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Kerstin Eisenreich zu TOP 2a: Aktuelle Debatte "Maßnahmenpaket für mehr Klimaschutz - ideologiebetriebener Wohlstandsabbau"

Anrede

Der durch den Menschen verursachte Klimawandel schreitet dramatisch voran. Weltweit sind die Folgen unübersehbar: Dürre, steigender Meeresspiegel, Hochwasser, Gletscherschmelze rauben bereits heute die Lebensgrundlage für zahllose Menschen. Und auch wir erleben in Sachsen-Anhalt das zweite Jahr Dürre in Folge. Die Temperaturen steigen global weiter an, mit katastrophalen Konsequenzen. DIESE bringen unseren Wohlstand in Gefahr. Die Kosten für die Beseitigung der Klimafolgenschäden haben schon jetzt enorme Dimensionen angenommen. Wir haben gar keine Wahl, als endlich die mit dem Pariser Klimaschutzabkommen eingegangene Verpflichtung zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes endlich umzusetzen.

Ja, die Bundesregierung wollte nicht mit leeren Händen zum UN-Klimagipfel fahren. Aber was sie da letztendlich abgeliefert hat, darf mit Recht als mutlos bezeichnet werden. Ein Gesamtkonzept mit durchgreifenden Maßnahmen und zugleich einer soliden sozialen Absicherung für die Menschen ist nicht zu erkennen. Mit den vorgelegten Plänen kann das CO2-Minderungsziel von 55 Prozent im Vergleich zu 1990 nicht erreicht werden. Im günstigsten Fall schaffen wir 48 Prozent. Experten gehen jedoch davon aus, dass wir mit den jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen auf etwa die Hälfte des Zieles kommen. Die Minderungswirkung vieler Punkte ist fraglich und zum Teil gar schädlich für den Klimaschutz. Dazu wird die Akzeptanz der Menschen weiter schwinden, weil es für verschiedenen Bevölkerungsgruppen, insbesondere im unteren Einkommensbereich, zu höheren Belastungen kommt.

Unter anderem soll nun der umstrittene nationale Emissionshandel für den Wärme- und Verkehrsbereich eingeführt werden. Mit einem Anfangspreis von 10 Euro je Tonne CO2 und der Steigerung auf 35 Euro im Jahr 2025 wird keine Lenkungswirkung erreicht. Eine dem Bundesumweltministerium vorliegende Studie zu wirtschaftlichen Instrumenten für eine klima- und sozialverträgliche CO2-Bepreisung geht von einem Anfangspreis von 35 Euro je Tonne CO2 aus, der weiter steigt. Zugleich sollen die Menschen nicht nur durch eine Reduzierung von EEG-Umlage und Stromsteuer entlastet werden, sondern auch in Form einer Prämie pro Kopf und Jahr, die ebenfalls steigen. Dieses Prinzip funktioniert in anderen Ländern, aber im Klimaschutzpaket ist davon nichts zu finden.

Gleichzeitig fehlt völlig der Ansatz, die Verkehrs- bzw. Mobilitätswende endlich in Angriff zu nehmen, umweltfreundliche und öffentliche Alternativen sind zu stärken. Es muss kräftig in den ÖPNV, insbesondere im ländlichen Raum investiert werden. Dieser muss bezahlbar sein. Da reichen Modellprojekte in 10 Kommunen zur Einführung eines 365-Euro-Tickets eben nicht aus. Ein 365 Euro-Ticket für den Nahverkehr wäre ein erster Schritt hin zu einem fahrscheinlosen öffentlichen Verkehr.

Die geplanten Maßnahmen zur Stärkung des Schienengüterverkehrs sind absolut unzureichend, zumal die Investitionen im Vergleich zu anderen Ländern wie Österreich viel zu gering waren und sind. Und wie sieht es eigentlich mit einer gesamteuropäischen Betrachtung des Ausbaus des Güter- und Personenverkehrs auf der Schiene aus? Wieder Fehlanzeige.

In die Bahn müssen jährlich zusätzlich 9 Milliarden Euro fließen, um sie fit für die Zukunft zu machen. Der Rad- und Fußverkehr braucht jährlich zusätzlich 1 Milliarden Euro. Im Gegenzug ist die milliardenschwere Subventionierung für Diesel abzubauen und Flugbenzin zu besteuern.

Mit Kaufprämien für E-Autos werden wieder einmal Automobilkonzerne subventioniert. Damit verkommt die Verkehrswende zu einer Antriebswende. Politik muss mehr als Kaufanreize setzen!

Die Förderung der energetischen Gebäudesanierung ist völlig unzureichend. Insbesondere eine gezielte Förderung in Gebieten mit einkommensschwachen Mietern, die noch im Entwurf festgehalten war, fehlt jetzt im Eckpunktepapier. Auch fehlt eine mietrechtliche Absicherung, denn diese Sanierungen müssen warmmietneutral abgesichert sein, damit es nicht zu einer Verdrängung von Mieterinnen und Mietern kommt. Dem Missbrauch der Wärmewende muss ein Riegel vorgeschoben werden. Wir fordern: Klimaschutz ohne Mieterhöhung! Deshalb dürfen Modernisierungskosten nicht mehr wie bislang auf die Mieter umgelegt werden. Dazu müssen die Zuschüsse des Bundes für die energetische Gebäudesanierung drastisch auf insgesamt 10 Mrd. Euro pro Jahr angehoben. Energetische Gebäudesanierung würde so zum Beschäftigungsmotor.

Der Abschied von Kohle und Atom erfordert zeitgleich Alternativen. Doch die Windkraft liegt am Boden, die ohnehin zu niedrigen Ausbauziele für Ökostrom werden verfehlt. Im Energiebereich ist es zwar löblich, dass der Ausbaudeckel für Photovoltaik abgeschafft wird. Damit Wind und Solar aber wieder an Fahrt gewinnen, brauchen wir bei Wind und Solar jeweils einen Zubau von mindestens 5 Gigawatt jährlich. Zur Steigerung der Akzeptanz für die Windkraft müssen endlich Kommunen an den Erträgen der Ökostrombetreiber beteiligt werden. Dafür braucht es schnellstens eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung.

Das was aber die Menschen am meisten umtreibt, nämlich die steigenden Strompreise, wird wieder ignoriert. Die Stromsteuer wird nicht abgeschafft und die geplante Absenkung der EEG-Umlage ist minimal. Deshalb fordern wir die Abschaffung der Stromsteuer, damit die Strompreise für Privathaushalte sinken.

Alles in allem müssen wir trotz kleiner positiver Schritte wie die Mehrwertsteuerabsenkung für Bahntickets, die Förderung des Austauschs alter Ölheizungen und das Verbot des Neueinbaus ab 2026, der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und die Ausrichtung der Kfz Steuer auf CO2 das Eckpunktepapier als völlig unzureichend kritisieren. Die Klimaschutzziele sind damit nicht einzuhalten.

Nur mit klaren ordnungsrechtlichen Vorgaben an die Industrie sowie umfangreichen Investitionsprogrammen zum Aufbau einer klimafreundlichen Infrastruktur kann ein Klimaschutzprogramm erfolgreich sein. Die Zeche müssen die Verursacher zahlen, also Konzerne und Reiche. Klimaschutz ist deshalb eine engagierte Umverteilungspolitik. Nur so wächst die Bereitschaft für den Wandel.

Aus unserer Sicht muss die Bundesregierung das angekündigte Klimaschutzgesetz mit separaten Minderungszielen bis zum Jahr 2030 für die Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft umgehend vorlegen.

Klimagerechtigkeit funktioniert dabei nicht innerhalb der nationalen Grenzen! Deshalb brauchen wir einerseits die eigenen Anstrengungen der Bundesrepublik und andererseits gemeinsame europäische und globale Anstrengungen. Das haben die Jugendlichen, die weltweit für Klimaschutz auf die Straße gehen und die Politik zum Handeln auffordern sehr wohl verstanden. Also handeln wir endlich und ergehen uns nicht in einer Generationenschelte, die völlig unangemessen und arrogant ist.