Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Rassismus in der Polizei. – Nichts spricht gegen Aufklärung, außer fehlender politischer Wille

Zur Debatte um die von Bundesinnenminister Seehofer abgesagte Studie über Rassismus in der Polizei erklärt die innenpolitische Sprecherin Henriette Quade:

„Kritische Stimmen aus fachkundigen Kreisen mahnen seit langem an, sich dem Problemfeld Rassismus innerhalb der Polizei zu stellen. Vom Generalverdacht kann dabei überhaupt keine Rede sein: Polizeibeamte sind Teil dieser Gesellschaft und in unserer Gesellschaft ist in den vergangenen Jahren eine deutliche Zunahme rassistischer Einstellungen, Äußerungen, Übergriffe und Gewaltverbrechen zu verzeichnen. Seit jeher sind Beispiele der Polizeiarbeit bekannt, in denen unangemessene Übergriffe auf rassistische Einstellungen oder zumindest Vorurteilen schließen lassen. In die Öffentlichkeit gelangten bisher zumeist nur Einzelbeispiele; etwa dann, wenn solche polizeilichen Übergriffe Persons of Color treffen, die Aufgrund ihres Status als Prominente ein besonderes Interesse erzeugen. Doch sehr viele andere Menschen, denen vermeintliche Fremdheit durch Aussehen oder Namen zugeschrieben wird, haben solche Erfahrungen gemacht: angefangen bei häufigen verdachts- oder anlasslosen Polizeikontrollen bis hin zu grundlosen Festnahmen oder Gewalthandlungen durch Polizeibeamte.

Neben solch drastischen Einzelerfahrungen müssen wir auch an den strukturellen Rassismus in der strategischen Polizeiarbeit erinnern. Das prominenteste Beispiel ist fraglos die polizeiliche Ermittlungsarbeit bei den NSU-Morden, die lange Zeit unter der Überschrift ‚Soko Bosporus‘ den Fokus auf das ‚türkische Milieu‘ gerichtet hatte und damit die Opferfamilien für lange Zeit auch zu Opfern der Polizeiarbeit machte. Erinnern müssen wir hier in Sachsen-Anhalt auch an Oury Jalloh, dessen Tod in einer Polizeizelle nach 15 Jahren noch immer nicht aufgeklärt ist und diesbezüglicher Aufklärungswille von breiten Kreisen der Polizei mit einer Schlussstrich-Mentalität abgewehrt wird. Auch jüngste Nachrichten lassen aufschrecken: in Hessen werden persönliche Daten von Polizeicomputern abgerufen und daraufhin erhalten – neben Politikerinnen der LINKEN – die Kabarettistin Idil Baydar und der Journalist Deniz Yücel Drohmails eines ‚NSU 2.0‘. Dies alles muss alarmieren und empörten Worten müssen endlich Taten folgen. Rassismus in der Polizei ist ein Problem und muss untersucht und aufgearbeitet werden. Insofern ist diese Studie eigentlich schon überfällig. Nichts spricht gegen Aufklärung, aber alles dafür.

Wir fordern Innenminister Stahlknecht auf, dem Beispiel der Innenminister unserer Nachbarländer Niedersachsen und Thüringen zu folgen und sich auf Ebene der Innenministerkonferenz für eine bundesweite Studie zum Problemfeld Rassismus in der Polizei einzusetzen. Sollte dies scheitern, wäre es seine Verantwortung, eine eigenständige Untersuchung für seinen Verantwortungsbereich, also die Polizei in Sachsen-Anhalt, zu veranlassen.“

 

Magdeburg, 20. Juli 2020