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Henriette Quade zu TOP 23: Maßnahmen zur Bekämpfung der Messerkriminalität

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Populistische Sicherheitspolitik hat eine wahre Leidenschaft für das Thema Messer entwickelt- Bewaffnung ist super, aber Messer nicht. Das ist auch ganz logisch, denn durch Verzerrungen und Ausblendungen erzeugt die AfD auch in anderen Bereichen ihre Parallelwelt in der Filterblase.

„Mit ihren Pressemeldungen zeichnet die AfD ein Bild, wonach das Tatmittel Messer mit der Zuwanderung nach Deutschland gekommen und grundsätzlich Ausdruck einer ausgeprägten Gewaltbereitschaft von Zuwanderern sei.“ So eine letztes Jahr in der kriminalpolitischen Zeitung veröffentlichte überaus interessante Studie.

In Sachsen-Anhalt wurden von 173.346 Straftaten 2019 873 mit dem Tatmittel Messer begangen. Das sind rund  0,5%. In der Pressearbeit der AfD bilden diese Straftaten aber laut der Studie mit 66,7% der untersuchten Pressemeldungen zu Kriminalitätsfällen einen Schwerpunkt.

In Sachsen-Anhalt sind 93,5% der 873 Straftaten mit Messerverwendung Roheitsdelikte, also Raub, Schlägereien, Körperverletzungen. Niemand, wirklich niemand, behauptet dass diese nicht schlimm sein. Niemand behauptet, dass man das hinnehmen müssen. Niemand behauptet, dass die Täter nicht bestraft werden sollten. Aber es sind keine Straftaten gegen das Leben und ob sie das sind oder nicht, entscheiden nicht wir hier, sondern das entscheidet eindeutig und abschließend das Strafgesetzbuch. Die hier verwendete Kategorie Gewaltstraftaten ist keine gesetzliche, sondern eine statistische Kategorie. In der PKS werden unter Gewaltkriminalität Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen, was vom Strafgesetzbuch definierte Straftaten gegen das Leben sind, und  gefährliche und schwere Körperverletzung, Körperverletzung mit Todesfolge, Beteiligung an einer Schlägerei, Vergewaltigung und schwere sexuelle Nötigung, Raubdelikte, erpresserischer Menschenraub, Angriff auf den See- und Luftverkehr und Geiselnahme, also weit mehr als die im StGb abschließend aufgelisteten Straftaten gegen das Leben, zusammengefasst.

Was die AfD hier beantragt würde bedeuten, dass bei 93,5% der Messerdelikte in Sachsen-Anhalt ein Ermittlungsverfahren eröffnet wird, das auf einem heute hier durch Landtagsbeschluss entschiedenen falschen Anfangsverdacht beruht.

Das wäre rechtsdogmatisch hochproblematisch und es wäre politisch eine gefährliche Durchbrechung  der Gewaltenteilung, wenn nicht der Ermittlungsstand, sondern ein Landtagsbeschluss darüber entscheidet, welcher Verdacht erhoben wird und noch dazu die Staatsanwaltschaften per Weisung zu rechtswidrigen Entscheidungen verpflichtet würden.

Der Antrag ist ganz klar abzulehnen, wobei ich ehrlich gesagt gar nicht glaube dass es der AfD ernsthaft um den Antrag geht, sondern vielmehr darum, über ein Lieblingsthema zu reden. Dem kann man sachlich begegnen , oder man lässt sich von ihr treiben und bedient am Ende ihre Erzählung. Der Alternativantrag der Koalition wählt letzteres, propagiert die Messerverbotszonen als Lösung und stellt noch dazu fest, dass Messerstraftaten im Öffentlichen Raum besonders gefährlich sind. Schauen wir noch mal in die Statistik. Im Umkehrschluss heisst das, dass 499 der Straftaten mit Messern im letzten Jahr in Sachsen-Anhalt nicht besonders gefährlich waren, weil sie sich nicht im Öffentlichen Raum abgespielt haben. Meine Damen und Herren, das kann nicht ihr Ernst sein!

Weder diese Behauptung, noch die Vorwegnahme des Prüfergebnisses der Polizeiinspektionen, wie sie es mit dem Titel des Antrages tun zeugen von einem klugen politischen Vorstoß, der noch dazu irgendwas konkret regeln würde - aber er streichelt die konservative Seele, die offenbar ernsthaft meint, wann immer die AfD etwas behauptet, müsse sie es zu ihrem Problem machen. Die Berichterstattung steht so oder so an, meine Fraktion sieht ihr gespannt entgegen - den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen lehnen wir ebenfalls ab.