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Mehr Fragen als vorgefertigte Antworten oder Angriffe formulieren

Auf Antrag aller Fraktionen diskutierte der Landtag zu 25 Jahren friedliche Revolution

Es war eine aktuelle Debatte zu 25 Jahren friedliche Revolution, die ein Zeichen setzte: Schon allein deshalb, da sie von allen vier im Landtag vertretenen Fraktionen gemeinsam beantragt wurde und sie weitgehend frei von ideologischen Verfärbungen blieb. Dass der größte Zündstoff ausgerechnet zwischen SPD und CDU entstand, war darüber hinaus bemerkenswert. Dass die SPD-Fraktionschefin Katrin Budde mit Bezug auf das aktuelle Buch der Gesprächsprotokolle von Helmut Kohl am Geschichtsbild des Altkanzlers kratzte, war manch CDU-Abgeordneten dann doch zu viel.

Es sollte die einzige tiefgreifende Verstimmung bleiben, die während der aktuellen Debatte im Plenum aufkeimte. Für die Fraktion DIE LINKE war unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Landesvorsitzende Birke Bull ans Mikro getreten – mit einer Rede, die viele nachdenkliche Zwischentöne enthielt, die Verantwortung des SED-Staatsapparates aufgriff und Versöhnung zwischen Verantwortlichen und Opfern des DDR-Regimes in den Mittelpunkt rückte. Denjenigen, die im Herbst 1989 und schon vorher mit hohem persönlichem Risiko widersprochen haben, gebühre Respekt, Wertschätzung und Wiedergutmachung. „Vor allem aber bleibt der Anspruch, sich immer und immer wieder auf den Weg zu machen, sich solchen anstrengenden Vorgängen wie Demokratie und Teilhabe zu stellen.“

Das Aufeinander zugehen sei schwer aber eine Herausforderung, die sich lohnt, so Birke Bull. Im Zuge der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit gelte es, mehr Fragen zu stellen als vorgefertigte Antworten oder gar Angriffe zu formulieren. Unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende reflektierte kritisch ihren eigenen Irrtum: „Es war(…)meine Überzeugung, eine vermeintlich gute Idee (…) könnte durch Widerspruch, durch sein Infrage stellen Schaden nehmen. Das hieße ja aber im Grunde nichts anders als Demokratie als Gefahr zu betrachten, denn Demokratie lebt von nichts anderem mehr als vom Widerspruch. Heute weiß ich, das genaue Gegenteil ist der Fall: Etwas, was Zukunft hat, kann durch Demokratie gestärkt werden.“

Gut, zur Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden André Schröder kann man festhalten, dass die von ihm dargestellte Rolle der ehemaligen DDR-Blockpartei CDU mehr kritische Aufarbeitung gebrauchen könnte. Eindruck hinterließ darüber hinaus die Rede des stellvertretenden Ministerpräsidenten Jens Bullerjahn. „Wir alle haben damals nach dem dritten Weg gesucht und ich war der letzte in unserer Straße, der im Westen war. (…) Bewahren wir uns die Art, uns nicht mit falschen Geschichtsbildern zu traktieren“, sagte er.

Letztlich war es Birke Bull selbst, die den Begriff des „Unrechtsstaats“ in der Debatte aufgriff: „Als Symbol der Wertschätzung, der Klarheit und Rehabilitierung vor allem für diejenigen, die politische Willkür, Benachteiligung, Unrecht, geistige Enge oder auch Demütigung erfahren haben, kann ich den Begriff aushalten, kann ich diese Symbolik akzeptieren, wenngleich meine erhebliche Kritik daran bestehen bleibt“, sagte sie.