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Praxis der Ausländerbehörde muss überprüft werden

Laut Bericht der Mitteldeutschen Zeitung muss der Chef des Ausländeramtes Merseburg gehen. Im Bericht wird dargestellt, dass er NS-Symbolik in Chats genutzt haben soll und zudem unerlaubt Kontakt zu einer Klientin gesucht haben soll. Dazu erklärt die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion, Henriette Quade, und die für den Saalekreis zuständige Abgeordnete, Kerstin Eisenreich:

„Die Ausländerbehörde Merseburg steht seit langer Zeit in der Kritik. Immer wieder wird von besonders restriktiven Handhabungen des Ermessensspielraums berichtet. So wird bspw. Besonders intensiv über das entwürdigende Gutscheinsystem, anstelle von Barzahlungen berichtet, schildern Betroffene willkürliche Entscheidungen im Bereich der Sozialleistungen als Strafe für vermeintliches Fehlverhalten. Auch Berichte über Abschiebungen, die erfolgten, indem die Betroffenen zu einem scheinbar normalen Termin in das Asylzentrum bestellt wurden und dort in Gewahrsam genommen wurden und unmittelbar abgeschoben wurden, erreichen uns immer wieder. Erst vor einigen Monaten wurde z.B. Waheed P. aus einer laufenden Beratung heraus nach Afghanistan abgeschoben. Seitdem weiß niemand wo er ist und ob er noch lebt. Erst vor wenigen Wochen wurde über die Auseinandersetzungen eines seit 2013 im Landkreis wohnenden EU-Bürgers berichtet, der als Integrationslotse arbeitet und dem nun wegen Unklarheiten in den Akten mit Abschiebung gedroht wurde.

Die jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe gegen den Chef des Ausländeramtes Merseburg dürfen deshalb nicht mit der Personalie Rosenstein ad acta gelegt werden. Sie müssen Anlass sein, die Praxis des Asylzentrums Merseburg und des Ausländeramtes insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. Wenn solch schwere Vorwürfe im Raum stehen und ja offensichtlich für den Landkreis soweit erwiesen sind, dass sie zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, ist davon auszugehen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist.

Daher ist zu prüfen, ob es weitere Fälle unerlaubter Kontaktaufnahmen gab, aus welchen Motiven diese ggf. passiert sind und wie viele Betroffene und Mitwisser es gibt. Wenn ein Chef der Ausländerbehörde seine Machtstellung gegenüber den von seinen Entscheidungen Abhängigen missbraucht, muss gründlich aufgearbeitet werden, in welchem Umfang das passiert ist. Dazu zählt auch die Frage, wer davon wusste.

Wenn er Nazisymbolik genutzt hat, ist dies als Ausdruck einer Haltung zu verstehen und natürlich ist davon auszugehen, dass diese sich in den Ermessensentscheidungen seiner Behörde, die über das Schicksal von Menschen entscheidet, widerspiegelt. Deswegen müssen auch die Entscheidungen der Behörde auf den Prüfstand und intensiv aufgearbeitet werden.

Unverzichtbar und überfällig ist es, endlich die Berichte der von diesen Entscheidungen Betroffenen ernst zu nehmen und in die Aufarbeitung einzubeziehen.“

Magdeburg, 17. September 2020