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Hendrik Lange zu TOP 15: Betrug am Bund beenden - Zukunftsvertrag einhalten - Hochschulen und Studentenwerke verlässlich und auskömmlich finanzieren

Sehr geehrte Damen und Herren,

während sich Herr Haseloff und Prof. Willingmann für die ihrer Meinung nach beste Hochschulpolitik aller Zeiten feiern, formiert sich an der Martin-Luther-Universität Protest. Unter dem Hashtag MLUnterfinanziert werden Demos und Kundgebungen organisiert und Unterschriften gegen den Kahlschlag in Studiengängen und Fächern gesammelt. Eine Petition mit über 16000 Unterschriften wird morgen dazu übergeben. Warum gibt es diesen Protest? Nun es gibt ein Papier des Rektorats, dass Vorschläge macht, was alles nicht mehr in Forschung und Lehre stattfinden kann, wenn das Strukturelle Defizit der Universität bestehen bleibt. Vorgesehen ist, dass die Studiengänge Gräzistik, Latinistik, Indologie, Japanologie, Sprache und Kultur Südasiens, Mittel- und Neulateinische Philologie, Archäologie des Vorderorients, Land- und Umwelttechnik und Landeskulturen und Kulturtechniken sowie

das Institut für Altertumswissenschaft und das für Sportwissenschaft für immer geschlossen werden. Da sind ein paar Evergreens dabei, die ich schon aus meiner Senatszeit kenne – wie die Sportwissenschaften. – Der Flurschaden wäre übrigens enorm, weil viele SpoWis Übungsleiter in Vereinen sind. Nicht auszudenken was da wegbricht. Altertumswissenschaften sind etabliert und berühmt, genauso wie Archäologie, Der Winckelmann rotiert wahrscheinlich grade in seinem Grab. Und außerdem haben wir in der Landwirtschaft genügend Aufgaben mit Blick auf Klimaschutz und Klimawandel, als dass man da kürzen kann. Und mit Blick auf den Kürzungskanon ist festzustellen, dass es besonders die Orchideenfächer betrifft, die es nur selten an den Universitäten gibt, und die deshalb besonders wertvoll sind. – Also warum Diese Vorschläge und warum dieses Vorgehen?
 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Nun hat Rektor Tietje das sicherlich schlecht eingestielt. Denn der Protest richtet sich gegen ihn und das unabgesprochene Vorgehen, und die vorgeschlagenen Maßnahmen. Aber das Papier hat einen rationalen Kern. Und der heißt strukturelles Defizit. Um dieses zu verstehen, müssen wir uns mindestens das letzte Jahrzehnt Hochschulpolitik unter der CDU ansehen. Über Jahre hinweg wurden Tarifaufwüchse – wohlgemerkt für Landespersonal – nur zu 90 % ausgeglichen. 10 % mussten aus den ohnehin schon knappen Hochschulbudgets erwirtschaftet werden. Das trifft eine Große Uni wie die Uni Halle besonders – aber genauso alle Hochschulen. Ein Inflationsausgleich wurde gar nicht gewährt – obwohl die Preissteigerungen im Wissenschaftsbetrieb immer über den durchschnittlichen Preissteigerungen liegen. Hinzu kamen reale Kürzungen der Grundfinanzierung (wohlgemerkt) durch die Bernburger Vereinbarung. All das führt zu den großen Verwerfungen an der MLU. Und ich lasse nicht unerwähnt, dass diese Probleme alle Hochschulen hatten – die Lösungsstrategien jedoch unterschiedlich waren. Dass ihnen aber dieses Geld dauerhaft fehlt und Strukturkürzungen schmerzhaft sind, werden jedoch alle bestätigen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

nun kann man an ein strukturelles Defizit unterschiedlich heran gehen. Man kann, wie Herr Tietje Kürzungen vorschlagen. Und ohne das Rektorat in Schutz nehmen zu wollen, hat auch hier das Papier seinen rationalen Kern. Zum einen muss schnell was passieren, also guckt man, wo ist grad eine Professur nicht besetzt, oder wo geht jemand demnächst in Rente. Dann guckt man was besonders teuer ist – wie Land- und Umwelttechnik. Und dann sagt das Papier, was die NoGos sind. Z.B. die Informatik im IT Cluster Mitteldeutschland oder das mittlerweile politisch gewollte Studienkolleg. Und hier kommen wir zu einem großen Problem. Es gibt keine Orientierung, was das Land will. Über den Hochschulstrukturplan, der die Kürzungsorgie der Bernburger Vereinbarung flankieren sollte, ist die Zeit drüber gegangen.Und deshalb fordern wir, dass bis Mitte nächsten Jahres ein neuer HS-Strukturplan entwickelt wird- und zwar gemeinsam mit den Hochschulen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die zweite Variante sich einem strukturellen Defizit zu nähern ist zu gucken, ob man den Kahlschlag in der Wissenschaftslandschaft wirklich möchte. Oder ob man endlich in Sachsen-Anhalt die Hochschulen auskömmlich und aufgabengerecht finanziert. Die Zeit dafür ist günstig, denn S.-T. bekommt vom Bund für die HS so viel Geld wie noch nie. Und jetzt weiß ich ja schon, was Herr Willingmann gleich sagen wird: Das Land hat doch den Hochschulen 15 Mio. Erhöhung der Grundbudgets ermöglicht. Ja, das erkenne ich an. Aber diese Summe kompensiert bei weitem nicht den Verlust durch Bernburg, Tarif- und Inflationsausgleich. Und ich komme zu einem weiteren Problem, dass unser Antrag beheben möchte. Nämlich dem Betrug am Bund.

Denn – sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen -

Was ist in den 10er Jahren noch geschehen. Nun es gab die Einsicht, dass die Länder Bundesgeld brauchen, wenn sich die Hochschulen gedeihlich entwickeln sollen, und nicht von einer Kürzungsrunde zur nächsten gestresst werden sollen. Denn wir brauchen Forschung und Lehre, damit Innovationen entstehen, damit

Junge Menschen zu uns kommen, damit sich Menschen gut akademisch bilden können und damit wir durch Wissenschaft Probleme lösen. Für diese Bundesfinanzierung gibt es 3 Säulen.

  1. Die BaföG Mittel. Der Bund hat die Bafög-Finanzierung komplett übernommen, dafür sollte das freiwerdende Landesgeld in die Hochschulen fließen. (Wohlgemerkt nicht Aufgaben des Landes kompensieren) Was haben die Koalitionen in S.-T. gemacht? Nun der Finanzminister hat Geld im Haushaltsplan gekürzt und dann wurden die Löcher mit frei werdenden Bafög-Mitteln gestopft. Also das Land steckt sich durch die Hintertür das Geld ein und gibt es eben nicht zusätzlich den HS.
    Anrede
    Dann kam der HS-Pakt. Wir sollten die Studienanfängerzahlen aus 2005 halten und bekamen dafür Geld. Dumm nur, dass die sehr hoch waren und wir bereits eine stark zusammengestrichene Studienkapazität hatten. Trotzdem war das Geld ein Segen, obwohl sich das Land auch wieder für die Landesaufgabe Lehrerbildung einen Vorabzug genehmigte.
    Und jetzt haben wir den Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“. Und jetzt war der Bund clever. Da sind nämlich das Gebaren der Länder und die klebrigen Hände der Finanzminister Vielen ein Dorn im Auge. Und so steht in § 6 „Die einzelnen Länder verpflichten sich, zusätzliche Mittel mindestens in Höhe der im jeweiligen Jahr erhaltenen Bundesmittel bereitzustellen.“

Was macht Sachsen-Anhalt? Es genehmigt sich einen Vorabzug für Landesaufgaben wie die Lehrerbildung. Und zudem weist es die Hochschulen an, in der gleichbleibenden Grundfinanzierung den Landesanteil des Zukunftsvertrags rechnerisch darzustellen. DAS ist Betrug am Bund, Das ist ein Skandal und das muss aufhören.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Kofinanzierung muss zusätzlich sein. Denn damit wären wir auf einen Schlag alle Probleme los. Die MLU muss wertvolle Fächer nicht streichen und alle Hochschulen könnten sich endlich mal wieder nach vorn entwickeln, statt von einer Abbaurunde zur nächste zu taumeln. So geht verantwortungsvolle Hochschulpolitik.
 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
jetzt habe ich kaum mehr Zeit über die Studentenwerke zu reden. Aber glauben Sie mir. Corona hat auch bei den Studierenden gravierende Auswirkungen. Wir haben dazu schon hier diskutiert. Die Psychsoziale Beratung wird nachgefragt wie noch nie. Und die Studentenwerke sind ein wichtiges Unterstützungssystem für die Studierenden. Insbesondere Studierende mit geringen Einkünften sind auf die Leistungen, wie Mensaversorgung und günstigen Wohnraum angewiesen. Damit sind die StuWes wichtig für Bildungsgerechtigkeit. Die StuWes werden durch das Land viel zu wenig finanziert, wenn man sich den Bundesvergleich anschaut. Meine Fraktion schlägt daher vor, dass der Landesanteil am StuWe-Haushalt mindestens 10 % betragen soll.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
ich bitte um Zustimmung, damit die Studierenden nicht mehr protestieren müssen, sondern endlich das machen können was sie gerne tun – nämlich studieren. Danke.