraft.

Ungelöst bleibt die Frage, wie es mit der Schulsozialarbeit weitergeht. Offen ist, wie die Kommunalfinanzen künftig gestaltet werden sollen.

7 Milliarden Defizit für die Zukunft, ist das Erbe von Kenia.

Ich verstehe schon, dass Sie keine Lust haben über einen Nachtragshaushalt zu reden.

 

Die Landesregierung hat in der mittelfristigen Finanzplanung schon mal Vorschläge unterbreitet, wie die Situation aufgelöst werden kann:

Die Landesregierung schlägt vor, die Personalausgaben bis 2024 um 236 Millionen Euro zur ursprünglichen Planung zu kürzen. Das sind rund 3.800 Stellen die abgebaut bzw. nicht wieder besetzt werden sollen oder die komplette Finanzverwaltung oder die halbe Landespolizei.

Die Investitionen sollen im Zeitraum 2022 bis 2024 um 425 Millionen Euro abgesenkt werden und

Insgesamt soll das Land in den kommenden 3 Jahren, so die Landesregierung ca. 4 Milliarden Euro weniger ausgeben und alles was aus diesem Plenum dazu kommt, ist der Hinweis auf die kommende Legislaturperiode.

 

Sie können uns gern Wahlkampf vorwerfen, aber ich finde bei dieser Summe haben die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ein Recht darauf zu erfahren wie die Vorstellungen jeder einzelnen Fraktion dieses Hauses sind. Von der LINKEN zumindest dürfen Sie keine Verschwiegenheit erwarten.

Ja, wir wissen drei sehr verschiedene Koalitionspartner haben sich in Kenia zusammengefunden. Dass es keine Liebesbeziehung war und ist, haben Sie ja in diesem Saal mehr als einmal eindrucksvoll vorgeführt.

Und Corona stand nun mal nicht in ihrem Koalitionsvertrag.

Und ja, jetzt wo es aufs Ende der Legislaturperiode zugeht ist es schwer unserem Verlangen, die Landesfinanzen zu ordnen nachzukommen. Aber gerade in der Krise braucht unser Land Perspektiven und keinen Scherbenhaufen, den die nachfolgende Landesregierung zusammenkehren soll.

 

Das Prinzip Kenia hat beim Haushalt eh nie funktioniert.

Das Prinzip Kenia hieß, der Landtag durfte um den Haushalte streiten und danach machte die Landesregierung was sie wollte.Im Zweifel tat sie nichts. Der Haushalt wurde zum Märchenbuch degradiert, Jahresabschlüsse zeigen das auch deutlich.

Am Ende bleibt eine Finanzlücke von 7 Milliarden Euro und ein Rucksack ungelöster Aufgaben.

Richtig war, sie haben die Kürzungen bei den Kommunen auf Null gestellt. Mit der Festschreibung 1,6 Milliarden Euro im FAG haben Sie eine Forderung erfüllt. Dabei ist es aber auch geblieben. Die Reform der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen blieb aus, was sich jetzt in der Krise rächt. Die Einnahmeausfälle insbesondere bei der Gewerbesteuer für die Kommunen werden auf Jahre hinaus zu Buche schlagen und wir haben keine Antwort. 2020 hat der Bund und das Land ausgeglichen, was in diesem und den kommenden Jahren passieren soll steht in den Sternen.

Hier braucht es dringende Antworten.

Ambitioniert waren Ihre Ziele bei den Investitionen. 8,5 Milliarden Euro haben die Ministerien und die Koalitionsfraktionen für die Jahre 2016 bis 2020 im Haushalt veranschlagt. Geschafft haben Sie 5,9 Milliarden Euro. Das heißt jedes Jahr haben Sie mehr als eine halbe Milliarde Euro liegen lassen. Im vergangen Jahr allein 600 Millionen Euro.

Eigentlich haben Sie ja nur 5,7 Milliarden Euro für Investitionen ausgegeben, denn in der Summe enthalten sind ja auch die 200 Millionen zur Rettung der NORD LB, die sich vor dem Hintergrund der Krise auch als Risiko für kommende Haushalte entwickeln kann.

Digitalisierung war Ihnen wichtig, na ja allein im Einzelplan 19 haben Sie in den vergangenen 5 Jahren 214 Millionen Euro Investitionsmittel liegen.

Unterlassene Investitionen sind immer auch eine Hypothek für die Zukunft und damit Teil des Erbes dieser Koalition.

Ein Trauerspiel im Haushaltsvollzug war die Einstellungspolitik von Lehrerinnen und Lehrern. Der Landtag brachte die notwendigen Stellen aus, sie blieben liegen die Potentiale wurden von der Landesregierung nicht genutzt. 60 Millionen Euro nicht ausgegebene Personalkosten im Bildungsministerium allein 2020. Es fehlen immer noch über 800 Lehrerinnen und Lehrer. Die Finanzierung der Schulsozialarbeit haben Sie auch in die nächste Legislaturperiode verschoben, die kommen dann auf die 7 Milliarden noch drauf.

Aber anders betrachtet, ohne die nicht eingestellten Lehrerinnen und Lehrer ohne die auf die lange Bank geschobenen Investitionen wäre Ihnen Ihr Haushalt schon viel eher um die Ohren geflogen.

Erzählen Sie noch mal was von seriöser Haushaltspolitik.

Aber auch an den kleinen Sachen kann man erkennen, dass der Haushalt keine Handlungsgrundlage der Regierung war.

Der Hebammenfonds wurde zerredet, mit Hürden überhäuft und am Ende eingestellt, weil er nicht die Idee der zuständigen Ministerin war. Die Hebammen werden es Ihnen danken.

Die Mittel für eine Evaluierung unserer Krankenhauslandschaft werden liegen bleiben, weil sich Sozial- und Finanzministerium nicht einigen konnten.

Ach ja, Krankenhäuser. Da hat der Bund im vergangenen Jahr eingesehen, dass es so nicht weitergeht und Mittel bereitgestellt. Es ist und bleibt aber eine Landesaufgabe für die es weder ein Konzept noch geplante Mittel gibt.

 

Das nur einige Beispiele aus dem Doppelhaushalt 2020 / 2021.

Er war schon bei seiner Verabschiedung Altpapier. Seine Ansätze sind vor dem Hintergrund der jetzigen Krise überholt.

Deshalb fordern wir den Nachtragshaushalt, deshalb fordern wir die Einrichtung eine mehrjährigen Sondervermögens.

Sie werden unseren Antrag erneut ablehnen.

Die Landesregierung wird sich weiter versuchen durchzuwurschteln und nach der Wahl wollen Sie dann alle erschrocken gucken und nichts gewusst haben.

Das zumindest geht nun nicht mehr.